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Eva Bulling-Schröter
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Frage von Angelika F. •

Frage an Eva Bulling-Schröter von Angelika F. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Bulling- Schröter,

die Linksfraktion hat einen Antrag eingebracht, der vorsieht, dass Sozialtickets eingeführt werden. Meines Erachtens ist es ein Fehler, dass man das nach Status und Alter berechnet. So bieten die Verkehrsgesellschaften und die DB z.B. ein "Rentnerticket" an, egal wie hoch die Rente oder Pension ist. Und andererseits müssen z.B. die immer mehr werdenden Geringverdiener und Arbeitslose den gesamten Betrag bezahlen. Meines Erachtens führt das zu einer Anti-Mobilität. Haben Sie den Antrag deshalb gemacht und sollten die Sozialtickets verpflichtend eingeführt werden, falls es nach Ihrer Partei gehen würde?

Können Sie mir bitte erklären, wie Ihr Antrag in der Praxis hätte aussehen sollen? Und würden Sie auch private Verkehrsunternehmen dazu zwingen verbilligte Sozialtarife anzubieten?

Mit freundlichen Grüßen

Angelika Fuchs

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Fuchs,

sicher ist Ihnen bekannt, dass sich in vielen Städten und Landkreisen Bürgerinnen und Bürger auf den Weg machen, um für die Einführung eines Sozialtickets zu kämpfen. Die Gründe hierfür liegen in erster Linie in bundespolitischen Entscheidungen. Die Hartz-Gesetze führen dazu, dass immer mehr Menschen von kulturellen, politischen und sozialen Prozessen ausgeschlossen sind. Sie können nur noch selten in vollem Maße am gesellschaftlichen Leben in ihrer Stadt oder Gemeinde teilnehmen. Deshalb meint die Fraktion DIE LINKE: "Hartz IV muss weg".

Die Bundestagsfraktion DIE LINKE unterstützt die Initiativen zur Einführung von Sozialtickets, da wir der Auffassung sind, dass Mobilität ein Grundrecht ist. Daher muss allen, auch den Menschen, die auf Transferleistungen angewiesen sind, Chancen eröffnet werden, das in Artikel 11 des Grundgesetzes verbriefte Grundrecht auf Freizügigkeit in Anspruch nehmen zu können.

Für die Durchsetzung des Grundrechts auf Mobilität müssen nach Auffassung der Fraktion DIE LINKE auf Bundesebene gesamtgesellschaftliche Qualitätsstandards für den öffentlichen Personennah- und Fernverkehr - dazu zählt auch die Ermäßigung von Fahrpreisen für bestimmte Personengruppen - festgelegt und auch deren Finanzierung durch den Bund sichergestellt werden. Hier liegt die Verantwortung des Bundes. In einigen europäischen Ländern ist dies bereits Praxis. So gibt es z.B. in Frankreich ein Gesetz über die Solidarität und Erneuerung im städtischen Raum, nachdem Personen, die prekären Verhältnisse leben und bestimmte Einkommensgrenzen unterschreiten, eine Fahrpreisermäßigung von mindestens 50%, erhalten.

In Deutschland gibt es für die Umsetzung dieser Forderungen bisher noch keine gesellschaftlichen Mehrheiten. Insofern suchen linke Gruppierungen innerhalb und außerhalb der Parlamente nach Lösungen, wie man dieses Ziel - "Mobilität für alle" - schrittweise erreichen kann.

Ein Sozialticket für die Deutsche Bahn könnte dazu beitragen, dass Mobilität auch für Menschen, die Transferleistungen beziehen, im Fernverkehr ermöglicht wird. Angesichts der Kosten für Fahrten mit der Deutschen Bahn AG wäre dies dringend notwendig. Unser Vorschlag lautet: Das Sozialticket für die Deutsche Bahn AG soll einer Bahncard 25 entsprechen, die Anspruchsberechtigte zum Preis von 5 Euro erhalten. Anspruchsberechtigt sind Leistungsbeziehende nach dem SGB II, dem SGB XII und dem Asylbewerberleistungsgesetz sowie deren Angehörige. Aus Gründen der Praktikabilität könnte ein solches Sozialticket ganz einfach in das bestehende Preis- und Ermäßigungssystem der Deutschen Bahn AG eingepasst werden: Menschen, die über ihren Transferleistungsbescheid bzw. den ihrer Bedarfsgemeinschaft ihre Berechtigung für ein Sozialticket für den Bahnfernverkehr nachweisen können, erhalten an den DB-Verkaufsstellen eine BahnCard 25 zum Preis von 5 Euro. Diese ermöglicht in Kombination mit den so genannten Sparpreisen eine Ermäßigung von bis zu 62,5 Prozent. Mit einer Bahncard 50 wären hingegen nur maximal 50 Prozent Ermäßigung möglich. Damit wird dem Interesse des Unternehmens an einfacher Handhabbarkeit ebenso Rechnung getragen wie dem Interesse von Hilfebedürftigen an möglichst hohen Ermäßigungen und an einem unbürokratischen, nicht stigmatisierenden Verfahren.

Private Unternehmen kann man nicht zwingen, Sozialtarife anzubieten. Aber wenn es politisch gewollt ist, dass alle Menschen die Verkehrsmittel nutzen sollen, und es dafür auch politische Mehrheiten gibt, kann man auch mit privaten Unternehmen Vereinbarungen über die Einführung von Sozialtarifen treffen. Sicherlich müsste dann die Stadt, der Landkreis, das Land oder der Bund - wenn es notwendig ist - dem Unternehmen entsprechende finanzielle Mittel. Im Land Brandenburg, wo das Sozialticket mit dem 1. September 2009 flächendeckend eingeführt wurde, wird dies bereits praktiziert. Dort zahlt das Land an den Verkehrsverbund eine bestimmte Summe als Ausgleich, die dieser auch an private Busunternehmen weiterreicht.

Mit vielen Grüssen nach Oberschleißheim

Eva Bulling-Schröter MdB