Welche Maßnahmen sollten zum Klimaschutz höchste Priorität erhalten? Kann man aus Erdgas grünen Wasserstoff machen?
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Frage zum Klimaschutz, die ich hiermit gerne beantworten möchte.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist die zentrale Voraussetzung für Klimaschutz und Wohlstand in unserem Land. Ohne den Ausbau der Erneuerbaren wandern Industrie und die Arbeitsplätze dorthin, wo es Erneuerbare gibt. Daher haben wir in dieser Legislaturperiode unter anderem die Ausbaupfade erhöht, zusätzliche Sonderausschreibungen für Erneuerbare beschlossen, die finanzielle Beteiligung von Kommunen sowohl bei Wind- als auch bei PV-Freiflächenanlagen gestärkt, den Solardeckel abgeschafft, strikte bundesweite Abstandsregeln für die Windkraft verhindert und die Rahmenbedingungen für ausgeförderte Erneuerbare-Energie-Anlagen verbessert.
Bis 2030 sollen mindestens 65 Prozent unseres Stromverbrauchs aus nachhaltigen Quellen wie Wind, Sonne, Biomasse, Wasser und Geothermie stammen. Hierfür bedarf es einer Reform des Abgaben- und Umlagesystems sowie auch der Abschaffung der EEG-Umlage, damit die Erneuerbaren-Energiequellen entsprechend ihrer jeweiligen Stärken eingesetzt werden können.
Kommunen sowie Anwohner:innen sollen zudem stärker von dem Ausbau der Erneuerbaren Energien profitieren, zum einen durch eine direkte finanzielle Beteiligung an den Anlagen, zum anderen durch eine bessere Nutzung ihres Einsatzes, z.B. über den Mieterstrom. Ebenso soll der Mehrwert von Energieeffizienzmaßnahmen sich für Kommunen, Unternehmen und private Verbraucher unmittelbar auswirken, so z.B. bei Vermietern und Mietern in einer geringeren CO2-Abgabe auf die Heizkosten.
Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral werden. Wir unterstützen die Industrie auf ihrem Weg zur Klimaneutralität und treiben den Umstieg auf klimaschonende Produktionsprozesse durch direkte Investitionsförderung voran. Mit dem Konjunkturpaket sowie der Wasserstoffstrategie haben wir viele Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung, aber auch für Investitionen in Digitalisierung, nachhaltige Energieversorgung, zukunftsfähige Mobilität und Gebäudesanierung bereitgestellt. Deutschland soll bis 2030 zum Leitmarkt für Wasserstofftechnologien werden, und zwar für die Erzeugung von grünem Wasserstoff wie auch dessen Einsatz in potenziellen Anwendungstechnologien. Zur Herstellung von grünem Wasserstoff soll der Stromverbrauch mittelfristig zu 100 Prozent aus Erneuerbare-Energie-Anlagen gedeckt werden.
Wird der Strom über ein Gaskraftwerk produziert und anschließend zur Wasserstoffherstellung verwendet, so handelt es sich nicht um grünen, sondern um grauen Wasserstoff. Grauer Wasserstoff zeichnet sich dadurch aus, dass die Produktion mittels fossiler Energieträger erfolgt. Gängigstes Verfahren in Deutschland ist die Dampfreformierung, bei der Erdgas unter Einfluss von Wasserdampf und Wärme in Wasserstoff und CO2 umgewandelt wird. Auch die Elektrolyse mit dem aktuellen deutschen Strommix wird aufgrund hoher CO2-Emissionen als grau bezeichnet.
In der Einstiegs- und Übergangsphase zu 100% erneuerbarem Strom können diverse vorhandene Wasserstoffpotenziale genutzt werden, um dem Ziel einer flächendeckenden Wasserstoffversorgung näherzukommen. Dabei sollte jedoch darauf geachtet werden, dass die genutzten Erzeugungsverfahren möglichst wenig zusätzliches CO2 ausstoßen und dass langfristige Abhängigkeiten vermieden werden. Letztendlich muss Wasserstoff – im Einklang mit dem voranschreitenden Ausbau regenerativer Erzeugungskapazitäten – 100%-ig grün werden. Die Verwendung von grünem Strom für die Wasserstoffherstellung wird gefördert, die des "bunten Wasserstoffes" hingegen nicht. Es wird davon ausgegangen, dass ein Teil des grünen Stroms bzw. des grünen Wasserstoffes importiert werden muss, um die Klimaziele zu erreichen.
Ich hoffe Ihnen mit meinen Ausführungen eine Antwort auf Ihre Frage habe geben können.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Junge