Frage an Florian Toncar von Alexander W. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Toncar,
angesichts des Wahlkampfes Ihrer Partei einige Fragen:
Warum ist die FDP die Partei, die jetzt auf die Krise am besten reagieren kann, wo sie doch schon immer die heute fragwürdig erscheinenden Rahmenbedingungen des jüngst beinahe zusammengebrochenen Finanzsystem gutgeheißen hat?
Warum begrüßt die FDP staatliche Hilfen für in Schieflage geratene Unternehmen, wo sie doch einerseits stets den freien Markt propagiert und andererseits in ihren Wahlversprechungen keinerlei Bereitschaft zeigt, ihn zur Gegenfinanzierung der Ausgaben angemessen zu finanzieren? Wo würden diese Gelder im Falle von Steuererleichterungen herkommen?
Warum versucht die FDP als einzige Partei im aktuellen Wahlkampf so zu tun, als könne man so weitermachen wie bisher?
Warum sollte ein Geringverdiener FDP wählen, wenn die kleine Steuerersparnis durch die im Zuge des Sozialabbaus voraussichtlich steigende Sozialabgaben in der öffentlichen Krankenkasse mehr als aufgewogen werden?
Wo sieht die FDP ihre Politik und ihre Wähler innerhalb der nach dem Solidaritätsprinzip funktionierenden Gesellschaft in diesem Land?
Über eine Beantwortung dieser Fragen würde ich mich ehrlich freuen. Mit den besten Grüßen
Alex Weisshappel
Sehr geehrter Herr Weisshappel,
gerne beantworte ich Ihre Fragen.
Die FDP hat sich seit jeher für einen schlanken und gleichzeitig auch starken Staat ausgesprochen, der ordnungspolitische Rahmenbedingungen wie Transparenz und Haftung für einen gut funktionierenden Finanzmarkt sicherstellen soll. Dazu gehört insbesondere auch eine funktionierende staatliche Bankenaufsicht. Die mangelnde Schlagkraft der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) haben wir seit Jahren schon kritisiert. Der von uns mit durchgesetzte Untersuchungsausschuss zur HRE hat die Defizite der deutschen Bankenaufsicht deutlich offengelegt. Darüber hinaus haben wir schon seit Jahren den Rückzug aus dem krisengeschüttelten Landesbankensektor gefordert. Nennen Sie mir auf der anderen Seite doch nur eine einzige sinnvolle Regel auf dem Finanzmarkt, deren Abschaffung die FDP in den letzten Jahren gefordert hat.
Die Stabilisierung des Finanzmarkts durch staatliche Eingriffe hielt die FDP für alternativlos, weil es ansonsten zu einer katastrophalen Krise der gesamten Volkswirtschaft gekommen wäre. Dabei gilt aber - das unterschlagen Sie - das Prinzip "Keine Leistung ohne Gegenleistung": Banken müssen staatliche Garantien und Einlagen verzinsen. Bisher hat der Staat an der Bankenrettung sogar mehrere hundert Millionen Euro verdient. In wirtschaftlich besseren Zeiten sollen die staatlichen Kapitalbeteiligungen wieder verkauft werden - potentiell sogar mit Gewinn für den Staat.
Erwähnenswert erscheint mir außerdem, dass fast die Hälfte des Kapitals, das der Staat im letzten Jahr in Banken investiert hat (18 von 41 Mrd. Euro), für die Rettung der staatlichen Landesbanken verwendet wurde. Hinzu kamen noch ca. 8 Mrd. Euro Ausfall durch die Beinahe-Pleite der in staatlichem Miteigentum stehenden IKB. Das zeigt deutlich, dass staatlich geführte Banken strukturell ein Risiko sind. Das wiederum scheint Sie aber gar nicht zu beschäftigen.
Obwohl die FDP Fehlentwicklungen etwa bei der Bankenaufsicht und den Landesbanken schon seit Jahren gesehen hat, hat sie - wie alle anderen Parteien auch - aus der Krise Konsequenzen gezogen und sieht politischen Handlungsbedarf. Um die Antwort nicht zu lang werden zu lassen, verweise ich einfach auf unser Wahlprogramm: http://www.deutschlandprogramm.de/webcom/show_article.php/_c-1213/_nr-4/i.html, Seite 10-12, sowie den Beitrag zum Finanzmarkt auf meiner persönlichen Homepage: http://www.toncar.de/finanzen.html. Sie sollten also meines Erachtens zukünftig nicht mehr -quasi ins Blaue hinein- behaupten, die FDP wolle so weitermachen wie bisher. Denn das wäre dann ja wider besseres Wissen.
Sie fragen danach, was die FDP für Geringverdiener tut. Diese wurden von CDU/CSU und SPD durch die Mehrwertsteuererhöhung und eine staatslastige Sozialpolitik (Stichwort: Gesundheitsfonds) belastet und nicht von uns. Wir wollen die Sozialabgaben wieder auf ein vernünftiges Maß bringen, indem wir beispielsweise in der Gesetzlichen Krankenversicherung den Beitragswettbewerb zwischen den Kassen wieder herstellen. Der überhöhte Einheitsbeitrag, den das immer stärker staatsdominierte Gesundheitswesen den Versicherten abverlangt, trifft ja genau die Geringverdiener. Und denjenigen, die staatliche Leistungen empfangen und gleichzeitig arbeiten (z.B. sog. ALG II-Aufstocker) wollen wir im Rahmen unseres Bürgergeldmodells großzügigere Zuverdienstmöglichkeiten einräumen. Wer arbeitet, muss den wesentlichen Teil des Verdienstes behalten dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Toncar