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Frage von Peter D. •

Frage an Gabi Weber von Peter D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Weber,

es freut mich das Sie die Interessen der Wähler und der SPD im Bundestag vertreten.

Meine Frage:
Die Partei der Wahlenthalter war 2013 mit fast 18 Mio um fast 3 Mio größer als der Stimmenanteil der gewinnenden CDU. Es sind gerade die sozial Benachteiligten, die nicht mehr auf die Hilfe durch die Parteien setzen und in ihrem Frust und ihrer Hoffnungslosigkeit zur Wahlenthaltung neigen. Davon ist auch die SPD betroffen. Mein Bauchgefühl sagt mir, Die deutsche Demokratie entwickelt sich so zu einer Demokratie der zwei Klassen: Die oberen zwei Drittel der Gesellschaft haben deutlich mehr Einfluß auf die Zusammensetzung des Bundestags und der neuen Regierung genommen als das untere Drittel. Man muß leider annehmen, daß die wirtschaftliche und politische Elite durchaus zufrieden ist, wenn sie die sozial benachteiligten von der Wahlurne wegfrustiert. Auch hier hat die SPD den Steigbügel gehalten. Schon jetzt nimmt beispielsweise die SPD auf diesen Personenkreis, dem sie eigentlichin besonderer Weise ihre Unterstützung versprochen hat, programmatisch kaum noch Rücksicht und orientiert sich statt dessen an den Interessen der Facharbeiter, der Mittelklassen und der nicht mehr von Arbeitslosigkeit bedrohten Rentner. Das hat erneut ihre Verhandlungstaktik für den Koalitionsvertrag gezeigt. Ihre Mitgliederschaft hat sich seit den 70er Jahren grundsätzlich geändert. Heute sind nur noch 16 % Arbeiter, ein kleinerer Anteil als im Durchschnitt der Bevölkerung. Sie sind im Durchschnitt gut gebildet: 37 % haben einen Hochschulabschluß und fast drei Viertel sind Angestellte und Beamte. Was wollen Sie für Ihren Wahlkreis gegen diese Entwicklung unternehmen/Gegensteuern?

Ich freue mich über ihre Antwort. Danke Frau Weber.

Herzlichst
Peter Djordjevic

Hochschulabschluß und fast drei Viertel sind Angestellte und Beamte. Die gute alte Tante SPD ist eine Partei älterer Jahrgänge geworden.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Djordjevic,

ich entschuldige mich zunächst für meine späte Antwort. Sie sprechen mit Ihrer Frage in der Tat ein Problem an, dass uns als Demokraten alle nachdenklich stimmen sollte. Auf Dauer kann unsere Demokratie nicht lebendig bleiben, wenn ein wachsender Anteil der Wahlberechtigten seine Stimme nicht mehr abgibt. Dieser Rückzug aus der politischen Teilhabe ist ein Phänomen, das wesentlich vielschichtigere Ursachen hat und daher auch nicht allein „den Parteien“ angelastet werden kann, wenngleich „die Politik“ ihren Anteil an dieser Entwicklung nicht verleugnen kann und sollte.

Sie beklagen weiter, dass sich die SPD zu sehr von ihrer Stammwählerschaft verabschiedet hat und heute nur noch für Facharbeiter, die „Mittelklasse“ und aus dem Arbeitsleben ausgeschiedene Rentner Politik macht. Diese Einschätzung teile ich nicht, wenn man sich anschaut, für wen die SPD als Regierungspartei in der Großen Koalition in den letzten Monaten bereits wichtige Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht hat – auch gegen große Widerstände der Unionsparteien. Der allgemeine Mindestlohn, die Verbesserungen im Rentensystem und im Bereich der gewerkschaftlichen Mitbestimmung – all das sind Maßnahmen, die in Summe darauf abzielen, gerade einkommensschwächere Gruppen unserer Gesellschaft wieder stärker in den Mittelpunkt zu stellen. Die SPD mag in der letzten Dekade Fehler gemacht haben, das will ich nicht bestreiten, aber im Unterschied zur Union haben wir einen Lernprozess durchgemacht, der die SPD an einigen Stellen zu Korrekturen eingeschlagener Wege veranlasst hat, wo dies erkennbar notwendig war. Wenn sie die Überalterung der SPD konstatieren, so muss man sagen, dass dies auch für andere „Massenorganisationen“ (Gewerkschaften, andere Parteien oder Kirchen) gilt und eine der Ursachen dafür in einer schwindenden Bereitschaft zur langfristigen Bindung von jüngeren Menschen an Organisationen zu suchen ist. Engagement wird immer mehr punktuell und zeitlich begrenzt wahrgenommen. Darauf hat die SPD erste Antworten gegeben. Wir haben mit unserer Parteireform neue Wege eingeschlagen, die mehr Beteiligung unserer Mitglieder an politischen Entscheidungen ermöglichen und die Partei für „Quereinsteiger“ öffnen, denn wir wollen möglichst viele engagierte Menschen unserer Gesellschaft dazu ermutigen, sich für eine solidarische und gerechte Politik in unserem Land und darüber hinaus zu engagieren. Nicht zuletzt der Mitgliederentscheid zur Großen Koalition war hier ein spannendes Experiment und ich bin stolz darauf, dass meine Partei als erste in der Geschichte der Bundesrepublik einen Koalitionsvertrag so breit mit ihren Mitgliedern diskutiert und dann von ihnen hat abstimmen lassen.

Was will ich in meinem Wahlkreis tun, damit die Kluft zwischen „der Politik“ und den Bürgerinnen und Bürgern wieder kleiner wird? Zunächst einmal setze ich auf eine starke Präsenz vor Ort. Ich habe in meinem Wahlkreis im Westerwald drei Wahlkreisbüros in Hachenburg, Nassau und Wirges eröffnet. Politiker müssen zu den Leuten kommen und nicht umgekehrt. Mir ist der direkte Kontakt zu den Menschen in meinem Wahlkreis sehr wichtig, da ich glaube, dass so deren Anliegen viel direkter in die politische Arbeit hier in Berlin einfließen können. Wenn ich über diese Basisarbeit andere vor Ort zu einem politischen oder gesellschaftlichen Engagement motivieren kann, ist das in meinen Augen der beste Weg, um die von Ihnen beschriebene Entwicklung des „Ausklinkens“ vieler aus unseren demokratischen Prozessen zu bremsen und vielleicht in Teilen sogar umzukehren.

In der Hoffnung darauf, dass uns das gemeinsame Ziel der Erhaltung einer lebendigen Demokratie eint, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Ihre Gabi Weber