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Filiz Polat
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Frage von Miriam L. •

Frage an Filiz Polat von Miriam L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Polat,

mit welchem Bevölkerungswachstum rechnen die Grünen in Deutschland kurz- und mittelfristig? Die Zeit titelte am 14.03.2016 "93 Millionen werden wir sein - Durch Zuwanderung werden in 50 Jahren mehr Menschen in Deutschland leben denn je." Sind das auch die Zahlen von denen die Grünen ausgehen?
Wie würde sich das Bevölkerungswachstum entwickeln, wenn die Grünen auf nationaler Ebene Ihre Vorstellungen bei der Flüchtlings- und Migrationspolitik umsetzen könnten?

Mit freundlichen Grüßen

M. L.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau L.,

Sie beziehen sich in Ihrer Frage auf einen Artikel in der Zeit (https://www.zeit.de/2016/10/demografie-bevoelkerungsentwicklung-deutschland-migration-wachstum), in dem hypothetisch eine zunehmende Migration skizziert wird, die zu einem Bevölkerungswachstum auf 93 Millionen führt. Diese Zahlen beziehen sich jedoch nicht auf derzeitige statistische Prognosen, was der Autor auch selbst betont.

Viele seiner Begründungen sind zwar sehr allgemein, aber vor allem im letzten Abschnitt spricht er einen wichtigen Punkt an und zwar, dass weniger die genaue Zahl im Zentrum stehen sollte, sondern dass wir eine Infrastruktur in Deutschland benötigen, die einer Einwanderungsgesellschaft gerecht wird. Dass Deutschland in Zukunft Einwanderung benötigt ist ein Fakt. So stellt die Bertelsmann Stiftung in einer Studie fest, dass Deutschland jährlich einen Bedarf an mindestens 260 000 ausländischen Zuwanderern und Zuwanderinnen benötigt. Dies wäre selbst der Fall, wenn beispielsweise die Geburtenrate steigen würde oder das Renteneintrittsalter erhöht werden sollte (Weitere Informationen: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2019/februar/deutscher-arbeitsmarkt-auf-aussereuropaeische-zuwanderung-angewiesen/). Deutschland ist und bleibt ein Einwanderungsland, dass auf zusätzliche Arbeitskräfte aus Drittstaaten angewiesen ist. Dafür bräuchte es umfassende Änderungen auf gesetzlicher Ebene, aber auch bei der Rechtsumsetzung. Als Politikerin ist es daher meine Aufgabe aufgrund dieser Entwicklungen eine kohärente Einwanderungs- und Migrationspolitik zu gestalten.

Zwar bekennt sich mittlerweile auch die CDU zum Einwanderungsland Deutschland, doch statt ein richtiges Einwanderungsgesetz einzubringen, blieb der große Wurf mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz der Bundesregierung aus. Neue Regelungen, wie zum Beispiel die Ausbildungs- oder Beschäftigungsduldung werden sehr wahrscheinlich zu Einzelfallregelungen verkommen. Gleichzeitig werden durch das sogenannte „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ sinnvolle gesetzliche Änderungen konterkariert.

Als grüne Bundestagsfraktion haben wir im Dezember 2018 einen eigenen Entwurf für ein Einwanderungsgesetz eingebracht und dies als Gegenentwurf zum Gesetz der GroKo präsentiert. Das Herzstück unseres Gesetzes ist eine Talentkarte, die integrationsfähigen Einwander*innen auf Basis eines Kriterien geleiteten Punktesystem die Möglichkeit gibt, für ein Jahr nach Deutschland zu kommen, um sich einen Job zu suchen. Weiter beinhaltet unser Gesetz eine unbürokratische Definition von Fachkraft in Verbindung mit einer klaren Regelung von Einwanderungsvoraussetzungen. Die dauerhafte Abschaffung der Vorrangprüfung mit einer gleichzeitigen Beibehaltung der Prüfung der Gleichwertigkeit der Geschäftsbedingungen erleichtert eine faire Zuwanderung, von der alle profitieren können. Anstatt nur bereits qualifizierte Zuwanderer nach Deutschland zu holen, wollen wir auch Bildungsmigration für Studierende, Auszubildende und Menschen, die sich weiterbilden möchten, unkompliziert regeln und fördern. Deutschland braucht aber auch Lösungen für Menschen, die bereits hier sind. So wollen wir Asylsuchende und Geduldete besser in den Arbeitsmarkt integrieren. Damit die Integration von Einwandernden insgesamt besser gelingt, muss Rechtssicherheit geschaffen und der Familiennachzug verbessert werden. Unser Einwanderungsgesetz berücksichtigt nicht nur die Anliegen Deutschlands und ist daher weitsichtiger. Wir stellen die Menschen in den Mittelpunkt und erkennen an, dass Migration kein statischer Prozess ist, sondern nur ein zirkuläres Verständnis von Migration dazu führt, dass Deutschland, die Herkunftsstaaten und eben auch die Einwandernden von Migration profitieren. Neben nationaler Einwanderungspolitik lenken wir aber auch den Blick auf die Bundesländer und die Kommunen. So schaffen wir Regelungen, die die Bundesländer und Kommunen bei der Aufnahme von Geflüchteten unterstützen.

All diese Vorschläge würden dazu beitragen, dass Deutschland als Einwanderungsland attraktiver wird. Wie sich dies genau auf das deutsche Bevölkerungswachstum auswirken würde, ist valide aktuell nicht zu quantifizieren. Mir geht es darum zielgerichtete Politik zu machen, die den Entwicklungen einer Einwanderungsgesellschaft gerecht wird. Mit zielgerichteten und sinnhaft umgesetzten Maßnahmen können wir als Einwanderungsgesellschaft und damit als Land profitieren

Viele Grüße nach Osnabrück,
Filiz Polat

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