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Florian Toncar
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Frage von Kai K. •

Frage an Florian Toncar von Kai K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Toncar,

leider ist mir trotz ihrer bisherigen Ausführungen immer noch nicht klar, wie sie grundsätzlich zu den Internetsperren gegen Kinderpornographie stehen.
In einer früheren Antwort ( http://tinyurl.com/plnn7d ) auf diese Frage erklärten Sie:

"Die Sperrung bestimmter Domain-Namen ist ein technisch machbarer Weg. (...) Die Alternative, Seiten von denen die Behörden wissen, dass dort kinderpornographische Inhalte gezeigt werden, zugänglich zu belassen, ist im Übrigen ebenfalls sehr unbefriedigend. (...) Hingegen besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem Missbrauch von Kindern zu pornographischen Zwecken und dem Betrieb der entsprechenden kommerziellen kinderpornographischen Webseiten. Die Verletzung der Würde des Kindes wird durch die öffentliche Darstellung des Missbrauchs weiter verschärft. Das rechtfertigt es meiner Auffassung nach, gezielt gegen solche Angebote im Internet vorzugehen."

Nun haben Sie aber in einer neueren Antwort erklärt, dass sie (doch) gegen die Sperr-Pläne der Bundesregierung sind.
In Anbetracht Ihrer früheren Äußerungen, dass Sie das Vorhaben von Ursula v.d. Leyen, Internetseiten zu sperren für "völlig berechtigt halten" ( http://tinyurl.com/covang ),
frage ich Sie, ob sie lediglich (aus handwerklichen Mängeln) gegen den aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung sind, im Übrigen aber der Sperrung von Kinderpornographie-Internetseiten offen gegenüberstehen bzw. diese befürworten (damit meine ich nicht die Abschaltung der gehosteten Webseite selbst, die selbstverständlich erfolgen muss).
Oder sind Sie jetzt doch auch grundsätzliche gegen jede Form von Internet-Sperren?

Für die Beantwortung meiner Frage verbleibe ich mit bestem Dank und
freundlichen Grüßen

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr König,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 15. Mai 2009.

Kinderpornographie ist ein abstoßendes Verbrechen, das schutzlose Kinder in besonders erniedrigender Form sexueller Ausbeutung preisgibt. Daher ist das Verbot auch des Besitzes von Kinderpornographie sinnvoll und richtig. Der Kampf gegen die Kinderpornographie ist ein Anliegen, das nicht erst mit der Verbreitung des Internets entstanden ist, sondern bereits seit vielen Jahren besteht. Auch gegen andere Verbreitungswege von Kinderpornographie, etwa in Form von Zeitschriften, CDs oder VHS-Videokassetten, gehen die deutschen Strafverfolgungsbehörden seit jeher vor.

Wegen der zunehmenden Verbreitung von Kinderpornographie durch neue Medien wie das Internet muss der Staat auf diese technische Entwicklung reagieren. Das von der Bundesregierung vorgelegte Gesetz zur Sperrung von DNS-Adressen durch Internetprovider ist jedoch nicht in der Lage, dem Problem effektiv zu begegnen. Die Sperrung von DNS-Adressen ist einfach umgehbar und ignoriert die Hauptverbreitungswege kinderpornographischen Materials durch peer-to-peer-Netzwerke.

Während die durch den Gesetzgeber vorgeschlagene Sperrung von DNS-Adressen nur die „Wegweiser“ im Internet zu den kinderpornographischen Webseiten blockiert und am Symptom herumdoktert, ist es notwendig, die Inhalte selbst zu löschen. Das bestehende Strafrecht ermöglicht es schon heute, kinderpornographische Inhalte zu löschen und gegen die Urheber vorzugehen. Bei auf ausländischen Servern eingestellten kinderpornographischen Inhalten müssen die deutschen Strafermittlungsbehörden verstärkt Rechtshilfegesuche an die betreffenden Staaten richten. Da sich dies zumeist im Hinblick auf westliche Staaten wie USA, Kanada und andere EU-Staaten bezieht, sind hier ausreichende Kooperationsmöglichkeiten geben.

Der Vorstoß von Familienministerin von der Leyen ist bei näherer Prüfung nicht geeignet, Kinderpornographie wirksam zu bekämpfen. Vielmehr muss die Polizei das bestehende Recht konsequent anwenden und verstärkt mit anderen Staaten zusammenarbeiten, um diesem Verbrechen entschlossen zu begegnen. Dazu muss die Polizei ausreichende finanzielle und personelle Mittel zur Verfügung gestellt bekommen.

Sie haben im Übrigen richtig beobachtet, dass ich mich in früheren Äußerungen gegenüber der Seitensperrung offener gezeigt habe als heute. Das liegt unter anderem daran, dass man mir mit überzeugenden Argumenten die technische Wirkungslosigkeit dieses Ansatzes dargelegt hat. Der Sinn eines Gesetzgebungsverfahrens besteht ja auch darin, dazuzulernen.

Die FDP hat auf ihrem 60. Ordentlichen Parteitag ebenfalls einen Beschluss gefasst, der die geplanten Internetsperren ablehnt und weitere Handlungsvorschläge aufzeigt. Den Text finden Sie hier: http://60.parteitag.fdp.de/files/3607/B-60BPT-D2.pdf

Mit freundlichen Grüßen

Florian Toncar

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