Frage an Frank Schäffler von Matthias S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Lieber Frank Schäffler,
in einer Publikation wird über Sie als Gegner der Finanztransaktionssteuer berichtet. Das interessiert mich, denn ich habe mit über 50000 anderen für die Einführung dieser Steuer gestimmt. Warum sollten Sparer durch diese Steuer irgendwelche Nachteile haben?
Die Informationen über die Initiative finden Sie auf der Homepage http://www.steuer-gegen-armut.org/ Ich unterstütze diese Initiative des Jesuitenpaters Jörg Alt, der die Petition vorbereitet hat. Auch der Bundespräsident und die neue EKD-Ratsvorsitzende sind für die Einführung dieser Steuer. Ich verstehe also nicht, was dagegen sprechen könnte?
Das Konzept der Finanztransaktionssteuer sieht doch vor, jede Art von Transaktionen, die auch für Spekulationen geeignet sind - also etwa Geschäfte mit Währungen, Aktien, Investmentfonds oder Rohstoffen mit dieser Steuer zu belegen. Der Steuersatz soll dabei sehr gering sein, die Kampagne "Steuer gegen Armut" schlägt einen Satz zwischen 0,01 und 0,1 Prozent des umgesetzten Betrags vor. Somit fiele die Steuer bei langfristigen Investitionen etwa in Unternehmensanteile so gut wie gar nicht ins Gewicht; kurzfristige Spekulanten, die oft innerhalb eines Tages zahlreiche An- und Verkäufe tätigen, um von kleinsten Kursschwankungen zu profitieren, würden dagegen spürbar zur Kasse gebeten. Weder kleine Sparer noch der deutsche Mittelstand hätten also irgendwelche Nachteile oder Belastungen zu befürchten. Die Erhebung der Steuer an den Börsenplätzen wäre sehr einfach umzusetzen und wird in ähnlicher Form in Großbritanien bereits praktiziert. Welche Informationen hat man Ihnen übermittelt, die Ihrer Ansicht nach gegen die Steuer sprechen könnten. Sind Sie falsch zitiert worden oder haben Sie eine andere Ansicht?
Ich würde mich freuen, wenn Sie das Anliegen nach ausführlicher Abwägung doch unterstützen könnten oder gibt es irgendwelche sonstigen Interessen, die dagegen sprechen könnten?
Mit freundlichen Grüßen - Matthias Schmidt, Schötmar
Sehr geehrter Herr Schmidt,
die Idee einer Steuer auf internationale Devisentransaktionen geht auf James Tobin (1918-2002) zurück, der damit die kurzfristige Spekulation auf Währungsschwankungen eindämmen wollte. Später distanzierte er sich selbst von der Tobin-Steuer, da sie von Globalisierungskritikern vereinnahmt wurde und die Erzielung zusätzlicher Einnahmen in den Vordergrund rückte.
Die Transaktionssteuer ist nicht Bestandteil des Koalitionsvertrags, da die neue Koalition angetreten ist, um Steuern zu senken, nicht, um neue zu erheben.
Wer sich für die Finanztransaktionssteuer einsetzt, will nur eine neue Einnahmemöglichkeit für den Staat schaffen.
Tatsächlich wird dann aber beim Fonds-, Riester- und Lebensversicherungssparer abkassiert. So würde beispielsweise ein Riester-Sparer, der heute 30 000 Euro brutto verdient und den für die maximale staatliche Förderung notwendigen Betrag einzahlt, damit in 20 Jahren um 4700 Euro gebracht.
Die Finanztransaktionssteuer wäre auch schädlich für die Wirtschaft, denn sie würde die Eigenkapitalfinanzierung börsennotierter Unternehmen in dem Maße verteuern, in dem sie die Kapitalkosten erhöht. Finanzblasen lassen sich durch eine Steuer nicht verhindern. Dazu sind ein stabiles Geldwesen und eine effektive Bankenaufsicht notwendig. Eine international eingeführte Finanztransaktionssteuer ist somit aufgrund der zusätzlichen Belastungen abzulehnen.
Noch viel schlimmer wäre die Einführung einer Börsenumsatzsteuer nur in Deutschland, wie sie alternativ auch in der Petition gefordert wird. Die Chancen für eine internationale Einigung über die Finanztransaktionssteuer sind gering, denn US-Finanzminister Geithner sagte dazu bei dem letzten G20-Finanzministertreffen: „Das ist nichts, zu dessen Unterstützung wir bereit wären.“ (Handelsblatt vom 9.11.2009 „Brown scheitert mit Finanzmarktsteuer“). Eine rein nationale Einführung hätte verheerende Folgen für den Finanzplatz Deutschland. So hat Schweden die Börsenumsatzsteuer 1984 eingeführt und dabei Einnahmen von 1500 Mio. Schwedischen Kronen erwartet, tatsächlich waren es nur 50 Mio. pro Jahr. Es gab nachteilige Auswirkungen für den Finanzplatz: Eine Woche nach Einführung der Steuer ging der Handel mit Bonds um 85 % zurück. Das Handelsvolumen von Futures und Optionen sank um 98 %. Zeitgleich mit der Ankündigung der Verdopplung der schwedischen Börsenumsatzsteuer im Jahr 1986 verlagerten sich 60 % des Handelsvolumens der elf am stärksten gehandelten schwedischen Werte, die insgesamt 50 % des gesamten Handelsvolumens ausmachten, nach London. Bis 1990 verschärfte sich dieser Trend und mehr als 50 % der schwedischen Titel wurden nur noch in London gehandelt. Die 100%ige Anhebung der Steuer zog einen Anstieg von 22 % der Einnahmen nach sich.
Folgende Länder haben die Börsenumsatzsteuer abgeschafft: Dänemark, Deutschland (1991), Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Schweden und Spanien. In Großbritannien, auf das oft Bezug genommen wird, gibt es etliche Ausnahmen. Die Bundesregierung listet dazu „unter anderem“ 15 Ausnahmen auf. Die Auflistung der Ausnahmen umfasst fasst eine ganze Seite. Die Quelle für diese Angaben ist die Antwort der Bundesregierung auf eine von mir initiierte Kleine Anfrage der FDP-Fraktion aus der letzten Wahlperiode (BT-Drs. 16/12571 vom 3. April 2009).
Freundliche Grüße
Frank Schäffler, MdB