Frage an Gabriele Bischoff von Paula R. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht
Guten Tag Frau Bischoff,
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die menschenunwürdigen Lager auf den griechischen Inseln aufgelöst werden, Europäisches Recht beim Umgang mit Geflüchteten endlich eingehalten wird und die humanitäre Katastrophe auf Lesbos durch die Verteilung aller Geflüchteten auf die aufnahmebereiten Mitgliedsstaaten ein Ende findet? Wenn ja, auf welche Weise setzen Sie sich dafür ein?
Sehr geehrte Frau R.,
vielen Dank für Ihre Zuschrift. Die humanitäre Krise im Flüchtlingslager Moria hat das jahrelange Versagen der EU-Mitgliedstaaten in der Migrationspolitik deutlich offengelegt. Dabei sind die mehrfache Überbelegung und die menschenunwürdige Unterbringung und die völlig unzureichenden sanitäreren und medizinischen Bedingungen schon lange bekannt.
Die Politik muss kurzfristig angemessene Notunterkünfte und medizinische Versorgung zur Verfügung stellen. Dabei muss sichergestellt werden, dass die untergebrachten Personen das Lager verlassen dürfen und der Zugang von freiwilligen Helfer*innen und Hilfsorganisationen gewährleistet wird.
Die Mitgliedsstaaten müssen sich endlich solidarisch zeigen mit den Schutzsuchenden, der Bevölkerung und den griechischen Behörden. Das bedeutet vor allem, geflüchtete Menschen aufzunehmen.
Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament setzen wir uns bereits seit Jahren dafür ein, dass Geflüchtete eine menschenwürdige Unterbringung und angemessene Versorgung erhalten. Moria und andere Auffanglager befinden sich an der europäischen Grenze und sind somit auch eine europäische Verantwortung. Gemeinsam mit anderen Europaabgeordneten fordere ich seit dem Ausbruch der Pandemie von der Kommission, sich für eine sofortige Evakuierung der Menschen aus dem Lager einzusetzen.
Allerdings haben die Mitgliedstaaten immer wieder Gründe gefunden, um eine Evakuierung zu verhindern. Dies gilt selbst für die 1.600 unbegleitete Minderjährigen, die besonders schutzbedürftig sind. So wurde etwa COVID-19 als Verzögerungsgrund benutzt oder unverhältnismäßig hohe Auswahlkriterien aufgestellt.
Dabei gibt es allein in Deutschland zahlreiche deutsche Kommunen und Länder, die aufnahmebereit wären. Diese Hilfsbereitschaft wurde bisher aber von Bundesinnenminister Seehofer blockiert. Wir europäischen Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen fordern Herrn Seehofer und seine Kollegen der EU-Innenminister auf, diese Blockadehaltung zu beenden. Ich erwarte, dass gerade Deutschland als derzeitige EU-Ratspräsidentschaft hier eine Führungsrolle einnimmt.
Das Feuer hat uns nochmal deutlich in Erinnerung gerufen, dass eine nachhaltige und gerechte EU-Asylreform immer noch aussteht. Nach Plänen von Kommission und Mitgliedstaaten sollen möglichst große Teile des Asylverfahrens an den Außengrenzen erfolgen - womit jedoch exakt die katastrophalen Umstände geschaffen werden, die wir seit Jahren in Moria und auf anderen griechischen Inseln erleben.
Damit wird weder den schutzsuchenden Menschen geholfen noch den Mitgliedstaaten an den Außengrenzen, die weiterhin den Großteil der Verantwortung für Aufnahme und Verfahren übernehmen müssten. Unsere Fraktion wird sich daher in den anstehenden Verhandlungen dafür einsetzen, dass ein neues europäisches Asylsystem solidarisch und fair gestaltet wird. Nur mit einer nachhaltigen Reform, die einen solidarischen Verteilungsmechanismus einschließt, können wir schutzbedürftigen Menschen langfristig wirklich helfen und überforderte Mitgliedstaaten unterstützen. Denn klar ist: ein zweites Moria darf es nicht geben.
Sie können sich darauf verlassen, dass ich mich dafür in meiner Arbeit im Europäischen Parlament weiterhin mit ganzer Kraft einsetzen werde. Ich hoffe, ich kann hierbei auf Ihre Unterstützung zählen.
Mit besten Grüßen
Gaby Bischoff