Sie wollen die Abschaffung der Rundfunkgebühr. Das birgt die Gefahr eines Staatsfunks. Wie wollen Sie einen von privatwirtschaftlichen Interessen unabhängigen Journalismus gewährleisten?
Sie haben sich auf Ihrer Internetseite und bei Twitter vor dem Hintergrund aktueller Umfragen und der Entscheidung in Frankreich für eine Abschaffung des Rundfunkbeitrages ausgesprochen. Eine solche Entscheidung birgt immer die Gefahr von Staatsfunk, von fehlender wirtschaftlicher wie politischer Unabhängigkeit in der Berichterstattung. Dass auch zumindest einige Privatmedien eine klare politische Ausrichtung haben, sieht man in Deutschland zum Beispiel beim Springer-Konzern.Sie verweisen darauf, dass viele Demokratien das Gegenteil bewiesen. Welche Demokratien sollen das sein? Sie kritisieren auch, dass sich bei fiktionalen Inhalten abseits des ÖRR keine Kreativität entwickeln könne. Liegt das nicht vielmehr daran, dass deutsche Privatsender nicht bereit sind, genügend Geld für Eigenproduktionen in die Hand zu nehmen?
Sehr geehrter Herr W.,
der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland, der größte der Welt, hat strukturelle Probleme und büßt an Attraktivität ein. Die Einnahmen des Beitragsservice stiegen zwischen 2005 und 2021 von 7,12 auf 8,42 Milliarden Euro. Mit 21 TV- und 73 Radiosendern sowie 16 Orchestern und dazu noch acht Chören hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Angebot, das weit über die Grundversorgung hinausgeht.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat eine Berechtigung, wenn er sich auf seinen Bildungs- und Informationsauftrag konzentriert. Der Fokus des heutigen ÖRR in Deutschland liegt aber bei Weitem nicht nur auf seriöser Berichterstattung. So macht das Onlineformat „funk“ mit einem Budget von etwa 45 Millionen Euro zwar nur einen kleinen Teil des gesamten ÖRR aus. Selbst bei „funk“ sind aber nur 7 % aller Kanäle Nachrichten- oder Bildungskanäle. Beim gesamten ÖRR sieht es noch fataler aus. Zu den teuersten Programmen zählen nicht etwa die heute-Sendung oder die Phoenix Runde, sondern Formate wie „Wetten Dass..?“ mit 2,5 Millionen Euro oder „Die Giovanni Zarrella Show“ mit 1,3 Millionen Euro – pro Folge.
Die Rundfunkordnung in Deutschland gehört grundlegend reformiert. So könnten die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten größtenteils privatisiert und das Vermögen als Fonds angelegt werden. Die daraus resultierenden Kapitalerträge könnten der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Formate dienen. Die Förderung von Programminhalten sollte einem Ausschreibungswettbewerb entspringen, statt intransparent innerhalb der Rundfunkanstalten bestimmt zu werden. Eine unabhängige Kommission aus Vertretern der Zivilgesellschaft würde dann über die förderwürdigen Inhalte entscheiden. Regelmäßig sollten die Rundfunkanstalten durch anstaltsexterne, unabhängige Dritte kontrolliert werden. Das jetzige System der Selbstbeauftragung der Kontrolle durch den ÖRR ist eine Farce.
Mit freundlichen Grüßen,
Frank Schäffler MdB