Frage an Florian Toncar von Uwe M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sicher haben Sie es sich mit Ihrer Zustimmung zum Afghanistaneinsatz nicht leicht gemacht. Daduch bleiben Fragen:
Was sind Ihrer Meinung nach erreichbare Ziele der deutschen Soldaten dort ?
Können deutsche Soldaten bei ihren Einsätzen zB. Suche nach Waffen nicht vermeiden, anwesende Kinder in Gefahr zu bringen. Warum werden die Einsätze nicht besser vorbereitet zB. in dem die Soldaten bei "friedlichen" Missionen von Repräsentanten eines Ortes begleitet werden? Natürlich ist das nur ein Denkansatz; aber so wie jetzt agiert wird, läuft es darauf hinaus, dass uns die toten deutschen Soldaten irgendwann nicht mehr interessieren oder alle den Rückzug antreten müssen.
Ich denke dass konkerete Fragen dieser Art beantwortet werden können
sollten. Sonst bekommt der Bundeswehreinsatz in Afghanistan nur eine
symbolische Bedeutung ohne praktischen Wert.
Sehr geehrter Herr Mannke,
haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Sie stellen Ihre Frage wahrscheinlich vor dem Hintergrund des Anschlags am 20. Oktober 2008. Ein Trupp deutscher Fallschirmjäger des Fallschirmjägerbatallions 263 befand sich in einem Ort etwa fünf Kilometer südwestlich von Kunduz. Dort sollten sie Hinweisen auf ein illegales Waffenlager nachgehen. Ein Selbstmordattentäter näherte sich dem Trupp und sprengte sich in die Luft. Er verletzte mehrere Bundeswehrsoldaten schwer, zwei von ihnen erlagen ihren Verletzungen, und tötete fünf in der Nähe spielende Kinder. Die beiden Soldaten gehörten als Verstärkungskräfte einem regionalen Wiederaufbauteam an. Sie hatten also die Aufgabe, den zivilen Wiederaufbau vor Ort abzusichern. Dieser Anschlag ist schrecklich und führt uns allen vor Augen, wie rücksichtslos die Taliban ihr Ziel, die Macht in Afghanistan zurückzuerlangen und die demokratisch gewählte Regierung aus dem Amt zu treiben, verfolgen.
Die Bundeswehr und ihre Verbündeten unternehmen größte Anstrengungen, um Opfer unter der Zivilbevölkerung zu vermeiden. Die Ausbildung und Einsatzvorbereitung geht darauf ausführlich ein. Solange aber die Taliban und ihre Helfershelfer so feige und rücksichtslos vorgehen, sind zivile Opfer nicht völlig auszuschließen. Da sich die hinterhältigen Anschläge der Taliban häufig gerade gegen Zivilisten wie Lehrer, Bauarbeiter oder Beamte richten, würde sich an der Situation auch kaum etwas ändern, wenn die Bundeswehr auf ihren Patrouillen durch einen Dorfvorsteher oder Dorfältesten begleitet würde.
In vielen Einsätzen, z.B. wenn Straftäter festgenommen werden sollen, arbeitet die Bundeswehr bereits jetzt eng mit den afghanischen Sicherheitsbehörden zusammen. Festnahmen werden in der Regel durch die afghanische Polizei vorgenommen. Die Bundeswehr bemüht sich vor Ort seit dem ersten Einsatztag um einen offenen Dialog mit der afghanischen Bevölkerung.
Die internationale Truppenpräsenz in Afghanistan kann erst reduziert werden, wenn die afghanische Regierung selbständig in der Lage ist, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Deshalb ist der Aufbau und die Ausbildung von funktionierenden Sicherheitsorganen besonders wichtig. Die Bundesregierung hat die jahrelange Führungsrolle Deutschlands beim Polizeiaufbau nicht zufriedenstellend ausgefüllt. Die Defizite in der Ausbildung sind groß und es ist nicht zu erwarten, dass sich daran in nächster Zeit durch die Übernahme dieser Aufgabe durch die EU etwas ändern wird. Die FDP-Bundestagsfraktion hat von Anfang an gefordert, den militärischen Einsatz und den Aufbau der Sicherheitsorgane mit einem starken Engagement in der zivilen Wiederaufbauhilfe zu verbinden. Auch in unserem aktuellen Antrag „Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution 1833 (2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen“ (BT-Drucksache 16/10437) fordern wir die Bundesregierung erneut auf, neben den militärischen und polizeilichen auch die zivilen Wiederaufbaubemühungen zu verstärken und die Koordinierung des Wiederaufbaus insgesamt zu verbessern.
Der Schlüssel zu einer endgültigen Befriedung des Landes liegt in einem erfolgreichen Wiederaufbau. Gerade für die Absicherung dieser Arbeit ist die Anwesenheit der Bundeswehr sehr wichtig. Sie unterstützt und schützt Mitarbeiter internationaler Friedens- und Hilfsorganisationen und stellt selbst technisches Know-How bereit.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Toncar