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Florian Toncar
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Frage von Helfried D. •

Frage an Florian Toncar von Helfried D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Toncar,

was sagen Sie dazu, daß anerkannten Asylanten, denen bei ihrer Ankunft in der Bundesrepublik bestimmte Leistungen gesetzlich zustanden und ihnen auch schriftlich bescheinigt worden sind, diese Leistungen nachträglich gestrichen wurden, wodurch sie teilweise materiell erheblich schlechter gestellt sind, als wären sie in ihren Herkunftsgebieten geblieben?

So geschehen und vom Sozialministerium laufend praktiziert z.B. mit Übersiedlern aus der DDR, die vor dem Mauerfall in die Bundesrepublik gekommen sind und die gemäß §3 Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz als Sowjetzonenflüchtlinge anerkannt wurden, teilweise bereits viele Jahre Bundesbürger waren, und denen Leistungen aus dem Fremdrentengesetz zustanden, durch Änderungen im SGB VI dies Leistungen nicht mehr erhalten und dadurch jetzt häufig schlechter gestellt sind als ihre Schwestern und Brüder, die in der DDR gewartet haben, bis sich die politischen Verhältnisse zum Besseren wenden.
Eine genaue Darstellung dieser Vorgänge, die vom Bundestag (12. Wahlperiode) nachweislich unbeabsichtigt beschlossen worden sind, würde diesen Rahmen sprengen, ich kann sie Ihnen aber gern auf anderem Wege zukommen lassen.

Sofern Sie diese Manipulation am Gesetzgeber für unakzeptabel halten, was wollen Sie tun, um diese Ungerechtigkeit an den Flüchtlingen, die außer ihrer sehr willkommenen Arbeitskraft oft nicht mehr mitbrachten als was sie bei sich trugen, zu beseitigen?

Mit freundlichen Grüßen

Helfried Dietrich

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Dietrich,

ich verstehe Ihren Unmut über die Absenkung der Leistungen. Jedoch teile ich Ihre Position, dass eine Manipulation stattfand, nicht. Eine rückwirkende politische Maßnahme, die Betroffenen Ansprüche und Vermögenspositionen entzieht, ist immer unbefriedigend. Jedoch ist zu bedenken, dass das Fremdrentengesetz (FRG) für die Übersiedler aus der DDR im Unwissen um die Wiedervereinigung geschaffen wurde. Die Rentenberechnung nach dem FRG war ein politisches Hilfsmittel, da man die wirklichen wirtschaftlichen und rentenrechtlichen Verhältnisse in der damals noch existierenden DDR nicht kannte. Die Rentenberechnung fiel großzügig aus, da einfach je nach geleisteter Arbeit westdeutsche Rentenanwartschaften gutgeschrieben wurden.

Mit der Wiedervereinigung erlangte man aber genauere Kenntnisse über die tatsächlichen einkommens- und rentenrechtlichen Verhältnisse. So konnte der Gesetzgeber eine realitätsnähere Bewertung der rentenrechtlichen Positionen der Betroffenen vornehmen. Daher entschied er sich 1993, nicht nur die Bürger in den neuen Bundesländern, sondern auch die Übersiedler aus der Zeit vor 1990, jedenfalls ab Jahrgang 1937, in das Rentenüberleitungsgesetz einzubeziehen. Dies war letztlich eine Abwägungsentscheidung zwischen Bestandsschutz und einer realistischeren und finanzierbaren Rentenberechnung. Im Zuge dieser Angleichung fand eine Vereinheitlichung statt, um kein paralleles Rentenrecht zu schaffen. Die praktizierte Stichtags- und Vertrauensschutzregelung verstößt auch nicht gegen den Eigentumsschutz des Artikels 14 Grundgesetz, da die gutgeschriebenen Anwartschaften nach Fremdrentengesetz nicht dem Eigentumsschutz des Artikel 14 unterfallen, sondern die Höhe der Anwartschaften politisch festgelegt war. Das Bundessozialgericht und das Bundesverfassungsgericht haben die Stichtags- und Vertrauensschutzregelung nicht beanstandet.

Auch wenn ich Ihnen keine in Ihrem Sinne positive Antwort geben kann, werbe ich um Ihr Verständnis für diese Position.

Mit freundlichen Grüßen

Florian Toncar

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