Frage an Gabriele Frechen von Thomas F. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Frechen,
der Bundestag beriet kürzlich zum Thema Managerhaftung, wobei geplant ist, Manager bei Fehlentscheidungen mit bis zu einem Jahresgehalt haften zu lassen. Wann ist eine identische Regelung für Fehlentscheidungen seitens unserer Politiker geplant? Mir fällt zunehmend auf, daß sich zahlreiche Politiker Erfolge ans eigene Revers heften, für Mißerfolge jedoch stets nicht zuständig sind (Thema Landesbanken, Cross Border Leasing usw.)
Auf eine frühere Anfrage erhielt ich von Ihnen die Antwort, wir haben in der Vergangenheit über unsere Verhältnisse gelebt... Dieser Aussage widerspreche ich hier auf das Entschiedenste.
Ich hoffe auf eine ehrliche Antwort von Ihrer Seite zum Thema
Viele Grüße
Thomas Fischer
Sehr geehrter Herr Fischer,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Managerhaftung, die ich gerne beantworte.
Zum Sachverhalt: Der Großteil der Manager ist über eine D&O-Versicherung (directors-and-officer-Versicherung) versichert. Das ist eine typische Haftpflichtversicherung. Das bedeutet, dass der versicherten Person ein schuldhaftes pflichtwidriges Fehlverhalten nachgewiesen werden muss, das zu einem Vermögensnachteil auf Seiten des Unternehmens oder eines Dritten geführt hat. Allein die Behauptung oder Feststellung einer falschen oder schlechten unternehmerischen Entscheidung reicht nicht aus. Diese Erläuterungen sind wichtig, weil Sie in Ihrer Email lediglich von Fehlentscheidungen und Misserfolgen sprechen. Aber nicht jede Fehlentscheidung oder jeder Misserfolg ist gleich ein Haftungsfall. Fehlentscheidungen und Misserfolge können jedem passieren. Es geht darum, ob der Vorstand oder der Aufsichtsrat sein Unternehmen fahrlässig oder vorsätzlich geschädigt hat.
Sie fragen danach, wann es eine solche Regelung auch für Politiker gibt. Für Politiker, die Funktionen in Aufsichtsräten wahrnehmen, galten schon immer die gleichen Regeln. Auch auf kommunaler Ebene haften zum Beispiel Ratsmitglieder oder Bürgermeister für Entscheidungen im Stadtrat oder in der Verwaltung, die sich als fahrlässig oder vorsätzlich herausstellen.
Falls Sie mit Ihrer Frage aber darauf abzielen, Politiker in die Haftung für politische Entscheidungen zu nehmen, muss ich Ihnen widersprechen. Die Frage, ob zum Beispiel die Einführung des Gesundheitsfonds, eine Fehlentscheidung oder ein Erfolg ist, unterliegt einer politischen Bewertung. Sie können dafür oder dagegen sein, aber Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz ließen sich sowohl bei den Befürwortern als auch Gegner sicher nicht feststellen.
In Ihrem letzten Absatz widersprechen Sie meiner Aussage, dass wir lange über unsere Verhältnisse gelebt haben. Das ist aber nun mal eine Tatsache. Wir haben – oft aus gutem Grund – mehr Geld ausgegeben als eingenommen. Die große Koalition hatte sich zum Ziel gesetzt, den Haushalt auszugleichen. Die Finanzmarktkrise kam dazwischen. Als SPD haben wir bei den Konsolidierungsbemühungen der letzten Jahre darauf geachtet, dass keine Sozialleistungen gekürzt werden. Stattdessen wurde die Neuverschuldung durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die Streichung von Steuervergünstigungen Jahr für Jahr gesenkt. Ohne die Finanzmarktkrise hätten wir voraussichtlich 2011 einen ausgeglichenen Haushalt erreicht und hätten damit beginnen können, Schulden zurückzuzahlen.
Mit freundlichen Grüßen
Gabi Frechen MdB