Frauke Heiligenstadt
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SPD
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Frage von Oliver N. •

Wie stehen Sie zum AfD Verbotsverfahren?

Alle Leute mit denen ich gesprochen habe, sind Parteiübergreifend dafür!

Frauke Heiligenstadt
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr N.,

vielen Dank für Ihre Frage zu einem Verbot der Partei Alternative für Deutschland (AfD) nach Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes.

Wir als Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag teilen Ihre Sorgen. Auch wir beobachten eine sich immer schneller drehende Radikalisierungsspirale bei der AfD. Wir erkennen deutlich, dass die AfD eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt. Dies wird an einer Vielzahl von Äußerungen, auch von höchsten Vertreterinnen und Vertretern der Partei, deutlich.

Aufgrund der drastischen Konsequenzen der Feststellung der Verfassungswidrigkeit sind die Anforderungen an das Verbot einer Partei sehr hoch. Eine Haltung, durch die oberste Verfassungswerte in der politischen Meinungsäußerung in Zweifel gezogen, nicht anerkannt, abgelehnt oder ihnen andere entgegengesetzt werden, genügt leider nicht den hohen Anforderungen an ein mögliches Parteiverbot. Eine Partei kann durch das Bundesverfassungsgericht nur dann verboten werden, wenn sie vielmehr planvoll das Funktionieren der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigen will. Dies setzt voraus, dass konkrete, gewichtige Anhaltspunkte vorliegen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass das Handeln der Partei erfolgreich sein kann. Dies muss in einem ordnungsgemäßen Verfahren festgestellt werden, das nach bisherigen Erfahrungen mindestens eineinhalb Jahre, wenn nicht länger, in Anspruch nehmen wird.

In einem Parteiverbotsverfahren müssen eindeutige Beweise vorgebracht werden. Die hohen Voraussetzungen für ein Parteiverbot stellen auch an diese Beweisführung erhebliche Ansprüche. 

Skandale, wie beispielsweise das bekannt gewordene konspirative Treffen unter Beteiligung von AfD-Mitgliedern in Potsdam, bei dem rassistische „Remigrationspläne“ geschmiedet wurden, oder die Spionagevorwürfe gegen AfD-Politiker schockieren und offenbaren abermals die verfassungsfeindliche Haltung der AfD. Dennoch haben die vergangenen Parteiverbotsverfahren gezeigt, dass das Bundesverfassungsgericht strengste Maßstäbe bei der Bewertung der Verfassungswidrigkeit einer Partei anlegt. 

Deshalb sind, neben vielen Befürworterinnen und Befürwortern eines Verbotsverfahrens, viele Expertinnen und Experten skeptisch, ob die vorliegenden öffentlich zugänglichen Informationen bereits für ein Verbot der AfD ausreichen würden. Anträge auf Prüfung eines Verbotes gibt es dabei nicht. Der Antrag darf sich nicht ergebnisoffen auf eine Prüfung richten, sondern richtet sich ausdrücklich auf ein Verbot der Partei. Deshalb muss ein entsprechender Antrag umfassend begründet sein und bereits mit den erforderlichen Beweismitteln vorgelegt werden (§ 23 Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Für eine umfassende Beweissammlung sind die Antragsberechtigten auch auf die Ermittlungen hierzu berufener staatlicher Institutionen angewiesen. Seinem gesetzlichen Auftrag entsprechend sammelt das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen über Bestrebungen, die gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Aufgrund ihrer immer deutlicher zutage tretenden Haltung wird auch die AfD als Gesamtpartei in diesem Sinne als Verdachtsfall geführt.

Dass die AfD rechtmäßig durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall beobachtet wird, hat nach dem Verwaltungsgericht Köln auch das Oberverwaltungsgericht Münster als Berufungsinstanz bestätigt. Das Bundesamt darf damit Erkenntnisse über die Handlungen der AfD auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln sammeln. Die Auswertung dieser Erkenntnisse durch den Verfassungsschutz spielt auch für uns als Fraktion eine Rolle, wenn wir gemeinsam darüber entscheiden, ob wir uns für die Beantragung eines Verbots der AfD einsetzen. Es handelt sich um eine politische Entscheidung mit großer Tragweite, die wir uns als Teil des Verfassungsorgans Bundestag nicht leicht machen. Deshalb müssen wir jede Möglichkeit zur Beweissammlung nutzen, um schließlich darüber entscheiden zu können, ob wir den Weg nach Karlsruhe beschreiten. Parlamentarische Initiativen im Deutschen Bundestag, die zunächst eine Beweissammlung und Prüfung der Erfolgsaussichten eines Parteiverbotsantrags durch Expertinnen und Experten beauftragen wollen, sind aus unserer Sicht dabei zielführend, da sie einen methodisch klaren Weg gehen. 

Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Deutschen Bundestag ist von einer gründlichen und finalen Befassung mit entsprechenden Anträgen in dieser Wahlperiode nicht mehr auszugehen. In der kommenden Wahlperiode sollte sich der Deutsche Bundestag mit den neuen Erkenntnissen und Einschätzungen der zuständigen Behörden aber zeitnah auseinandersetzen und einen entsprechenden Antrag beraten. 

Dies alles darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass rechtsextremes Gedankengut, das die AfD als Partei kanalisiert, nicht in erster Linie durch ein Parteiverbot zu bekämpfen ist. Gedanken bekämpft man nicht mit Verboten. In der Tradition unserer langen Geschichte setzen wir uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für eine demokratische Streitkultur, die Entkräftung von Verschwörungstheorien und politische Bildung im Kampf gegen den Rechtsextremismus ein. Unser primäres Ziel muss es deshalb sein, als Staat wehrhaft zu bleiben und die AfD politisch zu stellen, damit sie nicht mehr in unsere Parlamente gewählt wird.

Für weitere Fragen und Rückmeldungen stehe ich Ihnen selbstverständlich weiterhin zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Frauke Heiligenstadt

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