Linksbündnis für erhöhtes Klassenbewusstsein?
Sehr geehrte Frau Fechtner, was denken Sie von einem Bündnis zwischen marxistisch-leninistischen (-maoistischen), anarchistischen (nach der Philosophie Kropotkins), reform-sozialistischen mit akzeptierender Haltung zu revolutionären Sozialisten und vielleicht sogar trotzkistischen Organisationen und Parteien zur Erhöhung der Wahrscheinlichkeit für ein gesteigertes Klassenbewusstsein? Das Ziel aller dieser Organisationen ist es, eine klassenlose, staatenlose, geldlose Gesellschaft als absolutes Ziel zu erreichen, mit den einzigen ideologischen Differenzen für den Weg dort hin. Wir wäre es, wenn die MLPD eine passive Unterstützung für solche Organisation ausspricht, obwohl Sie glauben, dass eine anarchistische ö.ä. Revolution nicht erfolgreich sein wird? Bspw. das Aufzeigen von Solidarität für anarchistische o.ä. Demonstrationen, obwohl der Weg anders sein wird, kann man es als MLPD versuchen, da es niemanden Schaden würde und vielleicht doch funktioniert. LG
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Lieber Christoph K.,
Die MLPD praktiziert eine Bündnispolitik der Zusammenarbeit auf der Grundlage des Kampfes. Mit der Leitlinie, das gemeinsame in den Vordergrund zu stellen und gleichzeitig unterschiedliche Positionen und Differenzen zu diskutieren, die Eigenständigkeit der einzelnen Kräfte zu respektieren, haben wir erfolgreich das Internationalistische Bündnis aufgebaut, was inzwischen aus 40 Organisationen besteht und von 40.000 Einzelpersonen unterstützt wird.
Auch zur Bundestagswahl haben wir unsere Liste geöffnet für weitere Bündnispartner, da ja in Deutschland Wahlbündnisse nicht erlaubt sind. So hast du vielleicht bemerkt, dass auch ein Genosse/Anhänger der trotzkistischen Gruppe Spartakist kandidiert.
Heute steht die Schmiedung einer antifaschistischen Einheitsfront mit den Arbeitern an der Spitze auf der Tagesordnung. Um eine gesellschaftsverändernde Bewegung aufzubauen und zu stärken, müssen wir diese Art der Bündnisarbeit auf gleicher Augenhöhe noch entschieden verbreitern und ausbauen und dazu auch uns selbst verändern. Wichtig ist uns dabei aber immer, dass wir uns an die Masse der Bevölkerung wenden. Wir – die linken, revolutionären, fortschrittlichen und antifaschistischen Kräfte - werden nicht stärker, wenn wir unter uns bleiben. Wir müssen massenhaft Menschen davon überzeugen, sich einer gesellschaftsverändernden Bewegung anzuschließen. Die Unterstützung anderer Gruppen und Organisationen machen wir immer konkret von den Zielen und der gegenseitigen Bereitschaft zur Zusammenarbeit auf Augenhöhe abhängig.
Wohlwollend könnte man sagen, wir haben mit den Anarchisten ein gemeinsames strategisches Ziel in der klassenlosen kommunistischen Gesellschaft. Zugleich ist der Weg dorthin, also die Strategie und Taktik und heute auch die Strategie und Taktik im Kampf um die Denkweise, ausschlaggebend. Unsere ideologischen Differenzen zu anarchistischen, revisionistischen und trotzkistischen Gruppen sind prinzipieller Art. Es herrscht gesellschaftlich sehr große weltanschauliche Verwirrung, da brauchen die Menschen eine klare Orientierung, eine gesellschaftliche Perspektive und einen Plan. Dafür müssen ideologisch Fragen offen ausgetragen werden. So ist es illusionär was die Anarchisten hoffen, direkt zu einer Gesellschaft ohne jede Unterdrückung der bisherigen Unterdrücker überzugehen. Das muss im Übergangsstadium des Sozialismus mit dem Ziel gemacht werden, die Klassen, den Staat, Grenzen usw. abzuschaffen. Unkritisch werden wir gegenüber dem Anarchismus oder Trotzkismus also nicht werden. Aber es gibt auch Ansätze der Zusammenarbeit. Lenin stand dafür, z.B. in der Zimmerwalder Konferenz mit Anarchisten gegen den imperialistischen Krieg und Opportunismus zusammen zu arbeiten. Die United Front wird eine daran erinnernde Konferenz gegen die heutige Weltkriegsgefahr organisieren, wo es auch Zusammenarbeit mit anarchistischen bzw. rätekommunistischen Kräften gibt. Auch im antifaschistischen- und Antikriegskampf und Umweltkampf wäre so eine Zusammenarbeit denkbar. In verschiedenen örtlichen Bündnissen und Aktionseinheiten wurde auch von autonomen Gruppen geschätzt, dass die MLPD jeglicher Art von Querfront zu jeder Zeit eine klare Absage erteilt. Immer wieder haben wir uns auch mit anarchistischen Gruppen oder Personen gegen staatliche Repressionen, faschistische Übergriffe oder Verhetzung solidarisiert.
Leider gibt es auch viele antikommunistische Vorbehalte die aus anarchistischen Gruppen gegen die MLPD verbreitet werden („autoritär“, „stalinistisch“ usw.) über die man mal gründlich und auf Augenhöhe diskutieren müsste. Wenn du also dabei mithilfst, die Zusammenarbeit zu verbessern freuen wir uns über jeden Hinweis.
Solidarische Grüße, Gabi Fechtner