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Falko Droßmann
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Frage von Aurelia W. •

Warum fordern Sie nicht einen sofortigen Stopp der Waffenlieferungen an Israel sowie einen Waffenstillstand im Krieg gegen das palästinensische Volk?

Am Tag nach der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs, alle Behauptungen Südafrikas, Israel begehe Völkermord, seien plausibel, beschuldigte Israel einige Mitarbeiter der UNWRA, an den Anschlägen vom 7. Oktober beteiligt gewesen zu sein. Was hat Deutschland getan, bevor es auf eine unabhängige Untersuchung gewartet hat? Die Finanzierung wurde sofort eingestellt, als die Menschen sie am meisten brauchten. Ich bin absolut empört und entsetzt über die Reaktion Deutschlands und seine Doppelmoral. Es ist völlig klar, dass sich die deutsche Regierung wenig um das Leben der Palästinenser schert. Wo ist die Menschlichkeit? Jeden Tag wache ich auf und frage mich, was nötig ist, damit Länder mit Einfluss auf die israelische Regierung ihre Stimme erheben. Dies geschieht nicht in meinem Namen, für mich gelten die Menschenrechte für alle Menschen.

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Hallo, Aurelia W.

vielen Dank für Ihre Frage zu diesem wichtigen Thema. Als zuständiger „Berichterstatter“ meiner Fraktion für humanitäre Hilfe und jemand, der die Verhältnisse vor Ort auch persönlich kennt, kann ich hier sicher nicht vollumfänglich antworten. Nichtsdestotrotz: 

Zunächst möchte ich betonen, dass Deutschland nach Aussage des zuständigen Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz kaum als Kriegsmaterial eingestufte Waffen an Israel geliefert werden. Das, was Deutschland liefert, sind Dual-Use-Güter, also Güter, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können. Hierzu zählen zum Beispiel auch medizinische Güter. Das Parlament ist an der Entscheidung, in welches Land welche Rüstungsgüter geliefert werden, nicht beteiligt, das macht der Bundessicherheitsrat, der aus Vertreter:innen der Exekutiven besteht. Wir achten aber im Rahmen unserer Möglichkeiten streng darauf, dass sämtliche Lieferungen im Rahmen internationaler und nationaler Regelungen erfolgen und keiner direkten militärischen Aggression dienen. 

Auch im Hinblick auf die humanitäre Situation im Gazastreifen nahm und nimmt Deutschland seine Verantwortung im humanitären Bereich sehr ernst und unterstützt humanitäre Organisationen vor Ort im Gazastreifen erheblich. Tatsächlich ist Deutschland einer der größten Geber von humanitärer Hilfe in Gaza.

Was die Vorwürfe gegen UNWRA-Mitarbeiter betrifft, so unterstütze ich selbstverständlich eine umfassende und unabhängige Untersuchung. Die Entscheidung, die Finanzierung vorübergehend einzustellen, war eine vorläufige Maßnahme, die darauf abzielt sicherzustellen, dass humanitäre Hilfe nicht missbraucht wird. Nachdem wir mit Vertreter der UNRWA Gespräche geführt haben, wurden die Zahlungen wieder aufgenommen. Trotzdem ist wichtig, das Deutschland weiterhin humanitäre Hilfe geleistet hat.

Um es aber auch klar zu sagen: Wir brauchen die UNRWA jetzt. Aber die Intentionen der General Assembly der UN bei der Einsetzung dieser Mission im  Jahr 1949 stimmt nicht mehr mit den heutigen Notwendigkeiten und Bedürfnissen der Menschen in Gaza überein. 

Die Reaktion Israels auf die brutalen Terrorangriffe der Hamas vom 7. Oktober war, zur Verteidigung der eigenen Bevölkerung und zur Befreiung der insgesamt 239 Geiseln, gerechtfertigt. Ich selbst konnte mir bereits wenige nach den Terrorangriffen ein Bild vor Ort machen und mit Angehörigen von Opfern und Geiseln sprechen.

Dies befreit uns allerdings nicht davon, die gegenwärtigen Entwicklungen und das militärische Vorgehen der Regierung Netanjahu im Gazastreifen zu hinterfragen. Daher betrachte ich das aktuelle militärische Vorgehen der Netanjahu-Regierung im Gazastreifen durchaus als kritisch. Es ist unsere Aufgabe, eine Balance zwischen Sicherheitsinteressen und humanitären Verpflichtungen zu finden und zu wahren. Für aktuelle Entscheidungen der Regierung Netanjahu, weitere Bauprojekte auf dem Gebiet der PA zu erlauben, habe ich keinerlei Verständnis.

Lassen Sie mich abschließend betonen: Die Achtung der Menschenrechte für alle Menschen ist ein elementares Prinzip, das selbstverständlich auch meine politische Arbeit im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe prägt. Wir werden weiterhin alles daransetzen, menschliches Leid zu minimieren und eine friedliche Lösung für diesen langwierigen und komplexen Konflikt zu finden. Klar ist aber auch, dass es viel zu viele Menschen gibt, die an diesem Konflikt interessiert sind – und gerade keine Lösung des Konfliktes wollen. Hierzu können wir aber gerne auch einmal ein persönliches Gespräch führen. Melden Sie sich dazu gerne in meinem Büro. 

Zu der Intention Südafrikas und vor allem Nicaraguas, verschiedene demokratische Staaten zu verklagen, kann ich mich nicht äußern. Ich beobachte aber durchaus, dass die Menschenrechtssituation in Nicaragua sich dramatisch verschlechtert hat und Präsident Ortega und seine Vizepräsidentin (seine Ehefrau) zwar aus allen Menschenrechtsorganisationen und dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte ausgetreten sind, aber dringend außenpolitisches Profil gewinnen wollen – zu Lasten der Situation in der Levante. 

Bitte wenden Sie sich bei weiteren Fragen gerne an mich. 

Mit freundlichen Grüßen

Falko Droßmann

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