Frage an Gabriele Cocozza von Andreas H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Welches Konzept haben Sie für die Integration der ausländischen Mitbürger im Bereich Turmstraße und welche neuen Impulse wollen Sie für die wirtschaftliche Entwicklung dieses Unterzentrums einbringen?
Sehr geehrter Herr Haase,
vielen Dank für Ihre Frage und gern beantworte ich diese etwas ausführlicher.
Wir leben in Berlin von der schillernden Vielfalt unterschiedlicher Nationen. Das macht die Stadt auch so spannend. Deshalb ist für mich Integrationspolitik eines der wichtigsten Themen. Sie liegt im Spannungsfeld zwischen Toleranz und Konsequenz. Da geht es nicht allein um den Kiez Turmstraße. Was ich mit Toleranz meine, ist das Akzeptieren und Respektieren von unterschiedlichen Lebensverständnissen offen und würdig mit einander umzugehen.
Konsequenz heißt für mich, dass die Menschen, die nach Berlin kommen bzw. schon über Generationen hier leben, sich mit den Ansprüchen und Regeln des Gastgeberlandes arrangieren. Viele tun dies. Sie leben und arbeiten hier, sind unsere Freunde und liebenswerte Nachbarn.
Doch müssen wir feststellen, dass ein großer Teil der auch schon länger in Berlin Lebenden mit Migrantions-Hintergrund schlecht integriert ist: Ihr Lebensstandard liegt unter dem Berliner Durchschnitt, der Bildungsstand der Schüler nicht-deutscher Herkunft ist deutlich niedriger, die Kriminalitätsrate jugendlicher Ausländer ist erheblich höher. In Tiergarten und Wedding ist jeder zweite Schulanfänger nicht-deutscher Herkunft. Nicht einmal zwei Prozent der Schulabgänger mit Migrations-Hintergrund schließen im Bezirk eine Ausbildung erfolgreich ab.
Schule ist ein Ort der Integration. Dabei wurden Lehrer in ihrer Arbeit in der Vergangenheit viel zu wenig gewürdigt. Die Politik muss den Lehrern zur Seite stehen und sie durch Maßnahmen und Angebote unterstützen. Dazu gehört eine psychosoziale Schülerbetreuung genauso wie das Zuhören der verantwortlichen Bildungspolitiker.
Wir, die CDU Mitte, wollen keine romantischen Multi-Kulti-Träume, die entstandene Parallelgesellschaften ausblenden und Menschenrechtsverletzungen wie Zwangsehen oder die Unterdrückung von Frauen verharmlosen. Wir wollen eine Integrationspolitik, die eine Perspektive gibt.
Das Beherrschen der Deutschen Sprache ist eine der wichtigsten Voraussetzungen. Da fehlte es in der Vergangenheit an Konsequenz und auch an Sanktionen, dies einzufordern. Natürlich muss gleichzeitig ein ausreichendes Angebot zum Erlernen der Sprache für diejenigen geschaffen werden, die hier schon leben.
Deutsch auf den Schulhöfen ist eine so klare Forderung, dass man sich fragt, warum sie erst jetzt konsequent eingefordert wird. Kinder, die eingeschult werden, müssen Deutsch können, nur dann haben sie Chancen den Schulalltag zu bestehen. Neben Vorschulsprachförderung und Sprachtests, sollte auch in den Ganztagsschulen eine fachgerechte Schulaufgabenbetreuung stattfinden. Eine Lehrerin erzählte mir, dass sie Migrationskinder kennt, die niemals mit einem deutschen Kind auf einer Schulbank saßen. Wie sollen diese Kinder unsere Sprache und unsere Kultur kennen lernen, wenn sie niemals die Chance dazu hatten.
Und noch was, warum gibt es in im Bezirksamt übersetzte Antragsformulare und Informationsblätter? Wo sind die Anreiße Deutsch zu lernen?
Wenn Menschen unterschiedlicher Kulturen aufeinander treffen, wie hier in der Turmstraße hat dies Auswirkungen auf das Angebot durch den Einzelhandel, Gastronomie und auf die gewerbliche Durchmischung insgesamt. Ich beschäftige mich beruflich seit ca. 10 Jahren mit Standortmarketing, Quartiersmanagement und Gewerbeansiedlung und seit ca. 20 Jahren, zuerst beruflich, dann politisch mit Mittelstandsförderung. Für mich ist ein erfolgreiches Standortmarketing immer das kreative und vernetzte Miteinander, das Festlegen von Stärken und das Herausarbeiten des Besonderen.
Die Stärke der Turmstrasse ist der solide Bestand an alteingesessenen Händlern und Gastronomen. Das Besondere ist die Durchmischung für Waren des täglichen Bedarfs. Aber das Problem ist die niedrige Kaufkraft der Anwohnenden. Deshalb gibt es viele Einzelhändler und Restaurantbetreiber, die um ihre Existenz bangen. Neue Gewerbetreibende kommen hinzu, die ihre unternehmerische Chance sehen und sich mit einem preiswerten Warenangebot zu präsentieren. In den Läden der neuen Einzelhändler muss auch Deutsch gesprochen werden, sonst hat diese Straße keine Chance und vertreibt die letzten treuen Kunden.
Seit Jahren wird versucht, die Attraktivität und das Image der Straße durch Einzelmaßnahmen wie Veranstaltungen zu erhöhen. Hierbei muss die Politik hilfreich zur Seite stehen, durch Bürokratieabbau und durch Flexibilität beim Erteilen von Genehmigungen. Um dem Kiez zu helfen, müssen alle Ressorts des Bezirks zusammenarbeiten und Ideen, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten gebündelt werden.
Wichtige Themen sind Sauberkeit und Sicherheit. Gerade was Sauberkeit angeht, kann das Ordnungsamt noch stärker und regulierender eingreifen. Im Punkto Sicherheit fordert die CDU Null-Toleranz. Vandalismus, Bedrohung und „Abziehen“ sind Straftaten.
Kampf den Drogen – hier ist die Polizei gefragt z.B. durch mehr Streifengänge. Endlich muss die gärtnerische Umgestaltung des Großen und Kleinen Ottoparks umgesetzt werden, damit hier kein „versteckter“ Handel mit Drogen stattfinden kann. Vidoüberwachung des U-Bahnhofs Turmstrasse vertreibt den Drogenhandel im Untergrund.
Wenn wir die kleinen Kieze nicht liebens- und lebenswert gestalten können, wie wollen wir dann die Stadt nach vorn bringen?!
Mit nachdenklichen Grüßen
Ihre
Gabriele Cocozza