Frage an Frank Schäffler von Thomas Z. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Schäffler,
vielen Dank, dass Sie gegen den ESM gestimmt haben (auch wenn das bei Ihnen keine Überraschung war).
Eine Frage, die ich auch schon einem Kollegen von Ihnen gestellt habe, hätte ich auch gerne an Sie gerichtet:
Im ESM-Vertrag steht unter Artikel 4 Ziffer 2, dass Beschlüsse mit einfacher oder qualifizierter Mehrheit getroffen werden können.
In Artikel 4 Ziffer 3 heißt es, dass Einstimmigkeit zur Annahme der Beschlüsse herrschen muss.
Das verstehe ich nicht, was gilt denn nun?
ESM-Befürworter reden oft vom Vetorecht, welche die BRD habe. Gilt also Artikel 4 Ziffer 3?
Entspricht es ausserdem der Wahrheit, dass der deutsche Finanzminister als Mitglied des Gouvaneursrats des ESM an eine Entscheidung des Bundestags gebunden ist (durch ein Begleitgesetz)?
Und ist somit ein grundgesetzkonformer Einfluss des Bundestags gegeben?
Oder hat man sich durch das Direktorium des ESM vll. eine Art Hintertür offengelassen, indem der Gouvaneursrat die Entscheidungsgewalt an diesen abtritt und dieser ja eingesetzt und nicht gewählt wird?
Bitte entschuldigen Sie die Flut an Fragen.
Ich hoffe Sie können mir die Fragen beantworten und ich wünsche Ihnen alles Gute,
Thomas Zink
Sehr geehrter Herr Zink,
man muss zwischen Innen- und Außenverhältnis der Rechtsbeziehungen des ESM unterscheiden. Gegenüber der Bundesrepublik und ihrem Parlament ist der deutsche Vertreter im Gouverneursrat verpflichtet, sich an die Vorgaben zu halten. Wenn er sich daran nicht hält und anders oder ohne Weisung abstimmt, dann begründet er allerdings (in den meisten Fällen) eine völkerrechtliche Verpflichtung, die Deutschland einhalten muss.
Manche Beschlüsse müssen einstimmig, manche mit qualifizierter Mehrheit und andere einvernehmlich getroffen werden. Die jeweils erforderliche Mehrheit hängt vom Beschlussgegenstand ab und ist dem Vertrag zu entnehmen. Bei den qualifizierten Mehrheiten hat Deutschland ein faktisches Veto, da hier Vertreter von 80 Prozent der Kapitalanteile des ESM zustimmen müssen, Deutschland aber über 27 Prozent Stimmgewicht verfügt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einem Eintritt weiterer EU-Staaten zur Eurozone das Stimmgewicht Deutschlands unter diese Veto-Schwelle sinken wird.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Schäffler, MdB