Frage von Mirko W. •

Vor dem Hintergund der Vorgänge in Thüringen (Verhalten des Alterspräsidenten, Kontrolle des Verfassungsschutzes, Blockade des Landtags) bleiben sie dabei, dass ein Verbotsverfahren unangemessen ist?

Portrait von Franziska Hoppermann
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Antrag für die Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD. Die von Ihnen beschriebene Situation im Thüringer Landtag habe ich ebenfalls mit Sorge beobachtet und bin froh, dass das Landesverfassungsgericht dem Antrag der CDU-Landtagsfraktion stattgegeben hat und infolgedessen die Konstituierung erfolgen und eine Koalition ohne AfD gebildet werden konnte.

Ich bin davon überzeugt, dass vor allem eine Politik, die die Sorgen der Menschen in den Blick nimmt, den Zuspruch der AfD reduzieren kann. Ein Verbotsverfahren halte ich nicht für unangemessen. Aber es kann nur gelingen, wenn wir diesen Weg verantwortungsvoll und auf Basis einer klaren Beweislage beschreiten. Der Bundestag verfügt jedoch nicht über eigene nachrichtendienstliche Erkenntnisse. Diese obliegen der Bundesregierung und den Bundesländern.

Zwar führt das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als Verdachtsfall auf Rechtsextremismus und die obergerichtliche Rechtsprechung hat diese Einschätzung bestätigt. Eine Einstufung als rechtsextremistischer „Verdachtsfall“ ist aber nicht gleichzusetzen mit den – höheren – Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an das Verbot einer politischen Partei stellt. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass bei der AfD die Voraussetzungen eines Parteiverbots zumindest zum jetzigen Zeitpunkt (noch) nicht erfüllt sind und die Verfassungsschutzämter aktuell nicht über hinreichendes Beweismaterial für ein Verbotsverfahren verfügen. Wir sehen jedoch bspw. mit dem Urteil des OVG Bautzen, dass sich unsere Justiz und unsere Landesämter für den Verfassungsschutz intensiv mit der AfD und den von ihr ausgehenden Gefahren für die Demokratie intensiv beschäftigen. Seit Dienstag gilt der Landesverband der AfD in Sachsen nach obergerichtlicher Entscheidung als „gesichert Rechtsextrem“. Damit erhält der Landesverfassungsschutz weitere Möglichkeiten, die sächsische AfD zu beobachten und auf ihre Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu prüfen. 

Ein kurz vor der Bundestagswahl beschlossener und möglicherweise mehrere Jahre andauernder Verbotsantrag könnte langfristig die entgegengesetzte Wirkung erzielen, indem er der AfD eine Plattform für ihre Narrative bietet. Gerade im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit unserer Verfassungsorgane ist es wichtig, dass wir keine Schritte überstürzt einleiten, die von rechtsextremistischen Akteuren gegen uns instrumentalisiert werden könnten. Stattdessen sollten wir daraufsetzen, die Gefahren durch eine klare, faktenbasierte Argumentation offenzulegen und die demokratischen Grundsätze auch im laufenden Wahlkampf offensiv zu verteidigen.

Da weder die Bundesregierung noch die Landesregierungen bisher einen Verbotsantrag eingeleitet haben, liegen zum Zeitpunkt offenbar nicht alle notwendigen Informationen bzw. hinreichenden Bedingungen vor. Es besteht somit aus meiner Sicht das Risiko eines Scheiterns des Verbotsantrags. Die AfD erhielte infolgedessen das Prädikat einer verfassungsgemäßen Partei – dies würde die Partei langfristig stärken und ihre Attraktivität steigern. Der Antrag birgt folglich aufgrund der mir bzw. dem Parlament vorliegenden Informationen ein unkalkulierbares Risiko, welches im Ergebnis zur Stärkung der AfD führen kann. Daher beteilige ich mich nicht an diesem Antrag. Die weiteren Beratungen im Innenausschuss werde ich sehr genau beobachten.

Mit freundlichen Grüßen

Franziska Hoppermann

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