Frage an Florian Toncar von Horst H. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Toncar,
ich finde es gut, dass sie sich wenn auch nur als stellvertetendes Mitglied im Finanzausschuss für eine gerechte Verteilung der Abgabelasten der Bürger einsetzen. Dies sollte nicht nur bei den Steuern sondern auch für die Lasten der Gesundheitsversorgung der Bürger gelten. Im Durschschnitt fallen für einen Bürger etwa 250 € /Monat Kosten an. Für die Rentner (und es werden immer mehr) mit Sozialversicherung werden etwa 110 € bezahlt. Der Rest und mehr, da das Risiko bei älteren Personen höher ist, muss von den Beiträgen der anderen Vesicherten getragen werden. Freiwillig Versicherte bezahlen dabei bereits über 500 € für die Krankenversicherung. Die Mitglieder von Privatversicherungen tragen dazu nichts bei. Das Argument, dass diese ja mehr Steuern bezahlen, zieht nicht, da ja auch die bei den gesetzlichen Kassen freiwillig Versicherten zusätzlich Steuern zahlen.
Nun sollte man annehmen, dass Privatkassen leicht einen Basistarif mit vergleichbaren Leistungen unterhalb des Höchstbetrags der gesetzlichen Kassen anbieten können. Weit gefehlt - alle Basistarife der Privatkassen liegen etwa auf dem Niveau des Höchstbetrages der gesetzlichen Kassen. Das zeigt doch deutlich, dass private Kassen nicht wirtschftlicher und vor allem nicht zum Vorteil des Kunden arbeiten. In USA haben die öffentlichen Krankenkassen etwa 5% Verwaltungskosten - die privaten Versicherungen jedoch typisch 15%. Es wäre wohl sinnvoller mit diesem Geld ,die Benachteiligten in der Gesellschaft zu unterstützen. Herr Schwarzenegger führt deshalb in Kalifornien eine Luxus-Versicherungssteuer ein, um einen Teil der gewinne abzuschöpfen.
Sollte die FDP nicht einmal überlegen an welchen Stellen Privatisierung im Staat Sinn macht und an welchen nicht?
Privatisierung hat auch bei Strom und Wasser nicht besseren Service und niedrigere Kosten ausgewirkt. Das Prinzip "Vorteil durch Privatisierung" wird da ebenfalls widerlegt.
Sehr geehrter Herr Henn,
für Ihre ausführliche Nachricht vom 31. Januar 2007 möchte Ihnen danken.
Im Interesse der Bürger ist es auch aus meiner Sicht wichtig, eine gerechtere Verteilung der Lasten der Gesundheitsversorgung zu erreichen und dabei ein nachhaltiges Gesundheitssystem zu entwickeln. Im Gegensatz zu Ihnen bin ich aber der Meinung, dass hierbei die private Krankenversicherung eine zentrale Rolle einnimmt und allen Patientinnen und Patienten offen stehen sollte. Auch teile ich weder Ihre Auffassung, dass die PKV unverhältnismäßig teuer sei, noch die, dass die PKV einen nur unzureichenden Beitrag zu einem solidarischen Gesundheitswesen leiste. Ich halte das Gegenteil für zutreffend und begründe dies gerne.
I. Zunächst einmal muss man sich einige grundlegende Unterschiede zwischen PKV und GKV vor Augen halten, die unmittelbare Auswirkungen auf die Höhe der Beiträge haben:
1. Im Unterschied zur PKV kann sich die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) sich ihre Versicherten nicht aussuchen. Die private Krankenversicherung (PKV) darf dies tun, was dazu führt, dass die Patienten mit einem hohen Krankheitsrisiko und hohen Behandlungskosten häufiger in der GKV zu finden sind.
2. Dem stehen aber eine Reihe deutlicher Benachteilungen der PKV gegenüber:
1. Im Gegensatz zur GKV bilden die PKV Alterrückstellungen. Das ist unverzichtbar, aber teuer.
2. Daneben zahlen Unternehmen der PKV Steuern, was die GKV nicht macht.
3. Auf der Vergütungsseite für medizinische Leistungen sind die Abrechnungssätze bei der PKV um den Faktor 2,3 höher als bei der GKV. Damit finanzieren die Privatversicherten einen wesentlichen Teil unserer guten medizinischen Infrastruktur, von der alle profitieren.
4. Ferner erhält die GKV im Unterschied zur PKV Milliardenzuschüsse aus dem Bundeshaushalt.
Daher kommt es zwischen beiden Systemen zu Verzerrungen, die es unmöglich machen, die Beitragshöhe unmittelbar zu vergleichen. Allerdings besteht Grund zur Annahme, dass die PKV bei gleichen Wettbewerbsbedingungen wirtschaftlicher wäre.
II. Was wir brauchen, ist ein System:
1. in dem eine gute Versorgung aller Versicherten im Mittelpunkt steht,
2. das Wahlfreiheit sicherstellt,
3. das Anreize zu kostenbewusstem Verhalten gibt,
4. das nachhaltig ist
5. und nicht allein den Faktor Arbeit belastet.
III. Wenn man vergleicht, wie gut die heutige GKV und die heutige PKV diesen Anforderungen gerecht werden, sehe ich klare Vorteile bei der PKV. Bestünden diese Vorteile nicht, würde sich im Übrigen ja auch niemand dort versichern.
Folgende Maßnahmen halte ich im Bereich der Krankenversicherung für angezeigt:
1. Der Arbeitgeberbeitrag wird Arbeitnehmen als Lohnbestandsteil ausgezahlt.
2. Jedem Menschen muss eine Basis-Krankenversicherung angeboten werden. Er hat dabei das Recht, im Bereich des Basisschutzes ohne Gesundheitsprüfung oder Differenzierung nach bestimmten Merkmalen (z.B. Geschlecht, Alter) bei einer Versicherung seiner Wahl aufgenommen zu werden (Kontrahierungszwang).
3. Wer aus finanziellen Gründen keine Versicherung abschließen kann, bekommt dafür Zuschüsse vom Steuerzahler. Gleiches gilt für die Versicherung von Kindern.
4. Jenseits der Basis-Absicherung besteht Wahlfreiheit hinsichtlich weiterer Leistungen.
5. Alle Versicherungen werden verpflichtet, für die Versicherten Alterrückstellungen zu bilden.
6. Der Wechsel der Versicherung ist – unter Mitgabe der Altersrückstellungen – im Bereich der Basisabsicherung ohne Nachteile jederzeit möglich.
7. Die ärztlichen Leistungen werden einheitlich vergütet; das Vergütungsniveau wird zwischen den heutigen Sätzen für GKV und PKV angesiedelt.
Diese Maßnahmen würden helfen, das hohe Niveau unserer Gesundheitsversorgung zu erhalten und vor allem auch in einer Gesellschaft mit einer ganz anderen Altersstruktur als heute weiterhin zu finanzieren.
IV. Auf Ihre Anmerkung zum Thema „Privatisierung“ will ich abschließend eingehen. Generell begründet für mich eine Aufgabenerfüllung durch Private die Vermutung, effizienter zu sein. Denn Private müssen sich schneller anpassen und auf die Kosten achten, da ihnen sonst die Insolvenz droht. Außerdem haben Private – anders als der Staat – nicht die Möglichkeit, sich immer wieder einseitig (Steuern, Abgaben, Gebühren) Geld zu besorgen, wenn das vorhandene nicht ausreicht. Dies sind strukturelle wirtschaftliche Vorteile des Privatsektors, die es immer geben wird. Verstärkt werden sie dort, wo es Wettbewerb gibt, weil dieser zu einer noch schnelleren Anpassung von Leistungen und Kosten zwingt. Ordnungspolitisches Ziel muss daher die Schaffung von Wettbewerb unter privaten Anbietern sein.
Natürlich gibt es zahlreiche Bereiche, wo der Staat aus übergeordneten Gründen gefragt ist – sei es als “Monopolist“ (z.B. bei Polizei, Bundeswehr, Justiz) oder sehr viel häufiger – als Garant dafür, dass Markt und Wettbewerb sich unter Bedingungen entfalten, die dem Gemeinwohl nützlich sind (z.B. durch Einführung eines Kontrahierungszwangs im Krankenkassenbereich wie oben vorgeschlagen). Aus rein wirtschaftlichen Erwägungen wird sich aber im seltensten Fall eine staatliche Aufgabenerfüllung aufdrängen.
Diesen Befund sehe ich auch durch die von Ihnen genannte Beispiele Strom und Wasser nicht widerlegt: Beim Strom gibt es Monopolisierungstendenzen der großen Anbieter, aber eine Vielzahl von kleineren Anbietern, die den Markt bereichern und teils deutlich billiger sind. Am Ende müssen aber die Verbraucher auch selbstbewusst von ihren Rechten Gebrauch machen, z.B. indem sie den teuren Anbieter dann auch verlassen. Beim Wasser wiederum gibt es keinen Wettbewerb, also auch bei privater Aufgabenerfüllung oft nicht genug Anreize für sinkende Preise.
Ein weiteres Beispiel: die staatliche Bundesbahn erwirtschaftete 1992 einen Verlust von 13 Mrd. DM, als private Bahn AG erzielte sie im Jahr 2006 einen Gewinn von 1 Mrd. Euro. Die FDP will diesen Effekt durch Wettbewerb auf der Schiene zugunsten der Verbraucher weiter verbessern.
Ich hoffe, dass Ihnen diese Ausführungen die prinzipiellen Vorteile von mit Wettbewerb gekoppelten Privatisierungen sowie das Gesundheitskonzept der FDP näher gebracht haben. Es ist ein Konzept, das die Bedürfnisse des Einzelnen in seiner Doppelrolle als Versicherter und als Patient in den Vordergrund stellt. Nicht nur verbindet es die Leistungskraft des Marktes mit der Solidarität zwischen Gesunden und Kranken. Es macht unser Gesundheitssystem auch fit für die demographischen Veränderungen, die die Zukunft bringen wird. Da es die Gesundheitsleistungen vom Faktor “Arbeit“ abkoppelt, entlastet es zudem die Arbeitskosten und trägt zum Aufbau von Beschäftigung bei.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Toncar