Gabriela Heinrich, SPD-Bundestagsabgeordnete für Nürnberg-Nord
Gabriela Heinrich
SPD
100 %
25 / 25 Fragen beantwortet
Frage von Bernd S. •

Frage an Gabriela Heinrich von Bernd S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Grüß Gott Frau Heinrich,

in vier Wochen soll der Migrationspakt in Marrakesch von der Bundesregierung ratifiziert werden.
Mich würde Ihre Meinung dazu interessieren. Welche Vor- und Nachteile sehen Sie in diesem Pakt? Und würden sie die Ratifizierung unterstützen oder stehen Sie dem ablehnend gegenüber wie die meisten Zielländer sich mittlerweile davon distanzieren?

Mit freundlichen Grüßen
Bernd Schmitt

Gabriela Heinrich, SPD-Bundestagsabgeordnete für Nürnberg-Nord
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schmitt,

Flucht und Migration sind weltweite Phänomene, die kein Nationalstaat alleine regeln und gestalten kann. Deswegen ist es gut, wenn die Weltgemeinschaft das zusammen macht.

Der globale Migrationspakt soll letztlich eine Messlatte für nationale Maßnahmen darstellen: Wie versorgt ein Staat Flüchtlinge? Wie schützt er Kinder? Wie schützt er die Grenzen? Wie mindert er Fluchtursachen? Die Unterzeichnerländer sollen sich daran orientieren. Der Migrationspakt bildet also einen Orientierungsrahmen und entfaltet keine Gesetzeswirkung.

Deutschland hat bereits gute Standards, wenn es um die Versorgung von Flüchtlingen geht. Sie können sich vorstellen, dass diese Standards in Pakistan oder in Uganda (Ende 2017 je 1,4 Millionen Flüchtlinge im Land) anders aussehen als in Deutschland. Und genau darum geht es: Der Pakt soll dafür sorgen, dass auch andere Staaten verbesserte Standards entwickeln, wo es nötig ist. Das begrüße ich. Migration und Flucht finden hauptsächlich in Entwicklungsländern statt: 85 Prozent aller Flüchtlinge weltweit leben in Entwicklungsländern.

Das Ziel des Migrationspaktes ist auch, dass illegale und ungeordnete Migration weniger wird. Klare Regeln sollen Schleppern und Menschenhändlern das Handwerk legen. In Deutschland planen wir das ohnehin und schaffen mit dem Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz demnächst endlich einen Ordnungsrahmen für Erwerbsmigration. Mit klaren Regeln, unter welchen Voraussetzungen Erwerbsmigrantinnen und Erwerbsmigranten zu uns kommen können und unter welchen nicht. Das sollen auch andere Staaten machen.

Man kann übrigens nicht pauschal sagen, dass sich immer mehr Zielländer von dem Pakt verabschieden würden. Staaten wie Ungarn, Bulgarien und Tschechien sind keine Zielländer. Hauptzielländer von Flüchtlingen sind die Türkei, Pakistan, Iran, Uganda, Libanon und Äthiopien. In Europa ist Deutschland das Hauptzielland von Flüchtlingen, gefolgt von Italien, Frankreich, Griechenland und Großbritannien. Was Migration betrifft, sind dagegen die USA das beliebteste Land, gefolgt von Saudi-Arabien, Deutschland, Russland, Großbritannien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Frankreich und Kanada.

In Ungarn haben im letzten Jahr gerade mal rund 3.400 Menschen einen Asylantrag gestellt, in Tschechien nicht mal 1.500, in Bulgarien 3.600 und in Polen 5.000. Allein in den sehr viel kleineren Niederlanden gab es letztes Jahr mehr Asylanträge als in Polen, Bulgarien, Ungarn und Tschechien zusammen. In Österreich hatte es zwar in der Tat viele Asylanträge gegeben (mittlerweile sind es weniger), aber auch nicht wirklich massiv mehr als in vergleichbar großen Ländern wie der Schweiz oder Schweden.

Es sind vor allem Rechtspopulisten, die aus dem Migrationspakt ausscheren. Die Ablehnung erfolgt also wohl eher aus wahltaktischen Gründen. Je größer die Angst vor Flüchtlingen ist, desto fester sitzen diese Regierungen im Sattel. Selbst wenn es in dem Land eigentlich kaum Flüchtlinge gibt. Es ist überhaupt nicht ersichtlich, wie der Pakt dazu führen sollte, dass plötzlich viele Flüchtlinge und Migranten ausgerechnet nach Ungarn kommen wollen, um dort zu leben.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriela Heinrich

Was möchten Sie wissen von:
Gabriela Heinrich, SPD-Bundestagsabgeordnete für Nürnberg-Nord
Gabriela Heinrich
SPD