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Frage von Jürgen V. •

Frage an Gabriele Frechen von Jürgen V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Frechen,
zu Ihrem Hinweis, dass Nullrunden für Rentner ein "ein Gebot der Gerechtigkeit" sind, stelle ich Ihnen folgende Fragen:

1. Ist es gerecht, dass diejenigen -die Abgeordneten- die die Nullrunden für Rentner und die Rente mit 67 beschlossen haben, bereits mit 55 und nach nur 18 Jahren im Bundestag eine volle Pension bei unbegrenzter Zuverdienstmöglichkeit bekommen?

2. Ist es gerecht, dass Abgeordnete, die als gewählte Volksvertreter ein volles Gehalt und üppige Altersversorgung beziehen die Macht ihres vom Volk verliehenen Mandates an Firmen verkaufen dürfen, indem sie diesen und nicht dem Souverän als "Berater" in sogenannten "Nebentätigkeitsarbeitsverhältnissen" zur Seite stehen? Im Gegensatz zu diesem Verhalten bei den wirklichen Entscheidungsträgern unseres Staates, den Politikern, haben Sie, die Abgeordneten, den kleinen Beamten jegliche Annahme von Geschenken verboten. Offensichtlich haben Sie, die Abgeordneten, ein Gespür für die Gefahr von Korruption.
Warum gehen Sie nicht mit Beispiel voran? Glauben Sie wirklich, dass wir Bürger Abgeordneten Vertrauen schenken, die zusätzlich von Firmen bezahlt werden und dann noch nicht einmal die Zusatzverdienste transparent machen, obwohl ein Gesetz hierzu im Bundestag beschlossen wurde?

Meine persönliche Bewertung: Alles politische Gerede und alle Appelle an die Bevölkerung verpuffen wirkungslos wenn die Abgeordneten nicht endlich das vorleben, was sie dem Volk verordnen. Es ist leicht den Bürgern zu erklären warum diese "den Gürtel enger schnallen" sollen. Sie , die Abgeordneten, sind aber ganz eindeutig selbst nicht dazu bereit. Und das schadet erheblich unserer Demokratie!

Mit freundlichem Gruss

Jürgen Velten

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Sehr geehrter Herr Velten,

Nullrunden für Rentner an sich sind in meinen Augen kein Gebot der Gerechtigkeit. Ich bitte Sie, diese Aussage nicht aus dem Zusammenhang zu reißen. Deshalb nochmals meinen Satz zur Gänze:

„Es ist einfach ein Gebot der Gerechtigkeit und Solidarität zwischen den Generationen, dass bei einer geringen oder gar sinkenden Lohnentwicklung auch die Renten nicht erhöht werden, während die Renten von einer steigenden Lohnentwicklung der Arbeitnehmer profitieren.“

Auch Ihre Frage zur Altersversorgung und Nebeneinkünften von Abgeordneten beantworte ich gerne.

Zuerst zur Alterssicherung von Abgeordneten: Die Altersentschädigung für Abgeordnete ist Bestandteil der angemessenen, die Unabhängigkeit sichernden Entschädigung der Abgeordneten. Erst wer dem Bundestag acht Jahre (zwei Wahlperioden) angehört hat, hat Anspruch auf die Altersentschädigung, sofern er das 65. Lebensjahr erreicht hat. Jedes weitere Jahr der Parlamentszugehörigkeit entsteht der Anspruch ein Jahr früher, frühestens jedoch mit 55 Jahren. Würde ich also nach 8 Jahren im Alter von 53 Jahren aufhören, hätte ich Anspruch auf Rente ab dem 65. Lebensjahr. Würde ich nach 12 Jahren, also mit 57 aufhören, hätte ich ab dem 61. Lebensjahr Anspruch, nach 16 Jahren ab dem 57. Lebensjahr. Aber nach 16 Jahren Bundestagszugehörigkeit wäre ich bereits 61 Jahre alt. Den Höchstbetrag der Altersversorgung kann ich erst mit 63 Jahren erreichen. Es ist also keineswegs die Regel, dass Abgeordnete nach 18 Jahren mit 55 Jahren bei vollen Bezügen in Rente gehen können.

Die Altersentschädigung ist – anders als noch die Rente – voll zu versteuern und andere Bezüge aus öffentlichen Kassen wie auch die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, in die ich bis heute 35 Jahre einbezahlt habe, werden auf sie angerechnet. Ferner haben Abgeordnete keinen Anspruch auf die staatlich geförderte "Riester-Rente".

Schon bei der Änderung des Abgeordnetengesetzes im Jahr 1995 hat es bei der Altersversorgung deutliche Einschnitte gegeben. Steigerungsraten und Höchstsatz sind gesenkt worden. Ein Abgeordneter mit einer durchschnittlichen Verweildauer im Parlament von 12 Jahren erhält nur noch 36 % der Diäten als Altersversorgung (vorher 51 %). Diese in ihrer Wirkung dem erst jüngst bei der Altersrente eingeführten Nachhaltigkeitsfaktor vergleichbare Strukturreform entlastet die öffentlichen Kassen, ebenso die Verkleinerung des Deutschen Bundestages ab der 15. Wahlperiode, weil künftig weniger Abgeordnete Altersentschädigung beziehen werden. 2004 sind zur Kostendämpfung weitere Kürzungen beschlossen worden; im Ergebnis wird das Niveau der Altersversorgung schrittweise um weitere 2% gesenkt und wird dann z.B. bei 12 Jahren Abgeordnetentätigkeit noch 34% der Entschädigung betragen.

Es ist für mich keine Frage, dass auch die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 sich in den Regelungen für Abgeordnete wieder finden muss. Zum Thema Nebeneinkünfte: Jede Abgeordnete und jeder Abgeordneter steht ganz besonders in der Pflicht, durch eine korrekte Veröffentlichung seiner Nebeneinkünfte das Ansehen und Vertrauen in die demokratischen Institutionen der Bundesrepublik zu stärken. Meiner Ansicht nach, ist es richtig, dass Abgeordnete die Möglichkeit haben, Nebeneinkünfte zu beziehen. Weil Abgeordnete keine Garantie auf eine Wiederwahl haben, muss die Möglichkeit bestehen, in den vorher ausgeübten Beruf zurückzukehren. Auch Selbstständige sollen ein politisches Mandat ausüben können, ohne befürchten zu müssen, bei einer verlorenen Wahl vor dem beruflichen Aus zu stehen. Da müssen einige auch während des Mandats am Ball bleiben. Das entscheidende für mich ist, dass die Menschen sich über die Nebeneinkünfte ihres Abgeordneten informieren können. Jede Bürgerin und jeder Bürger soll die Möglichkeit haben, selbst zu beurteilen, ob der Zeitaufwand für die Nebentätigkeit und der Zeitaufwand für die Betreuung des Wahlkreises miteinander vereinbar sind und welche finanziellen Beziehungen bestehen.

Ich lege alle meine Einkünfte offen und gehöre zu den Initiatoren der Gesetzesinitiative über die Offenlegung. Auf meiner Homepage (www.gabi-frechen.de) können Sie sich jederzeit über meine Nebeneinkünfte informieren. Sie werden sehen, dass ich außer dem Kapitalanteil aus meiner Steuerberaterkanzlei nur ehrenamtliche Tätigleiten ausübe. Aus Zeitgründen bin ich in meiner Kanzlei nicht mehr tätig. Viele andere Abgeordnete veröffentlichen wie ich mittlerweile auch ihre Steuerbescheide auf ihren Homepages.

Sie sehen, ich sage, was ich tue und ich tue, was ich sage. Vielleicht kann Sie das etwas milder in Ihrem Urteil stimmen, zumal die meisten Kolleginnen und Kollegen des Deutschen Bundestages es genauso sehen und tun. Was öffentlich wird, sind die wenigen Kollegen, die das anders handhaben. Aber daraus auf die Mehrheit des Parlaments zu schließen wäre absolut falsch.

Herzliche Grüße aus Berlin
Ihre Gabi Frechen