Frage an Franziska Brantner von Dittmar S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Brantner,
sie wissen sicherlich, dass das Bahnprojekt Stuttgart 21 sehr umstritten ist und die Mehrheit der Bevölkerung gegen eine Realisierung des Projektes ist. Gegen eines Realisierung spricht, dass dieses Projekt nicht ausreichend demokratisch legitimiert ist (Bürgerbefragung bzw. ein Bürgerentscheid). Außerdem wurden die Kosten für das Projekt zu niedrig angesetzt. Dies hat jetzt auch der neue Bahnchef Grube festgestellt. M.E. sprechen auch ökologische Gründe gegen das Projekt, da eine Sanierung und Modernisierung des derzeitigen Kopfbahnhofes weniger in die Umwelt eingreift, als der vorgesehene Durchgangsbahnhof. Ich bitte Sie um Mitteilung, was Sie und Ihre Partei tun können um eine Realisierung von Stuttgart 21 zu verhindern. Erstaunlicherweise haben europäische Institutionen noch nicht zu Fragen des Denkmalschutzes Stellung genommen. Vielleicht gäbe es hier einen Ansatzpunkt.
Die Verträge zum Bahnprojekt Stuttgart 21 lassen einen Ausstieg aus dem Projekt bis Ende des Jahres 2009 zu, wenn es zu Kostensteigerungen kommt. Um realistische Kosten ermitteln zu können, muss m.E. vor Jahresende klar sein, wie sich z.B. Entscheidungen des Eisenbahnbundesamtes auf die Kosten des Projekts auswirken. Die Bahn hat u.a. eine Ausnahme von der EU-Richtlinie zur Fluchtwegelänge in Tunneln beantragt und u. will nur alle 1000 m, anstatt wie von der EU vorgesehen, alle 500 m einen Fluchtweg bauen. Sollte also die EU-Richtlinie auch bei diesem Projekt Gültigkeit haben, werden schon allein deshalb die Kosten für das Bahnprojekt höher ausfallen. Es gibt auch noch andere Anträge der Bahn beim o.g. Amt, die Kostenrelevanz haben (z.B. verminderte Tragfähigkeit d. Tunnel).
Meine weitere Frage daher: Was werden Sie und Ihre Partei unternehmen, damit verbindliche EU-Richtlinen zur Fluchtweglänge in Tunneln auch bei diesem Projekt eingehalten werden u. die Bahn die Kosten des Projekts nicht mit Tricks kleinrechnen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Dittmar Schock
Sehr geehrter Herr Schock,
vielen Dank für Ihre interessante und wichtige Frage.
Das Verkehrsprojekt Stuttgart 21 ist aus vielen Gründen nicht tragbar. Wir GRÜNE lehnen das Projekt ab, weil es vor allem unökologisch und unbezahlbar ist. Zudem verstoßen einige bauliche Aspekte gegen geltendes Recht, wie Sie richtig feststellen.
Glücklicherweise hat das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) die von der Bahn AG Ende letzten Jahres beantragte Ausnahmeregelung zu den Abständen der Querschläge im Fildertunnel abgelehnt. Die Bahn muss nun also dafür Sorge tragen, dass die EG-Richtlinie zur Fluchtweglänge, die am 1. Juli 2008 in Kraft trat, eingehalten wird, so dass die beiden Röhren des Fildertunnels nach dieser Entscheidung in Abständen von höchstens 500 Metern miteinander verbunden werden müssen. Konkret bedeutet die Entscheidung des EBA nicht nur, dass die Pläne der Bahn, Querverbindungen in Abständen von 1000 Metern zu bauen, nun hinfällig sind, sondern natürlich auch, dass die Finanzierung des gesamten Projektes durch die zu erwartenden Mehrkosten alles andere als sicher ist.
Vor diesem Hintergrund fordere ich zusammen mit der Stuttgarter Gemeinderatsfraktion und der baden-württembergischen Landtagsfraktion der GRÜNEN, dass jetzt endlich konkrete und vor allem realistische Zahlen zu den Baukosten auf den Tisch gelegt werden. Die Öffentlichkeit und die Bürgerinnen und Bürger verdienen eine offizielle Bestätigung der intern bereits kolportierten Gesamtkosten von mittlerweile 4,9 Mrd. Euro, die natürlich jeglichen Finanzierungsrahmen sprengen würden. Wir GRÜNE legen Wert darauf, dass die Zahlen von der Bahn AG selbst kommen, und nicht, wie angekündigt vom Projektsprecher Wolfgang Drexler im Stuttgarter Gemeinderat vorgelegt werden. Darüber hinaus wäre es angesichts des Finanzierungs-Chaos sehr angebracht, die bestehende Frist vom 31. Dezember 2009 für einen Ausstieg aus Stuttgart 21 aufzuheben. Dazu haben wir GRÜNE im baden-württembergischen Landtag am 10. November einen entsprechenden Antrag eingereicht.
Ich hoffe, ich habe hiermit Ihre Frage nach unseren Plänen und Forderungen gegen Stuttgart 21 beantwortet. Vielen Dank auch für die Anregung zu Fragen des Denkmalschutzes! Da besteht sicher Handlungsbedarf auf europäischer Ebene.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Franziska Brantner