Frage an Eva Bulling-Schröter von Markus B. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Bulling-Schröter,
ich würde Sie gerne nach Ihrer Haltung (bzw. die der Fraktion) bezüglich der Gewährung von Bestandschutzes für bestehende Biogasanlagen (§19 EEG 2009) fragen.
Ich kann die Änderung des Gesetzes mit der Neuformulierung des Anlagenbegriffes absolut nachvollziehen. Ich kann jedoch nicht verstehen dass diese Regelung rückwirkend auch diejenigen Anlagen betreffen soll, die vor dem Inkrafttreten geplant worden sind.
Ich selbst habe 2006 in eine (meiner Überzeugung nach sinnvolle) Anlage zur Erzeugung von Strom aus nachwachsenden Rohstoffen und Rindergülle investiert. Hierbei handelt es sich um eine kleinere Anlage (4 x 500 KW in Mecklenburg-Vorpommern), bei der auch die Abwärme sinnvoll genutzt wird, und zudem den ortsansässigen Landwirten in einer strukturschwachen Region langfristig die Existenz gesichert wird. Wird auf diese Anlage - die ja repräsentativ für einige kleinere Anlagen steht - rückwirkend der Anlagenbegriff entsprechend des neuen Gesetzes angewendet, so wird die reduzierte Vergütung für den umweltfreundlich erzeugten Strom dazu führen dass die Anlage in die Insolvenz getrieben und die langfristigen Verträge mit dem Landwirten (und Technologieunternehmen für die Wartung etc.) nicht erfüllt werden können, also dort weitere durch die Anlage geschaffene Arbeitsplätze vernichtet werden.
Für mich persönlich als Selbstständigen bedeutet es dass ein wichtiger Baustein meiner Altersversorgung durch ein rückwirkend geltendes Gesetz plötzlich zerstört wird - und zudem mein Verständnis von Recht ins Wanken gerät. Aus diesem Grunde halte ich für eine Vermeidung der Vernichtung von Investitionen und Arbeitsplätzen die Gewährung des Bestandsschutzes für bestehende Biogasanlagen für wichtig und würde gerne Ihre Haltung dazu wissen!
Mit freundlichen Grüßen,
Markus Bodden
Sehr geehrter Herr Bodden,
Ihre Sorge um den Erhalt Ihrer Investition kann ich gut nachvollziehen. Gleichwohl denke ich doch, dass Ihr Biogaspark auch unter den veränderten Förderbedingungen wirtschaftlich betrieben werden kann. Auch teile ich nicht Ihre Ansicht, dass dadurch Arbeitsplätze verloren gehen und Investitionen ausbleiben. Gern möchte ich Ihnen aber unsere Haltung näher erläutern:
Biomasse hat unter den erneuerbaren Energien eine besondere Stellung: Sie ist grundlastfähig und speicherbar; ist aber auch nicht vollständig CO2-neutral und kann zur Überlastung wertvoller Böden führen. Deshalb ist des erforderlich, Biomasse zur Energieerzeugung möglichst wirkungsvoll einzusetzen. Je Hektar Energiepflanzen muss die Energieausbeute so hoch und die Treibhausgaswirkung so gering wie möglich sein. Biogas ist deshalb die erste Wahl, weil eine große Bandbreite an pflanzlichen Eingangsstoffen genutzt werden kann und bei hohen Energieerträgen die gleichzeitige Strom- und Wärmenutzung möglich ist. Auch kann Biogas ins Erdgasnetz eingespeist werden oder Fahrzeuge antreiben.
Da hierzulande nur begrenzt Flächen zur Verfügung stehen, sind aber auch bei Biogas hohe Nachhaltigkeitsstandards nötig, um den Naturhaushalt nicht zu überfordern und Konflikte mit der Nahrungsmittelerzeugung zu vermeiden. An diesem Punkt stößt eine groß dimensionierte Biogaserzeugung an ihre Grenzen. Aneinander gereihte Einzelanlagen auf einen Gelände stellen faktisch eine Großanlage und damit eine bewusste Umgehung des EEG dar. Nicht ohne Grund hat der Gesetzgeber eine niedrigere Förderung bei großen Biogasanlagen vorgesehen: Sie erfordern hohe Biomassemengen und sind meist ausschließlich auf Maissilage eingestellt. Die Fruchtfolge und regionale Kreisläufe werden vernachlässigt. Außerhalb von Ortschaften angesiedelt, nutzen sie nur den Strom und die Wärmeenergie nicht oder nur unvollständig. Das ist schlicht Verschwendung knapper und wertvoller Rohstoffe.
Deshalb ist die neue Regelung im EEG 2009 richtig, die Betreiber von Biomasseanlagen zur gleichzeitigen Strom- und Wärmeabgabe zu drängen und den größenbezogenen Anlagenbegriff auch rückwirkend eindeutig zu regeln. Dass dieses Vorgehen im Grundsatz nicht zu beanstanden ist, wurde auch in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. März 2009 bestätigt (1 BvG 3076/08). Es wies ausdrücklich darauf hin, dass ein Anspruch auf Einzelvergütung mehrerer gebündelter Anlagen an einem Standort schon nach dem alten EEG anzuzweifeln ist. Nach Durchsicht der Vergütungsregelung im novellierten EEG müsste auch weiterhin ein wirtschaftlicher Betrieb der Anlagen möglich sein.
Gleichwohl setzen wir uns dafür ein, die Einspeisung von Biogas ins Erdgasnetz endlich so zu regeln, dass sich die Abgabe ins Netz für die Anlagenbetreiber auch lohnt. Dazu ist es erforderlich, die Erdgas-Unternehmen zur Aufnahme von Biogas zu verpflichten. Auch die Aufbereitung auf Einspeisequalität muss Sache der Röhrenbetreiber sein, damit die Biogaslieferanten nicht zu unerfüllbaren technischen Anforderungen gezwungen werden können.
Mit freundlichen Grüssen
Eva Bulling-Schröter MdB