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Florian Toncar
FDP
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Frage von Klaus K. •

Frage an Florian Toncar von Klaus K. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Toncar,
zur Bundestagswahl 2021 führen wir (Gemeinwohlökonomie Deutschland, Monetative e.V., Samuel-Pufendorf-Gesellschaft für politische Ökonomie e.V., Entrepreneurs4Future Stuttgart & Genossenschaft für Gemeinwohl) eine mehrstufige Befragung aller Bundestagsparteien zu den Themen Geld- und Finanzpolitik durch. Nachfolgend finden Sie das erste Fragenpaket A zu Maßnahmen im Rahmen der Corona-Krise.
A.1 Um die durch die Corona Krise entstandenen wirtschaftlichen Einbußen auszugleichen, hat die Bundesregierung ihre Ausgaben erhöht, während die Steuereinnahmen einbrachen. Dies hat zu höherer Staatsverschuldung geführt. Sollten die gestiegenen Staatsschulden als notwendiger Fakt akzeptiert werden (Staatsanleihen mit “unendlicher” Laufzeit) oder sollten sie reduziert werden? Wenn aus  Ihr Sicht eine Reduktion notwendig ist, wie sollte sie zustande kommen?
-durch Steuererhöhungen welcher Art?
-durch Sparmaßnahmen in der öffentlichen Daseinsvorsorge, wo genau: Bildung, Renten, Lohnkürzungen, Kürzungen von Sozialleistungen, öffentliche Infrastruktur
-durch mehr Wachstum
-durch andere Möglichkeiten (Schuldenschnitt, Inflation, Lastenausgleich etc.)
A.2 Die Corona-Krise macht u.a. deutlich, dass vorausgegangene Sparmaßnahmen im Gesundheitsbereich (Intensivbettenabbau, Krankenhausprivatisierungen) sich negativ auf die Daseinsversorgung auswirken. Welchen Mehrwert erzielt die zunehmende Privatisierung von öffentlichen Einrichtungen aus Ihrer Sicht? Würden Sie die diese  auch nach den Bundestagswahlen 2021 fortsetzen?
A.3 US-Amerikanische IT-Konzerne sind Profiteure der Corona-Krise. Sie bezahlen kaum Steuern und nutzen Stiftungen, um Einfluss auf gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen zu nehmen. Mit welchen Gesetzen kann deren Einflussnahme so begrenzt werden, dass das Gemeinwohl geschützt ist? Befürworten Sie Angela Merkels Forderung, IT-Konzern weltweit stärker zu besteuern?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Karwat,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne wie folgt beantworte.

Zu Frage A.1:
In einer beispiellosen Ausnahmesituation wie der Corona-Krise ist eine vorrübergehende Neuverschuldung unausweichlich. Diese muss jedoch so schnell wie möglich zurückgeführt werden, ohne dadurch den wirtschaftlichen Aufschwung zu gefährden, den wir benötigen, um die Folgen der Lockdowns zu überwinden. Steuererhöhungen wären daher das falsche Mittel. Stattdessen müssen wir bisher ungenutzte Rücklagen im Bundeshaushalt auflösen, Ausgabereste aus den Vorjahren nutzen, und gleichzeitig die Ausgaben kritisch unter die Lupe nehmen. Subventionen wie die E-Auto-Prämie sind abzuschaffen. Im Zuge der Haushaltsberatungen im vergangenen Jahr haben wir dargelegt, dass auf diese Weise die Neuverschuldung deutlich verringert werden kann und gleichzeitig mit Entlastungen für Bürger und Unternehmen ein deutlicher Wachstumsimpuls gesetzt werden kann. Nähere Informationen dazu können Sie unserem Infopapier zum Haushalt 2021 entnehmen: https://www.fdpbt.de/infopapier/bundeshaushalt-2021-fragen-und-antworten

Zu Frage A.2:
Private Krankenhausträger sind kein Nachteil für die Daseinsvorsorge. Die Vielfalt öffentlicher, gemeinnütziger und privater Träger gewährleistet ein reichhaltiges Gesundheitsangebot. Jedes Krankenhaus muss unabhängig von seiner Trägerschaft unter den gleichen finanziellen Rahmenbedingungen der dualen Krankenhausfinanzierung arbeiten (die Krankenkassen finanzieren die Betriebskosten, die Länder die Investitionskosten). Der Wettbewerb verschiedener Träger sorgt dafür, dass diese Mittel möglichst effizient eingesetzt werden.
In der Corona-Krise hat sich gezeigt, dass unsere Krankenhauskapazitäten im internationalen Vergleich sehr gut ausgebaut sind. Damit das so bleibt, müssen die Bundesländer ihre Mittel für die Investitionskosten aufstocken, die in den letzten Jahren rückläufig waren.

Zu Frage A.3:
Zum Punkt der Einflussnahme ist zu sagen, dass es in einer freiheitlichen Demokratie jedermann freisteht, an politische Entscheidungsträger heranzutreten, um die eigenen Interessen und Argumente zu vertreten. Wichtig dabei ist Transparenz darüber, welche Interessensgruppen auf welche Weise Einfluss auf die Politik nehmen. Das von der Großen Koalition beschlossene Lobbyregister, in dem sich Interessensvertreter eintragen und über Ihre Finanzierungsquellen sowie Aufwendungen im Bereich der Interessenvertretung Auskunft geben müssen, ist zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung. Dieser geht jedoch nicht weit genug. Zum einen enthält diese Regelung zu viele Ausnahmen für einige große Verbände wie Kirchen, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen. Weiterhin fehlen wirksame Sanktionen, wenn Interessenvertreter ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Außerdem fordern wir in der FDP-Bundestagsfraktion, dass die Stellungnahmen, die Verbände gegenüber der Bundesregierung zu Gesetzentwürfen abgeben, verpflichtend veröffentlicht werden müssen. Dazu darf ich auf folgenden Antrag verweisen: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/157/1915773.pdf

Zur Besteuerung von IT-Konzernen ist festzuhalten, dass aggressive Steuervermeidung keinesfalls ein Problem der Digitalwirtschaft im Speziellen ist. Prominente Fälle wie Starbucks oder IKEA zeigen, dass dieses Problem auch bei internationalen Konzernen mit ganz klassischen analogen Geschäftsmodellen besteht. Um dem entgegenzutreten, unterstützen wir in der FDP-Bundestagsfraktion die Pläne für eine weltweite Mindeststeuer von 15 Prozent, wie sie fast alle OECD-Staaten derzeit verfolgen.

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