Frage an Eva Bulling-Schröter von Peter Z. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrte Frau Bulling-Schröter,
das Image der Beamten ist in Deutschland denkbar schlecht und viel zu oft von einem gefährlichen Halbwissen geprägt. Verstärkt wird dieses Image zusätzlich noch durch fast schon hetzerische Artikel (zuletzt in der BILD bzgl. der Pensionen), aber auch durch populistische Forderungen, wie z.B. die Beamten "endlich einmal" für deren Pensionen mitzahlen zu lassen usw.
So verdienen Beamte viel zu viel Geld, zahlen keine Steuern, bekommen ausnahmslos alle Kosten ersetzt (wie Weg zur Arbeit), haben eine phänomenale Krankenversorgung und warten nur darauf, mit 50 die geradezu horrenden Pensionen abzukassieren... Kurz zusammengefasst: Beamte sind dumm, faul und verfressen.
Ganz abgesehen davon, dass es sich hierbei um Vorurteile und eben Halbwissen handelt, ist es immer wieder erstaunlich, wie wenig von der Politik unternommen wird, das Bild, das die Öffentlichkeit vom Beamtentum hat, zu ändern. Manchmal bekommt man sogar den Eindruck, dass es dem einem oder anderen Politiker peinlich ist, mit Beamten in Verbindung gebracht zu werden. Es ist erschreckend, wie wenig Rückendeckung die Staatsdiener von ihrem eigenen Staat bekommen. Dabei sind es gerade Beamte, die bspw. den öffentlichen Nahverkehr, das Austragen der Post und vor allem die öffentliche Sicherheit (Polizei!) garantieren. Um so schlimmer ist es dann, wenn diese Personen derart im Stich gelassen werden. Oft werden die Beamten universelle Sündenböcke gesehen (von Politik, Wirtschaft...).
Was gedenkt die Politik zu unternehmen, um das Bild bzw. das Image des Beamtentums, ja des gesamten öffentlichen Dienstes in Deutschland DEUTLICH zu verbessern?
Zwar wurden bereits einige Aktionen unternommen ("ÖD ist Mehrwert"), jedoch ist deren Wirkung eher als mau zu bezeichnen. Wünschenswert wäre eine für alle verständliche Klarstellung, die über die tatsächlichen Verhältnisse, Vor- und Nachteile aufklärt und Vorurteile abschafft.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Zavodnik
Sehr geehrter Herr Zavodnik,
Ihre Fragen sind berechtigt und auch sicher für viele sehr interessant. Ein qualifizierter und funktionierender Öffentlicher Dienst (ÖD) ist ein wichtiger und oft unterschätzter Standortfaktor. Arbeitsplätze entstehen da, wo die Verwaltung schnell und sachgerecht entscheidet und eine unabhängige Justiz Rechtssicherheit schafft. Deutschland ist traditionell hier sehr gut aufgestellt. Qualifizierte und motivierte MitarbeiterInnen für den ÖD wachsen aber nicht auf den Bäumen. Man gewinnt sie nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Die z.B. in Bayern in den letzten Jahren vorgenommenen Kürzungen von Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie die Erhöhung der Wochenarbeitszeit waren aber alles andere als motivierend für die Beschäftigten im ÖD. Dem heutigen CSU-Chef Erwin Huber kam es sogar offensichtlich darauf an, diese zu demütigen, als er die Hauruck-Einführung der Verwaltungsreform 2004 so charakterisierte: "Wer einen Teich trockenlegen will, der darf vorher nicht die Frösche fragen".
Wenn weite Teile der Politik unseren Öffentlichen Dienst in den Tarifdiskussionen der letzten Jahre schlecht geredet haben, dann lässt sich das durch einige Schaufensterkampagnen und Sonntagsreden (siehe z.B. das entsprechende Eckpunktepapier der Bayerischen Staatsregierung) kurz vor Wahlen nur mehr schwer wieder reparieren..
Ein nicht unwesentlicher Grund für die Unkenntnis breiter Bevölkerungsteile über den ÖD ist dessen relative Abgeschlossenheit. Würden mehr Beschäftigte aus Privatwirtschaft und ÖD die Arbeitswirklichkeit der jeweils anderen aus eigener Anschauung kennen, dann würden sich viele Vorurteile wohl zügig abbauen lassen. Eine entsprechende Umgestaltung der Vergütungssysteme und Berufsausbildungen sowie das von uns seit langem geforderte einheitliche Sozialversicherungssystem für alle Erwerbstätigen (einschließlich uns Abgeordneten!) wäre ein wichtiger Schritt, um den Personalaustausch zwischen Privatwirtschaft und ÖD deutlich zu erleichtern.(gemeint ist hier natürlich nicht die Überlassung von Personal von Konzernen an Verwaltungen, wie in der Vergangenheit im Bund geschehen.) Dabei soll es für bestehende Beschäftigungsverhältnisse natürlich keine nachteiligen Eingriffe geben.
Eine derartig grundlegende Umgestaltung wird aber leider kaum kurzfristig durchgeführt werden können. Doch es gibt durchaus konkrete Maßnahmen, mit denen hier bei uns in Bayern kurzfristig das Vertrauensverhältnis zwischen ÖD und Politik wieder verbessert werden könnte. Um nur einige zu nennen: -Die Abschaffung der 42 Stunden-Woche, die Edmund Stoiber den bayerischen Beamten unter Bruch seiner Versprechen zur letzte Landtagswahl verordnete, - ein modernes Personalvertretungsrecht oder -die Ausweitung und Dynamisierung der "Ballungsraumzulage" .
Gerade im Öffentlichen Dienst können berechtigte Arbeitnehmerinteressen nur über die parlamentarische Schiene durchgesetzt werden. Die Beschäftigten des Freistaat Bayerns sollten daher bei der kommenden Landtagswahl genau abwägen, wem sie ihre beiden Stimmen geben.
Mit freundlichen Grüssen
Eva Bulling-Schröter MdB