Frage an Frank Gotthardt von Jochen S. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Gotthardt,
immer mehr Kinder sind betroffen von der Trennung ihrer Eltern. Meist wird einem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen. Dieser kann dann mit den Kindern an jede beliebige Stelle der Welt ziehen, sei sie auch noch so weit vom bisherigen Lebensmittelpunkt und dem zweiten Elternteil entfernt. Aktiv an die Erziehung der Kinder kann er sich nicht beteiligen. Die Zeit der Kinder mit dem anderen Elternteil ist meist auf jedes zweite Wochenende beschränkt. Zur Trennung der Eltern kommt die familiengerichtlich abgeurteilte Trennung der Kinder von einem Elternteil. Das Umgangsrecht ist im Gesetz enthalten und Urteile zum Recht auf Umgang der Kinder mit dem anderen Elternteil gibt es viele. In Deutschland existieren aber keine Instrumente ein solches Umgangsrecht gegen den Willen des Aufenthaltsbestimmungsberechtigten durchzusetzen.
Die in der Regel praktizierte familiengerichtliche Trennung der Elternteile in einen betreuenden mit allen Rechten und einen nicht betreuenden nur mit der Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt entspricht in keiner Weise dem Wohl der Kinder. Söhne und Töchter brauchen auch nach der Trennung der Eltern weiter Vater und Mutter.
Hier gibt es andere Ansätze. Im Cochemer Modell überträgt das Familiengericht keinem der Elternteile das Aufenthaltsbestimmungs- oder gar das gesamte Sorgerecht. Die Eltern werden vom Gericht verpflichtet, auch nach der Trennung gemeinsam für die Erziehung der Kinder einzustehen. Alle Entscheidungen zu Aufenthalts- und Umgangsregelungen werden nicht durch Urteil, sondern durch Vereinbarung der Eltern getroffen.
Welche Änderungen im Kindschaftsrecht wollen Sie unterstützen, damit in Zukunft bei Trennung der Eltern den Kindern beide Elternteile erhalten bleiben?
Jochen Simon
Sehr geehrter Herr Simon,
eine Anpassung des Unterhaltsrechts an die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen war längst überfällig. Es war die CDU/CSU-Bundesregierung, die 1998 mit der großen Kindschaftsrechtsreform den ersten Schritt machte, dessen zeitnahe Folge eine Reform des Unterhaltsrechts hätte sein müssen. Die im Herbst 1998 gewählte Bundesregierung hat sich dafür allerdings sehr viel Zeit gelassen. Die jetzige Reform geht in die richtige Richtung, wenn sie das Wohl des Kindes und dessen Betreuung in den Vordergrund stellt. Die CDU/CSU-Fraktion wird im Gesetzgebungsverfahren darauf achten, dass ein neues Unterhaltsrecht dies auch umsetzt. Um die finanzielle Absicherung der Kinder - nichtehelicher wie ehelicher - zu verbessern, sind klare gesetzliche Vorgaben erforderlich, an denen sich Gerichte bei ihren Entscheidungen über unterhaltsrechtliche Einzelfälle orientieren können. Es reicht nicht aus, lediglich allgemeine Vorstellungen über die Rangfolgen der verschiedenen Unterhaltsberechtigten zu formulieren. Das schafft Rechtsunsicherheit, weil sich erst im Lauf der Jahre eine einheitliche Rechtsprechung entwickeln wird, auf die sich die Unterhaltsberechtigten verlassen können. Gerade das von Ihnen angesprochene Modell der elterlichen Vereinbarung ist im Trennungsfall meines Erachtens schwer zu realisieren, da es oftmals zu einer Polariaiserung der Interessen der Elternteile kommt.
Mit freundlichen Grüßen