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Gabriele Frechen
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Frage von Georg O. •

Frage an Gabriele Frechen von Georg O. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrte Frau Frechen,
ich habe mich über Ihre Kandidatur 2002 sehr gefreut, zumal Sie im Haushalts- und Finanzausschuss für eine Vereinfachung des Steuerrechts eintreten wollten. Der Reiz lag doch darin, dass endlich einmal eine Frau vom Fach die Möglichkeit erhält, an entscheidener Stelle tätig zu werden.
Ich gehe davon aus, dass Sie als Mitglied der Regierungskoalition die Änderungen des Steuerrechts - vor allem im Dezember 2003 - mitgetragen haben. Das ist eigentlich sehr enttäuschend, weil nur "Flickschusterei" betrieben wurde, aber eine wirkliche Reform nicht auf den Weg gebracht wurde. Die eingebauten Vergünstigungen wurden dann durch Kürzungen anderer Pauschalen wieder kompensiert. Da blickt doch keiner mehr durch.
Auch die paar Prozent Steuerentlastung waren doch volkswirtschaftlich "ein Schuss in den Ofen"; die Binnennachfrage wurde hierdurch nicht angekurbelt. Andererseits fehlt das Geld nun an anderer Stelle.
Es ist an dieser Stelle zu knapp, um über das Kirchhoff-Modell zu diskutieren.

Angesichts Ihres beruflichen Werdegangs, hätten Sie da nicht sagen müssen: Schröder, Eichel, Merkel und Stoiber, so geht´s wirklich nicht?
Wer soll´s denn wirklich richten, wenn nicht Sie als Fachfrau im Deutschen Bundestag?

Mal ehrlich: Liegt Ihnen als Steuerberaterin nicht auch die Vereinfachung des Rechts seht am Herzen oder sind Sie nur eine gute Parteisoldatin?

Oder sind Sie etwa mit dem Erreichten zufrieden?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Oversberg,

ich versichere Ihnen, dass ich an einer sinnvollen Vereinfachung des Steuerrechts arbeite. Eine Vereinfachung ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn sie sich nicht negativ auf die Steuergerechtigkeit auswirkt. Ein Steuerrecht kann nicht einfach UND gerecht sein, sondern nur einfach ODER gerecht. Ich habe zu exakt diesem Thema am 13. Mai eine Rede im Deutschen Bundestag gehalten, deren Wortlaut Sie auf meiner Homepage http://www.gabi-frechen.de abrufen können.

Die von unserer Regierung durchgesetzte Senkung der Steuersätze hat zu einer deutlichen Entlastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geführt. Weiterhin haben wir mehr als 70 Ausnahmen im Steuerrecht gestrichen, beispielsweise sind Schmier- und Bestechungsgelder unter der Regierung Kohl steuerlich abziehbar gewesen - jetzt nicht mehr. Übrigens: In Nordrhein-Westfalen hat der ehemalige Finanzminister Dieckmann (SPD) die Steuererklärung auf nur einer DIN-A-4-Seite ermöglicht.

Weitere Verbesserungen des Steuerrechts haben die SPD-Fraktion und unser Koalitionspartner im Bundestag verabschiedet. Union und FDP jedoch haben diese Vorhaben im Bundesrat blockiert.

Ich stimme Ihnen zu: Die Binnennachfrage ist in Folge der Steuersenkungen nicht ausreichend gestiegen. Dies lag jedoch an anderen Faktoren wie der Verteuerung der Energiepreise nach den Anschlägen des 11. September und den darauf folgenden Militäreinsätzen sowie an einer weltweiten Stagnation, welche sich auch auf die Konjunktur in Deutschland ausgewirkt hat.

Ich werde auch weiterhin dafür eintreten und kämpfen, Ausnahmen zu streichen, Subventionen zurückzufahren und komplizierte Vorschriften einfacher zu gestalten. Aber diese Änderungen müssen Hand und Fuß haben. Streichen um des Streichens willen ohne auf Sinnhaftigkeit und Gerechtigkeit zu achten, ist mit mir nicht zu machen. Meine Methode ist sicher arbeitsintensiver für die Finanzausschussmitglieder - aber das darf kein Hindernis sein - bei jeder Vorschrift zu prüfen: Brauchen wir sie noch? Kann sie wegfallen oder regeln wir das Problem besser an anderer Stelle? Als Beispiel möchte ich die Behindertenfreibeträge nennen. Niemand – außer vielleicht radikale Steuervereinfacher – stellen die Sinnhaftigkeit der Behindertenfreibeträge in Frage. Wir müssen uns fragen, ob man diese Regelung zwingend im Steuerrecht regeln muss oder ob man das nicht besser im Sozialgesetzbuch machen kann?

Ich hoffe, ich konnte Ihnen an diesem kleinen Beispiel zeigen, wie mein Weg zur Vereinfachung des Steuerrechts aussieht.

Mit freundlichen Grüßen

Gabi Frechen MdB

Vielen Dank!