Frage an Gabriele Frechen von Werner B. F. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Frechen,
es überfordert Sinn und Verstand wenn bei Medikamenten der volle Mehrwertsteuer-Satz zu zahlen ist und im Vergleich Dinge des alltäglichen Lebens wie Hunde-Katzenfutter, Zeitschriften etc. nur den ermäßigten MwSt.-Satz.
Bei den ausufernden Gesundheitskosten rutschen die Krankenkassen immer mehr in den Defizit-Bereich, obwohl man hier durch Reduzierung der Steuern auf Medikamente einen Beitrag zur Konsolidierung der Kosten im Gesundheitswesen beitragen könnte.
Warum folgt man nicht dem Beispiel der Länder in der EU die den Zusammenhang von steigenden Gesundheitskosten und der Aufwendungen für Medikamenten sieht? sodass der ermäßigte MwSt. Satz oder keine Steuer auf Medikamente erforderlich wird.
Investitionen sowie Pharma-Forschung am Standort Deutschland können nur erfolgen, wenn sich dies aus der Sicht der Unternehmen auch rechnet.
Nicht zuletzt stehen wir im internationalen Wettbewerb mit Ländern wo die Steuer und Abgabenlast gerade bei Medikamenten mit Augenmaß betrieben wird.
Warum regt sich hier kein Widerspruch der Mandatsträger gegen Herrn Steinbrück? oder verfährt man nach dem Motto: "Was in den Haushalt eingestellt wurde gebe ich nicht mehr her."?
Ihrer Antwort gern entgegensehend.
Mit freundlichem Gruß
Werner B. Fitzner
Sehr geehrter Herr Fitzner,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Sie fordern, die Umsatzsteuer bzw. Mehrwertsteuer auf Medikamente deutlich zu reduzieren.
Für bestimmte Güter, wie beispielsweise Lebensmittel, Bücher und die meisten Zeitschriften gilt der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent. Dies hat gute Gründe:
Grundsätzliche Güter und Dienstleistungen des Lebensbedarfs müssen für jede Bürgerin und jeden Bürger erschwinglich sein. Es spricht viel dafür, dass Medikamente auch zu diesen Gütern gerechnet werden sollten. Bei der Einführung des Umsatzsteuergesetzes 1968 hat man aus welchen Gründen auch immer, dies aber nicht getan.
Eine nachträgliche Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Arzneimittel steht vor dem Problem, dass dies überwiegend zu einer Verschiebung vom Sozialversicherungstopf in den Steuertopf führen könnte. Ob die Preissenkung, die möglich wäre, bei den Patienten ankäme oder aber beim Pharmaunternehmen den Gewinn erhöhen würde, bleibt zweifelhaft. Wenn die Pharmaunternehmen nicht dauerhaft die Preissenkung an die Patienten weitergegeben, würden die Beitragszahler den Pharmaunternehmen eine Gewinnerhöhung finanzieren und gleichzeitig auch noch nach den Berechnungen des Bundesfinanzministeriums Steuermindereinnahmen bis zu einer Höhe von 3,7 Mrd. Euro ausgleichen müssen. Das kann wohl kaum in Ihrer Absicht liegen.
Trotz dieser Schwierigkeit gibt es in der SPD-Bundestagsfraktion Bestrebungen, auf Arzneimittel künftig den ermäßigten Steuersatz anzuwenden. Ich sehe jedoch auch ein Problem in der politischen Durchsetzbarkeit: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer war eine Hauptbedingung unseres Koalitionspartners während der Koalitionsverhandlungen. Daher halte ich dessen Zustimmung zur Senkung des Mehrwertsteuersatzes bei Medikamenten für sehr unwahrscheinlich. So sind wir zum Beispiel damals noch unter der rot-grünen Bundesregierung mit unserer Forderung, Schnittblumen, Tiernahrung u. ä. mit dem vollen Mehrwertsteuersatz zu besteuern, an der CDU/CSU- Mehrheit im Bundesrat gescheitert.
Ein Zusammenhang zwischen steigenden Gesundheitskosten und Aufwendungen für Medikamente ist mir sehr wohl erkannt. Zur Senkung der Arzneimittelpreise hat deshalb Ulla Schmidt den Wettbewerbsgedanken zwischen den Pharmaunternehmen gestärkt. Im Mai letzten Jahres ist ein Gesetz in Kraft getreten (Arzneimittelversorgungs- Wirtschaftlichkeitsgesetz, kurz AVWG), nach dem besonders preisgünstige Medikamente von der Zuzahlung befreit worden sind. Die Krankenkassen erhielten damit erstmals die Möglichkeit, besonders preisgünstige Medikamente von der Zuzahlung ganz auszunehmen. Für die Patientinnen und Patienten ist dies eine gute Chance, Geld zu sparen. Nachdem gleichwertige, preisgünstigere Medikamente, so genannte Generika, von der Zuzahlung befreit worden sind, purzelten die Preise für bestimmte Medikamente, weil die Pharmahersteller sich bei diesen Medikamenten dem Wettbewerb ausgesetzt sahen. Die Liste dieser Medikamente, die mit Stand vom 01. Februar 2007 mittlerweile 9.617 Arzneimittel umfasst, finden Sie im Internet zum Beispiel auf der Homepage www.die-gesundheitsreform.de.
Bei Rückfragen können Sie sich gerne erneut an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Gabi Frechen MdB