Frage an Florian Toncar von christian k. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Toncar,
in Ihrer jüngsten Presseerklärung zu den Vorgängen im Iran :
Die Menschenrechte der Iraner sind keine Verhandlungsmasse erklärten Sie , unter anderem:
"Die Bundesregierung darf gegenüber diesem Hardliner-Regime nicht zur Tagesordnung übergehen, sondern muss deutlich machen, dass eine rote Linie überschritten wurde. Die Menschenrechte der Iraner sind keine Verhandlungsmasse."
http://www.fdp-fraktion.de/webcom/show_websiteprog.php?wc_c=649&wc_lkm=566&wc_id=12721&bis=
Jetzt frage ich mich warum Sie noch keine Presseerklärung zu den Vorgängen in Honduras abgegeben haben, dort gab es einen Putsch , und ein hardliner regime hat dort die Führung übernommen. Menschen werden ermordet weil sie dem Regime nicht genehm sind.
Ist Ihnen etwa auch entgangen dass die FDP-nahe Friedrich Naumann Stiftung die Putschisten unterstützt hat ?
http://www.amerika21.de/nachrichten/inhalt/2009/jul/Honduras-89289121-FDP
Mich überrascht auch das Datum Ihrer Pressemitteilung , der 5. August :
am selben Tag , waren doch Vertreter dieses hardliner regimes, auf Einladung der
Friedrich-Naumann-Stiftung (FNS) zu einer Informationsveranstaltung über den Staatsstreich in Honduras in die Räumlichkeiten des Deutschen Bundestages eingeladen.
http://www.amerika21.de/nachrichten/inhalt/2009/aug/fdp_293847_bt
Übrigens ist es nicht so, dass das Verhalten der FNS , auch wenn es in den Medien heruntergespielt wird oder unerwähnt bleibt, nur von linken Gruppierungen kritisiert wird,
Brot für die Welt und die Internationale Menschenrechtsorganisation FIAN , haben diesen Putsch sowie die Einladung an die Putschisten ebenso verurteilt.
http://www.saarbruecker-online-zeitung.de/?p=3793
Wie rechtfertigen Sie Ihre einseitige Haltung zu Menschenrechten, ist Ihr Demokratieverständnis global oder richtet es sich nach der aktuellen Interessenlage , sind die Menschenrechte der Honduraner Verhandlungssache?
Mit freundlichen Grüßen
Christian Kumbier
Sehr geehrter Herr Kumbier,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 07.08.2009.
Für die Liberalen gelten Menschenrechte universell und sind keine Verhandlungsmasse, die nach aktuellen Interessenlagen unterschiedlich behandelt wird.
Was die Ereignisse in Honduras betrifft, so ist fraglich, ob der Begriff „Putsch“, wie Sie ihn verwendet haben, hier zutrifft. Es handelt sich aktuell in Honduras nicht um eine Entwicklung, die mit den Staatsstreichen in Lateinamerika in den 1970er und 1980er Jahren vergleichbar ist.
Im Vorlauf zur Absetzung des honduranischen Präsidenten Manuel Zelaya hatte dieser seine klare Absicht erkennen lassen, die verfassungsrechtliche Begrenzung seiner Amtsführung auf eine Wahlperiode zu durchbrechen. Dazu strebte er an, eine neue Verfassung zu erwirken, die auf seine persönlichen Politikziele hin maßgeschneidert sein sollte. Die anderen Verfassungsorgane von Honduras lehnten dies jedoch ab. So beschloss das frei gewählte Parlament des Landes – übrigens auch mit zahlreichen Stimmen aus der Partei Zelayas – entgegen Zelayas Wunsch kein Referendum über die Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung abzuhalten. Die gewählten Volksvertreter ordneten an, die Wahlurnen für dieses ungesetzliche Referendum einzuziehen. Daraufhin setzte sich Manuel Zelaya über diese Entscheidung des honduranischen Parlaments hinweg und verschaffte seinen Anhängern auf gewaltsame Weise Zugang zu den betreffenden Wahlurnen, um das Referendum trotzdem durchzuführen. Dieses Verhalten Zelayas, das den Willen des Parlaments missachtet, war ein klarer Bruch der verfassungsmäßigen Gewaltenteilung des Landes.
Als Reaktion auf dieses verfassungswidrige Vorgehen verfügte der Oberste Gerichtshof des Landes die Amtsenthebung des Präsidenten. Die große Mehrheit der Mitglieder des frei gewählten Parlaments stimmte dem zu (wiederum mit der Unterstützung von zahlreichen Abgeordneten aus Zelayas eigener Partei). Da die Verfassung von Honduras kein formelles Amtsenthebungsverfahren etwa in Form eines „Impeachment“-Verfahrens oder eines konstruktiven Misstrauensvotums definiert, ließen sie den Präsidenten eiligst außer Landes bringen. Dieses Vorgehen in einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ ist zweifellos kritikwürdig und äußerst bedenklich. Ein rechtsstaatliches Vorgehen zur geordneten Amtsenthebung wäre der richtige Weg gewesen.
Im Anschluss wurde der in der verfassungsmäßigen Folge rechtmäßige Nachfolger – der Parlamentspräsident – vom Parlament zum Übergangspräsidenten benannt. Dieser bereitet jetzt Neuwahlen vor. Das Parlament und die Übergangsregierung führen ihre Arbeit bis zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäß fort. Es herrscht also keine Militärregierung, wie dies in früheren Zeiten auf tragische Weise vielerorts in Lateinamerika der Fall war. Die überwältigende Mehrheit der honduranischen Bevölkerung befürwortet die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs und das Verhalten des Parlaments.
Daher hat es auch keine mit dem Iran vergleichbaren Massenproteste gegeben, die gewaltsam von der Regierung aufgelöst wurden. Ferner ist es in Honduras bisher auch nicht zu Verhaftungswellen und Schauprozessen gekommen, wie dies im Iran der Fall ist. Insofern ist Ihr Vergleich der menschenrechtlichen Lage der beiden Länder völlig unpassend.
Es bleibt zu hoffen, dass die von Friedensnobelpreisträger Oscar Arías geführten Vermittlungsgespräche zu einer konstruktiven Lösung zwischen den Konfliktparteien beitragen. Auch Vertreter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) wollen hierzu nach Honduras reisen. Der beste Ausweg aus der politischen Krise wäre, möglichst rasch durch geordnete Neuwahlen eine neue Regierung zu bilden, die von der gesamten Bevölkerung des Landes als legitim anerkannt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Toncar