Frage an Florian Toncar von Kai K. bezüglich Recht
Guten Tag Herr Toncar.
Dass Sie den Vorschlag von Ursula v.d. Leyen, Internet-Sperren zu Kinderpornoseiten einzurichten, "völlig berechtigt finden", hat mich verwundert. Wussten Sie dass solche Internet-Sperren, wie sie auch der hessische Innenminister Bouffier für (hierzulande) rechtswidrige Glücksspielseiten, fordert, praktisch nur den völlig unbedarften Internet-Nutzer davon fernhalten? Wie man sie umgeht erklärt Prof. Pfitzmann: http://tinyurl.com/6dcoma
Unabhängig von der technischen Wirksamkeit solcher Sperren, würde ich gerne wissen, ob Sie ausschließlich die Sperrung von Kinderpornoseiten befürworten? Falls nein, befürworten Sie auch die Sperrung von rechtsradikalen Webseiten, wie es sie legal in den USA gibt? Befürworten Sie die Sperrung von illegalen Glücksspielseiten oder von frei abrufbaren Pornoseiten, die unser JugendschutzG. eklatant verletzen? Wie sieht es aus mit islamistischen Seiten, die zum Dschihad gegen den Westen aufrufen? Webseiten mit Bombenbauanleitungen, wie z.B. Wikipedia (Stichwort: „Sprengstoffe“). Gerade Letztere sind ja viel gefährlicher als Kinderpornoseiten. Sollten auch Webseiten gesperrt werden, von denen man Raubkopien herunterladen kann? Würden Sie insgesamt eine Filterung des deutschen Internets befürworten, damit alle – nach unserem Recht – verbotenen Inhalte „aus dem Netz verschwinden“?
Falls sie außer Kinderpornoseiten keine weiteren Seiten sperren würden, würde ich gerne wissen warum? Ist Kinderpornographie schlimmer als der internationale Terrorismus? Glauben Sie, dass mit der I-Sperre von Kinderpornos irgendein ein Kind gerettet oder geschützt wird? Sie als noch recht junger Liberale möchte ich fragen, ob es Ihnen bekannt ist, dass die Jungen Liberalen auf dem letzten Bundeskongress nach einjähriger Arbeit ein neues Grundsatzprogramm beschlossen haben, indem u.a. steht: „Die Freiheit des Internets und der ungehinderte Zugang zu diesem, sollen uneingeschränkt garantiert werden. Der Staat darf hier nicht eingreifen.“
MfG
Sehr geehrter Herr König,
für Ihre Nachricht vom 07.12.2008 mit dem hilfreichen Feedback danke ich Ihnen.
Die Ausbeutung von Kindern für pornographische Zwecke ist eine besonders perfide Form von Kindesmissbrauch, die aus der Verletzung der körperlichen Unversehrtheit von Kindern finanziellen Gewinn schlagen will. Kinder erleiden dadurch Traumata, unter denen viele noch später als Erwachsene leiden.
Bei der Kinderpornographie handelt es sich nicht um ein Internet-spezifisches Problem. Schon in der Vergangenheit hat Kinderpornographie in Form von Zeitschriften, VHS-Videos oder DVDs Verbreitung gefunden. Gegen in diesen Medien verbreitete Pornographie besteht seit langem ein Verbot. Der jetzige Vorstoß, Kinderpornographie im Internet einzudämmen, reagiert auf die neue informationstechnologische Entwicklung.
Selbstverständlich muss dabei ein technisch wirksamer Weg gewählt und das Missbrauchsrisiko minimiert werden. Die Sperrung bestimmter Domain-Namen ist ein technisch machbarer Weg. Natürlich gibt es in solchen Fällen Ausweichmanöver, sodass der Zugang zu entsprechenden Inhalten nicht völlig unterbunden wird. Allerdings ist es für den interessierten Nutzer, insbesondere wenn er erstmals nach entsprechenden Angeboten sucht, schwieriger, dorthin zu gelangen. Die Alternative, Seiten von denen die Behörden wissen, dass dort kinderpornographische Inhalte gezeigt werden, zugänglich zu belassen, ist im Übrigen ebenfalls sehr unbefriedigend.
Ich stimme Ihnen aber insoweit zu, als dass ein Mittel, mit dem der Zugriff auf kinderpornographische Inhalte erschwert wird, verhältnismäßig sein und unter intensiver Einbeziehung von Fachleuten konzipiert werden muss.
Nun zu der Frage, ob dann nicht auch andere Inhalte gesperrt werden müssten: Internetseiten für Raubkopien tragen zwar zur Verletzung von Urheberrechten und damit verbundenen Einnahmeeinbußen für Künstler und Vermarktungsunternehmen bei. Jedoch sind diese Rechtsverletzungen von einer deutlich niedrigeren Intensität als der Kindesmissbrauch im Rahmen der Kinderpornographie.
Terroristen haben in der Vergangenheit auf eine große Bandbreite an Waffen von entführten Flugzeugen, Schusswaffen, Sprengsätzen bis hin zu Schnitt- und Stichwaffen wie Küchen- oder Teppichmesser zurückgegriffen. Die Menge von Netz-Inhalten, die sich mit Waffen, Sprengsätzen oder sonstigen Gewaltinstrumenten befassen, ist so groß, dass jeder Versuch, diese zu sperren, scheitern muss und zwangsläufig zur grundrechtswidrigen Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit führen würde.
Hingegen besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem Missbrauch von Kindern zu pornographischen Zwecken und dem Betrieb der entsprechenden kommerziellen kinderpornographischen Webseiten. Die Verletzung der Würde des Kindes wird durch die öffentliche Darstellung des Missbrauchs weiter verschärft. Das rechtfertigt es meiner Auffassung nach, gezielt gegen solche Angebote im Internet vorzugehen. Mit Zensur hat das nichts zu tun.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Toncar