Frage an Gabriela Schimmer-Göresz von Michael S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrte Frau Schimmer-Göresz,
da ich als Berufskraftfahrer in der Speditionsbranche tätig bin verfolge ich mit wachsender Sorge die Entwicklung der Dieselpreise und die fatale Politik unseres Verkehrsministers Herrn Tiefensee.
Wie steht denn Ihre Partei zu diesen Themen? Kann es sein, dass durch die Mehreinnahmen in den Bereichen Maut, Ökosteuer und Mineralölsteuer dieses Jahr geschätzte 3000 Firmenpleiten und damit ca. 30000 Arbeitsplätze kalt lächelnd geopfert werden um den Bundeshaushalt auszugleichen?
Mit freundlichen Grüßen
Michael Schleicher
Sehr geehrter Herr Schleicher,
vielen Dank. Ihre Frage berührt bundespolitische Kompetenzen, zieht sich aber auch in die Länderverantwortung. Ich will mich nicht „drücken“, wenngleich ich sicher bin, dass meine Stellungnahme von einem Berufskraftfahrer schwer zu akzeptieren ist. Das Thema ist sehr komplex und die Versäumnisse der Politik sind groß. Mindestens 30 Jahre sind verplempert worden mit Diskussionen, ohne dass wirksame Entscheidungen getroffen wurden.
In der jüngeren deutschen Geschichte war der verlässlichste Konflikt der zwischen Wirtschaft und Umweltschutz. Umweltschutz galt zwar als wichtig, aber im Einzelfall eher als Feind von Industrie und Arbeitsplätzen und auf alle Fälle als zu kostspielig. Sie erinnern sich vielleicht noch an die Aussagen: Wir müssen erst das Wachstum voranbringen, damit wir uns Umweltschutz leisten können. Frühe Warnungen mit Blick auf Klimaveränderungen etc. wurden geleugnet, verdrängt, sogar bekämpft. Es blieb beim Weiter so, weiter wie bisher. Das Prinzip der Politik: immer schneller, immer höher, immer weiter, immer mehr.... Das Mengenwachstum wurde vorangetrieben. Milliarden Menschen liefen geschlossen in die Verschwendungsfalle.
Parteien, wie z.B. die ödp, haben diese Entwicklung vor über 25 Jahren erkannt und Vorschläge entwickelt. „Weniger ist mehr“. „Gut leben statt viel haben“. „Fair handeln, statt kopflos konsumieren“. Unsere Botschaften waren unbequem und blieben weitgehend ungehört. Frühe Warnungen sollten helfen, Probleme, die wir heute beklagten, erst gar nicht entstehen zu lassen oder zumindest abzufedern. Jetzt sind wir bei den späten Lehren angekommen: Ressourcenverknappung, hohe Energiepreise.... geschätzte 3.000 Firmenpleiten und 30.000 Arbeitsplätze im Speditionsbereich, wie Sie es beschreiben.
Die Politik der letzten 30 Jahre hat versagt und das System siegt sich weiter zu Tode.
Konzerninteressen gingen und gehen vor Gemeinwohl. Die Politik hat den Ordnungsrahmen falsch gesetzt. Die Probleme sind hausgemacht. Es fehlt an klimafreundlichen Motoren und Antriebsstoffen, es fehlt an einem leistungsstarken Schienennetz auch für den Gütertransport. Es fehlt an einem gut ausgebauten, benutzerfreundlichen Öffentlichen Personennahverkehr. Es fehlt ..... es fehlt. ... Dafür verzichten wir immer noch auf die Besteuerung des Kerosins und heizen mit „hoch gelobten“ Zuwachsraten in der zivilen Luftfahrt weiter das Klima an. Wir haben regionale Strukturen für globale Märkte geopfert und beklagen nun die Auswirkungen. Wir haben uns verrannt und stehen mit dem Rücken an der Wand. Kein Land ist derzeit zukunftsfest. Alle Maßnahmen zu wenig ambitioniert. Keiner will den Status quo aufgeben.
Wenn Wirtschaftsminister Glos (CSU) verkündet: Wir brauchen niedrige Energiepreise, sonst gefährden wir den Wirtschaftsstandort und Arbeitsplätze, dann ist das populistisch und ignorant. Wenn die CSU in Bayern, obwohl selbst mit abgeschafft, nun die Pendlerpauschale wieder einführen will, dann ist das populistisch und ignorant. Wenn jedem Stau auf der Autobahn mit weiteren Ausbauphantasien begegnet wird, dann ist das populistisch und ignorant.
Die Frage wird nämlich nicht sein, was wir in Zukunft für Energie bezahlen müssen, sondern ob wir – da extrem abhängig vom Ausland – in Zukunft überhaupt noch Öl, Gas, Uran bekommen werden, bzw. was für dafür tun müssen, dass wir noch etwas erhalten.
Mobil sein – mit Verantwortung. Wirtschaft und Arbeitswelt ökosozial statt marktradikal gestalten. Energieeinsparung, Energieeffizienz steigern und Versorgungssicherheit und Klimaschutz mit dem arbeitsplatzintensiven Ausbau der erneuerbaren Energien organisieren, das sind Aufgaben, welche die Politik sofort, engagiert und kompromisslos angehen muss.
Ich habe aber meine Befürchtungen. Wer Spenden von Interessensverbänden und aus der Wirtschaft nimmt, wie alle Parteien – außer der ödp – ist in seinen Entscheidungen nicht frei.
Wir hatten die Wahl und wir haben sie immer noch. Aber, wir haben keine 10 Jahre mehr Zeit.
Ich lade Sie herzlich ein, sich in das Programm „Über 100 gute Gründe, ödp zu wählen“ einzulesen. Ich lade Sie ebenfalls herzlich ein, am Freitag, den 12. September 2008 um 20 Uhr nach Memmingen in den kleinen Saal der Stadthalle zu kommen. Der bayerische Landesvorsitzende und Landtags-Spitzenkandidat, Bernhard Suttner, steht Ihnen, wie auch die lokalen Kandidaten, Rede und Antwort.
Ich lade Sie herzlich ein, besser zu wählen.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriela Schimmer-Göresz