Frage an Felix Martin von Kirsten P. bezüglich Umwelt
Lieber Felix,
was tust Du, um den Ausbau der A 49 zu stoppen, der aus vielerlei Gründen die Reputation der Grünen in ganz Deutschland schädigt:
1) Mit dem Ausbau wird das Pariser Klimaschutzabkommen torpediert, zu dem sich im Grundsatzprogramm frisch bekannt wurde.
2) Mit dem Bau wird die Trinkwasserversorgung von mehreren hunderttausend Menschen gefährdet, v. a. auch durch im Boden lagernden Sprengstoffreste.
3) Die momentanen Planungen entsprechen nicht dem Planfeststellungsverfahren und gefährden noch mehr Bäume und Ackerfläche als ursprünglich angegeben.
4) Der Bundesrechnungshof hat das Projekt schwer gerügt. Und die propagierte Verkehrswende rückt damit gleichfalls in weite Ferne.
Es gibt in ganz Deutschland viele Hunderttausend Menschen, die diese Autobahn aus diesen und weiteren Gründen ablehnen. Und sie haben alle großen Umweltverbände auf ihrer Seite. Sie werden bei der Bundestagswahl sicher überlegen, ob sie ihre Stimme einer Partei geben wollen, die dem Umweltschutz so wenig Priorität einräumt.
Daher: Wirst Du etwas tun, um diesen Bau zu stoppen, solange es möglich ist? Und wenn ja: Was?
Ich freue mich sehr auf Deine Nachricht!
Mit grünen Grüßen
Kirsten Prößdorf
Liebe Kirsten Prößdorf,
auch für mich ist es schwer erträglich zu sehen, wie für eine Autobahn Wälder abgeholzt werden - und das ausgerechnet in einer Zeit des Klimawandels, in der es so dringend auf die Verkehrswende ankäme. Deshalb halte ich den Bau der A49 für falsch.
Die BAB49 ist eine Bundesautobahn. Ihr Bau wurde vom deutschen Bundestag beschlossen, von der Bundesregierung in Auftrag gegeben und ihre gesetzliche Rechtmäßigkeit wurde vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt. Damit haben alle drei Instanzen der Bundesrepublik Deutschland - Legislative, Exekutive und Judikative - dem Bau zugestimmt. Wir Grüne sind und waren immer gegen den Bau der BAB49. Bei allen Abstimmungen im Bundestag haben unsere Abgeordneten gegen den Bau gestimmt. Im September dieses Jahrs wurde genau dort eine Aufkündigung der ÖPP-Verträge zur BAB49 sowie die Einsetzung eines Moratoriums von unseren Abgeordneten beantragt. Leider wurde der Antrag mit den Stimmen von CDU, CSU, SPD, AfD und FDP abgelehnt.
Hessen ist in der Bauverwaltung. Das bedeutet, Hessen muss die bestehende Gesetzeslage umsetzen und damit die BAB49 bauen. Zu entscheiden haben wir das aber nicht. In unserer Demokratie kann sich – aus gutem Grund - niemand aussuchen, an welche Gesetze man sich hält und an welche nicht. Das wäre Willkür. Das bestehende Baurecht ist keine Baupflicht, von diesem gesetzlichen Baurecht könnte aber nur der Bauherr zurücktreten und das ist die Bundesrepublik Deutschland. Gerade weil wir keine Entscheidungshoheit über den Bau einer Bundesautobahn haben kann in Hessen auch weder ein Stopp des Ausbaus, noch ein Moratorium beschlossen werden. Nur der Bauherr - die Bundesrepublik Deutschland - kann einen solchen Stopp beschließen.
In der öffentlichen Berichterstattung haben leider einige Freude daran gefunden den Grünen den schwarzen Peter für dieses unsinnige Verkehrsprojekt zuzuschieben, das in der Vergangenheit vor Allem von SPD, CDU und FDP vorangetrieben wurde. Diese Zuspitzung auf uns Grüne ist vor Allem für diejenigen unfair, die seit Jahren und Jahrzehnten gegen den Bau der BAB49 kämpfen. Wir stehen an der Seite von all denjenigen, die friedlich und auf dem Boden des Grundgesetzes gegen den Ausbau demonstrieren. Insbesondere meine Landtagskollegin Katy Walther sowie meine Bundestagskolleginnen Dr. Bettina Hoffmann sowie Daniela Wagner – aber auch viele andere - kämpfen seit langem für einen Stopp des Ausbaus und waren wochenlang als parlamentarische Beobachterinnen vor Ort.
Zum Komplex des Planfeststellungsbeschlusses und der wasserrechtlichen Situation zitiere ich einige Erläuterungen des hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Energie und Wohnen vom 25. November 2020:
„Das im Sommer ergangene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Weiterbau der Bundesautobahn 49 ändert nichts an der Gültigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Dies hat das Gericht ausdrücklich festgestellt, als es die Klage des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) abwies. Aus den inzwischen vorliegenden schriftlichen Urteilsgründen lässt sich nichts Gegenteiliges ableiten. Die Interpretation des BUND ist nicht durch den Text der Urteilsgründe gedeckt.
Die rechtlichen Mängel, die das Gericht im Planfeststellungsbeschluss 2012 erkennt, bestehen allein in Bezug auf die wasserrechtliche Prüfung. Die dabei getroffenen wasserrechtlichen Entscheidungen aber sind - wie das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich feststellt - rechtlich unabhängig vom Planfeststellungsbeschluss und können auch unabhängig von diesem korrigiert werden, wenn dies sachlich notwendig werden sollte. Daher ergibt sich daraus keine Veranlassung, den Planfeststellungsbeschluss selbst außer Vollzug zu setzen oder zu ändern. Auch ein Planänderungsverfahren zur Korrektur der wasserrechtlichen Entscheidung würde nichts an der sofortigen Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses ändern.
Die vom Bundesverwaltungsgericht angesprochenen wasserrechtlichen Prüfungen wurden inzwischen veranlasst. Auswirkungen des Vorhabens auf Gewässer und insbesondere den Trinkwasserschutz wurden bereits im Planfeststellungsverfahren geprüft, und ein auf Verlangen des Hessischen Wirtschafts- und Verkehrsministeriums bei dem ausgewiesenen Fachinstitut ahu GmbH eingeholtes Gutachten hat nachträglich ergeben, dass auch die weitergehenden Forderungen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie erfüllt sind. Sollten bei der Umsetzung neue wasserrechtliche Probleme auftreten, bietet – wie das Gericht urteilt – das Wasserrecht ausreichend Möglichkeiten, diese zu beheben.“
Ich hoffe, dass ich mit diesen Ausführungen deutlich machen konnte, dass der Bau der BAB49 keineswegs eine Grüne Idee ist und auch keine Grüne Unterstützung findet. In Hessen arbeiten wir seit Jahren engagiert an der dringend notwendigen Verkehrswende. Wir sind das Land der attraktiven Flatrate-Tickets für Bus und Bahn. Für 1€ am Tag sind in Hessen Schüler*innen, Auszubildende, Freiwilligendienstleistende und Senior*innen im gesamten ÖPNV mobil. Landesbedienstete verfügen über ein ähnliches Ticket und Studierende haben ihre Studierenden-Tickets. Im nächsten Schritt soll ein Ehrenamtsticket folgen.
Wir haben die finanziellen Mittel für Radwege und ÖPNV deutlich ausgeweitet und investieren den überwiegenden Teil des Straßenbauetats für die Sanierung bestehender Infrastruktur. Wir arbeiten an Radschnellwegen, fördern die Anschaffung von Lastenrädern, machen das zu Fuß gehen attraktiver, reaktivieren alte Schienenstrecken und bauen die S-Bahn-Kapazität im Rhein-Main-Gebiet aus. So sieht Grüne Verkehrspolitik in Hessen aus.
Beste Grüße
Felix Martin