Frage an Gabriele Frechen von Hauke F. bezüglich Finanzen
sehr geehrte Frau Frechen,
wie können Sie rechtfertigen, dass es in Deutschland immer noch keinen verbindlichen Mindestlohn gibt, für Spitzenverdiener aber immer mehr Steuerprivilegien geschaffen werden? So ist die Bundesregierung nunmehr wohl wild entschlossen, Managern von Beteiligungsfonds im Rahmen der aktuellen Gesetzgebung zu Private Equity zusätzlich zu den von rot-grün eingeräumten Privilegien der begünstigten carried interest Besteuerung noch mehr Steuererleichterungen durch zu setzen
und das obwohl diese Berufsgruppe die bestbezahlte Berufsgruppe ist, welche es im legalen Teil der Wirtschaft gibt
http://business.guardian.co.uk/page/0,,2054487,00.html
Warum werden für Spitzenverdiener mit obszön hohen Einkommen ständig neue Privilegien geschaffen?
mit freundlichen Grüßen
Hauke Fürstenwerth
Sehr geehrter Herr Fürstenwerth,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworten werde:
Ihre erste Frage: wie ich rechtfertige, dass es in Deutschland noch keine Mindestlöhne gibt, kann ich ganz kurz beantworten: Gar nicht!
Ich kann es nicht, aber ich muss es auch nicht rechtfertigen. Als politischer Mensch verfolgen Sie bestimmt die Berichterstattung dazu. Dann wissen Sie auch, dass diese Rechtfertigung von unserem Koalitionspartner kommen muss. Wir, die SPD, wollen Mindestlöhne. Deshalb bitte ich Sie, diese Frage den Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU- Fraktion zu stellen. Ohne sie geht es in der Koalition nämlich nicht. Weil meine Begründung zu lang würde, verweise ich auf meine Homepage www.gabi-frechen.de. Dort finden Sie eine Stellungnahme von mir zu diesem Thema, ebenso einen Artikel in meinem monatlich erscheinenden Bericht aus Berlin. Wie wir trotz erheblicher Gegenwehr unserer Partner Erfolge erzielen konnten und wie wir weiter vorgehen wollen, um unsere Überzeugung durchzusetzen, können Sie dort nachlesen.
In Ihrer zweiten Frage sprechen Sie offensichtlich das Eckpunktepapier zur „Förderung von Wagniskapital – Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken“ an.
Mit dem Gesetz verfolgen wir das Ziel, international attraktive Rahmenbedingungen für Wagniskapital zu schaffen und die bestehenden Regelungen fortzuentwickeln. Wir werden mit entsprechenden Rahmenbedingungen dafür sorgen, dass mögliche negative Auswirkungen der Aktivitäten von Finanzinvestoren begrenzt bleiben.
Doch dürfen wir nicht die Bedeutung von Beteilungskapital unterschätzen. Gerade junge und forschende Unternehmen haben einen hohen Kapitalbedarf. Dieses bereitzustellen bedeutet auch immer ein Risiko. Keiner kann zu Beginn einer Forschungs- und Entwicklungsphase eines jungen Unternehmens sagen, ob der gewünschte Erfolg auch tatsächlich eintritt. Deshalb ist oft die Unterversorgung mit Finanzierungsmitteln das schwerwiegendste Hemmnis für Unternehmensgründungen. Wir wollen aber alle gemeinsam, dass Deutschland ein Forschungs- und Entwicklungsstandort bleibt. Technologischer Fortschritt, neue Ideen, zukunftsfähige Erfindungen sind ein wichtiger Baustein zur Sicherung von Wachstum und Beschäftigung.
Vielleicht haben Sie Berichterstattungen zu dem Gutachten der TU München zu diesem Thema gelesen, das die Freistellung von Steuerzahlungen für die Beteiligungsgesellschaften empfiehlt. Das geht in der Tat weit an unseren Vorstellungen vorbei und wird auch von uns nicht verfolgt.
Darüber hinaus möchte ich anmerken, dass es unser Finanzminister Peer Steinbrück, SPD, war, der das Thema Verhaltenskodex für Fonds auf dem EU- Gipfel auf die Tagesordnung nahm. Wir sind es, die Transparenz und Offenlegung bei den Fonds einfordern. Ich selbst habe zu den Initiatoren einer Gesetzesinitiative gehört, die für die Offenlegung von Managergehältern gekämpft hat.
Sie sehen, wir wollen die guten Seiten von Beteilungskapitalgesellschaften für unser Land nutzen und die schlechten möglichst begrenzen. Dass wir sie völlig ausschließen können, halte ich für illusorisch. Bei unserem Gesetzesvorhaben geht es nicht um die Spitzenmanager und ihre Gehälter, sondern um die Sicherung alter und Schaffung neuer Arbeitsplätze in den Unternehmen. Die unmoralisch hohen Gehälter können wir anprangern, mehr Moral und Unternehmenskultur lassen sich aber nicht gesetzlich verordnen.
Und wer als Politiker in der Öffentlichkeit so tut, als werde er dagegen vorgehen, muss die Maßnahmen mit benennen, sonst ist und bleibt er ein Populist.
Ich hoffe, Ihre Frage hiermit ausreichend beantwortet und Ihnen gleichzeitig einen Einblick in die wirtschaftspolitischen Zielsetzungen der Großen Koalition und der SPD verschafft zu haben.
Herzliche Grüße aus Berlin
Gabriele Frechen MdB