Guten Tag Herr Schreiner, ich würde gerne wissen wie Sie zur zusammenarbeit mit der AfD stehen und wo Sie unterschiede zur ehemaligen Centrumspartei und deren Verhalten in den 30gern sehen.

Sehr geehrter Herr J.,
für Ihre Nachricht vor dem Hintergrund der Debatten im Deutschen Bundestag über die Migrationspolitik danke ich Ihnen. Ich danke Ihnen, dass Sie mich kontaktieren, Ihre Position darlegen und mir auf diesem Weg die Möglichkeit geben, meine Haltung weitergehend zu erläutern und manch weitere wichtige Aspekte aus den vergangenen Tagen auszuführen.
Die vergangene Woche im politischen Berlin war geschuldet den abscheulichen Attentaten von Magdeburg und Aschaffenburg. In den letzten Tagen haben im Deutschen Bundestag zwei zentrale Debatten zum Thema Migrationspolitik stattgefunden. Zunächst ging es um einen Entschließungsantrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Ein Entschließungsantrag beinhaltet Ziele oder Absichten. Eine Zustimmung dazu signalisiert, ob man politische Entscheidungen treffen möchte, mit denen diese Ziele erreicht werden könnten. Der Entschließungsantrag umfasste fünf Punkte. Kern dieser fünf Punkte ist, dass der Bund Maßnahmen ergreifen soll, damit ausreisepflichtige Personen auch tatsächlich aus Deutschland ausreisen. Hierfür sollen Strukturen geschaffen und die Bundespolizei gestärkt werden. Konkret geht es auch darum, dass z.B. straffällige ausreisepflichtige Personen oder Gefährder zeitlich unbefristet in Ausreisearrest genommen werden sollen. Dieser Antrag hatte gegen die Stimmen von SPD und Grünen eine Mehrheit im Deutschen Bundestag erhalten.
Am vergangenen Freitag ging es im Deutschen Bundestag um einen konkreten Gesetzesvorschlag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Dieser beinhaltet drei Maßnahmen, mit denen die Migrationspolitik geordnet werden soll. Zum einen soll die Bundespolizei gestärkt werden, damit sie eigenständig Haftbefehle für Abschiebehaft oder Ausreisegewahrsam beantragen kann. Zum anderen soll der Familiennachzug ausgesetzt werden. Diese Maßnahme zielt darauf ab, dass wir einen der wesentlichen Gründe, warum Menschen ohne bleibe Perspektive nach Deutschland kommen wollen. Wenn wir diesem "Pull-Faktor" entgegenwirken, wird sich auch die illegale Migration reduzieren. Als dritte Maßnahme sieht der Gesetzesvorschlag vor, dass wir eine Begrenzung der Migration als ein Ziel der Migrationspolitik festschreiben. In den vergangenen (nunmehr fast zehn) Jahren hat die Gesellschaft in unserem Land, die Landkreise, die Gemeinden und viele Ehrenamtliche großes geleistet, um Geflüchteten zu helfen. Seit geraumer Zeit stoßen wir an die Grenzen der Belastbarkeit und vor allem der Machbarkeit. Aufnahmekapazitäten und die Versorgungskapazitäten in den Landkreisen und Gemeinden sind ausgeschöpft. Dabei ist mir der Aspekt der Menschlichkeit wichtig. Es geht darum, die Menschen in unserem Land gut zu versorgen. Das trifft auf die Geflüchteten, wie auch die Bürgerinnen und Bürger zu. Wenn die Kapazitäten erschöpft ist, geht es nicht mehr. Öffentliche Einrichtungen sind am Limit und zum Teil schon darüber. In den Gesprächen mit Vertretern von Kindertagesstätten und mit Grund- sowie weiterführenden Schulen erfahre ich schon seit langem, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über lange Zeit mehr geleistet haben, als sie müssten.
Was man wissen muss, bevor man urteilt: Die CDU/CSU-Fraktion hat mit dem Zustrombegrenzungsgesetz bereits im September 2024 Vorschläge im Deutschen Bundestag gemacht. Er wurde im Innenausschuss mit der Ampel-Mehrheit abgelehnt. Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages erlaubt es nun, dass jede Fraktion einen solchen Gesetzentwurf wieder auf die Tagesordnung des Deutschen Bundestages setzen kann, auch wenn dieser nicht von ihr selbst stammt. Die AfD kündigte an, dies zu tun. Aufgrund der zerbrochenen Ampel wären wir gezwungen gewesen, gegen unseren eigenen Antrag zu stimmen. Das kann von keiner Fraktion erwartet werden. Nur deshalb haben wir den Antrag auf die Tagesordnung gesetzt und einen Kompromiss mit SPD und Grünen gesucht, nicht aber mit der AfD. Wenn wir jetzt von SPD und Grünen in die Nähe der AfD gerückt werden, zeigt dies, wie absurd und wie falsch die Debatte ist.
Wichtig ist, dass wir in der Migrationspolitik konkret sind, über welche Aspekte wir sprechen. In den vergangenen Tagen ging es für uns als CDU/CSU um die illegale Migration. Als CDU stehen wir für eine weltweite Solidarität und für Menschlichkeit. Allein im Jahr 2024 wurden fast 230.000 Asylerstanträge gestellt. 1 Million Syrer und fast 300.000 Afghanen halten sich mittlerweile in Deutschland auf. Wir haben über eine Millionen Menschen aus der Ukraine aufgenommen. Und um all denen, die tatsächliche schutzberechtigt sind, helfen zu können, braucht es eine Begrenzung.
In den Diskussionen und Abstimmungen wurde deutlich, dass wir als Union handeln wollen, um illegale Migration zu reduzieren. Ziel ist es, dass wir dann auch die Kapazitäten wieder erlangen, um den Menschen, die tatsächlich schutzbedürftig sind, helfen zu können. Die öffentlichen Einrichtungen, die Geflüchtete betreuen und helfen, dass sie sich integrieren können, brauchen diese Kapazität dafür.
Wir müssen in der Migrationspolitik wieder klare Regeln schaffen bzw. bereits bestehende Regelungen umsetzen. Wir können und dürfen uns nicht mehr leisten, dass ausreisepflichtige Personen, die keine Aufenthaltsberechtigung mehr in Deutschland haben, und zudem Straftäter sind, weiter in Deutschland leben. Das sorgt für gesellschaftlichen Sprengstoff.
In den Diskussionen wurde auch deutlich, dass wir als CDU für Ordnung eintreten. Das ist eine grundlegende Haltung, die auch auf andere Politikbereiche zutrifft. Die vergangene Woche hat gezeigt, welche Partei wie zur Migration steht. Wir müssen wieder ordnen, steuern und begrenzen und dazu braucht es wirksame Maßnahmen. Und auch wenn die Maßnahmen unbequem sind, können wir nur dann die bestehenden Schwierigkeiten lösen, wenn wir die erforderlichen Maßnahmen auch umsetzen. Deshalb müssen sich SPD und Grüne bewegen. Ansonsten werden die Ränder in Deutschland noch mehr gestärkt und die demokratische Mitte weiter geschwächt. So weit darf es nicht kommen.
Abschließend ist es mir ein persönliches und sehr wichtiges Anliegen, das Verhältnis zur AfD noch einmal klarzustellen. Wer den Entschließungsantrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion liest, wird einen ganzen Absatz lesen, der sich der AfD widmet. Dabei wird in wenigen Sätzen deutlich, dass wir als Union keine Zusammenarbeit mit der AfD wollen. Hier füge ich Ihnen die Passage ein: „Wer die illegale Migration bekämpft, entzieht auch Populisten ihre politische Arbeitsgrundlage. Die AfD nutzt Probleme, Sorgen und Ängste, die durch die massenhafte illegale Migration entstanden sind, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren und Verschwörungstheorien in Umlauf zu bringen. Sie will, dass Deutschland aus EU und Euro austritt und sich stattdessen Putins Eurasischer Wirtschaftsunion zuwendet. All das gefährdet Deutschlands Stabilität, Sicherheit und Wohlstand. Deshalb ist diese Partei kein Partner, sondern unser politischer Gegner.“
Wir sind in unserem Land in einer Situation, in der es dringend angezeigt ist, zu handeln. Wir können nicht von politischen Entscheidungen Abstand nehmen, die notwendig sind. Wenn wir das machen würden, würden wir uns in die Abhängigkeit der AfD begeben. Zudem können wir nicht zusehen, wie durch Zögern und Zaudern, eine Partei Zuwächse erhält, weil sie diese Situation mit Agitation, Fremdenfeindlichkeit und Verschwörungstheorien für sich ausnutzt.
Vollkommen klar ist, dass die Brandmauer steht. Es gab bzw. gibt keine Absprachen mit der AfD. Eine Koalition wird es ebenso nicht geben. Wir müssen die Probleme des Landes lösen, damit wir das Feuer hinter der Brandmauer wieder kleiner bekommen. Um nichts anderes geht es!
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Antwort die Hintergründe zur vergangenen Sitzungswoche und Gründe für meine Haltung erläutern konnte. Wie bereits eingangs formuliert: Mir ist der Austausch miteinander ein wichtiges Anliegen. Denn nur so können wir die Demokratie stärken.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr
Felix Schreiner