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Eva Bulling-Schröter
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Frage von Jonathan S. •

Frage an Eva Bulling-Schröter von Jonathan S. bezüglich Jugend

Sehr geehrte Frau Bulling-Schröter,

als unsere Abgeordnete im Wahlkreis wollten wir sie gerne zu ihrer Stellung zu einem Thema bitten das wir sehr heftig innerhalb unserer Klasse diskutiert haben: die Stellung unserer Generation. Uns, den 16-20jährigen drängt sich leider viel zu oft der Eindruck auf das die derzeitige Politiker- und Erwachsenengeneration unsere Zukunft auf eigene Kosten verzockt hat. Als Anlass dafür dienen uns die Rekordverschuldung, die wir dann in zwanzig Jahren wider abzubezahlen haben, schwachsinnige Konjunkturmaßnahmen wie die umweltschädliche Abwrackprämie oder die Zaghaftigkeit der Politik beim Bau und der Förderung von erneuerbaren Energien, ganz nach dem Motto; „Die Klimakatastrophe trifft ja erst unsere Kinder und Enkel!“. Wir sind wütend wenn wir erfahren müssen dass wir in 40 Jahren noch die Verluste der BayernLB mitzutragen haben und wir tun uns schwer damit, optimistisch in die Zukunft zu blicken wenn wir hören dass es in Bälde noch mehr Rentner geben wird die von weniger jungen Erwachsenen in einem verkorksten Rentensystem finanziert werden müssen.
Was tut die Politik für die Generationengerechtigkeit? Wieso wird zurzeit viel zu wenig auf nachhaltiges Handeln in der Politik geachtet? Wer achtet auf die Belange unserer Generation? Die jüngsten MdB sollen ja erst über 25 sein.
Wie sie vielleicht merken hat das Thema uns sehr beschäftigt, über eine Antwort ihrerseits wären wir sehr dankbar,

Mit freundlichen Grüßen,
Jonathan Spanos für die Klasse 11a des Reuchlin-Gymnasium

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Spanos,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage.

Ich stimme Ihnen zu, dass die gegenwärtige Politik nichts mit Nachhaltigkeit und Generationsgerechtigkeit zu tun hat. Dies sieht man gerade jetzt bei den vielfach hilflosen und teilweise haarsträubenden Versuchen die Finanz- und Wirtschaftskrise in den Griff zu bekommen. Auch diese ist übrigens nicht vom Himmel gefallen. Sie hat ihre Ursache in einem immer absurder werdenden Profitstreben vieler Unternehmen und Konzerne, welches von der herrschenden Politik nicht gebremst, sondern vielfach noch befördert wurde. Die Folgen dieser Politik werden vor allem ärmere Haushalte und die Jugend durch die Beschneidung Ihrer Zukunftschancen auszubaden haben. Die Milliarden an öffentlichen Geldern, die heute in Bankensysteme und Unternehmen gepumpt werden, werden Sie Morgen zurückzahlen müssen. Ich halte dies für eine schreiende Ungerechtigkeit.

Als Beispiel für das Missmanagement dieser Krise hatten Sie schon die Abwrackprämie angeführt. Ich möchte dies weiter ausführen, denn sie zeigt anschaulich, wie fantasie- und hilflos, wie hektisch und letztlich unverantwortlich die herrschende Politik agiert.

Es ist im Kleinen ein gutes Beispiel dafür, wie der Umweltverbrauch angekurbelt wird, um die wirtschaftlichen Auswirkung einer systembedingten Rezession abzufedern. Wie ein weiteres Stück Zukunft verheizt wird, um am Ende die verrückte Spirale nur ein weiteres Stück ins Ungewisse zu drehen.

Zunächst ist es generell fraglich, ob es sinnvoll ist, mit Milliarden den Neukauf von Autos zu fördern. Schließlich ist motorisierter Individualverkehr alles andere als zukunftsfähige Mobilität. Ferner erhält die Abwrackprämie nur, wer sich anschließend ein neues Auto kauft. Demgegenüber wird das Umsteigen auf den öffentlichen Personenverkehr nicht gefördert. Das hat auch der Chef des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, kritisiert. Sein Vorschlag: Derjenige, der sein Auto verschrotten lässt und dafür auf Bahn und Bus umsteigt, soll einen staatlichen Zuschuss von 50 Prozent zu einer Jahreskarte, beispielsweise einer BahnCard erhalten. Diese Idee unterstützen wir.

Zudem dürfte in vielen Fällen eine ökologische Lebenszyklusanalyse ergeben, dass es sinnvoller wäre, ältere und bislang wenig gefahrene Autos länger zu nutzen, anstatt frühzeitig zu verschrotten.

Und wenn man sich aus arbeitsmarktpolitischen Gründen nun doch für eine Abwrackprämie entscheidet, dann bitte schön doch nicht für so eine! Die deutsche Abwrackprämie ist de facto an keine fortschrittlichen Umweltstandards gekoppelt. Der Neuwagen muss lediglich die Euro-4-Norm erfüllen. Die ist aber bereits seit 3 Jahren verbindlich! Da EURO-4 für alle Neuwagen zudem bereits im Herbst 2009 durch die schärfere Euro-5-Norm abgelöst wird, bedeutet diese Bestimmung nicht nur keinen Fortschritt, sondern einen Schritt zurück!

Außerdem hätte man die Zahlung der Prämie an eine strenge CO2-Obergrenze binden können, etwa an 120 oder 130 Gramm pro Kilometer, wie es einige andere europäischen Staaten getan haben, die ähnliche Prämien ausschütten. Das mindeste wäre gewesen, dass der Zuschuss sinkt, je höher der CO2-Ausstoß ist. Das alles aber ist nicht geschehen. Der Besitzer eines alten kleinen Golfs erhält bei Verschrottung auch dann 2500,- Euro Prämie, wenn er sich einen anschließend spritfressenden Geländewagen zulegt. Übrigens wurde schon im ersten Konjunkturpaket keine CO2-Obergrenze für die Steuerbefreiung beim Neukauf eines KFZ vorgegeben.

Frankreich war schlauer: Neuwagen mit einem CO2-Ausstoß von unter 130 Gramm je Kilometer erhalten seit 2008 einen Bonus. So bekommt beispielsweise der Käufer eines Mercedes Smart 1000 Euro. Bei Autos mit über 160 Gramm je Kilometer wird jedoch ein empfindlicher Malus fällig. So müssen etwa für den Kauf eines Citroen C6 oder eines VW Tuareg 2600 Euro zusätzlich auf den Tisch gelegt werden. Bei unseren Nachbarn haben darum seither die Neukäufe klimafreundlicherer Autos mit einem CO2-Ausstoß unter 130 Gramm je Kilometer um 50 Prozent zugenommen. Die Verkäufe von Sprittfressern sind im selben Zeitraum um 40 Prozent zurückgegangen.

Das alles ist sicher nur ein sehr kleiner Schritt hin zur nachhaltigen Mobilität. Eigentlich müsste man sich auf den Weg machen, den Öffentlichen Verkehr so attraktiv zu machen, dass PkWs irgendwann Nischenprodukte werden. Ich wollte nur aufzeigen, wie die Bundesregierung hier völlig versagt.

Was den Klimaschutz angeht, so teilen wir Ihre großen Befürchtungen. Zwar hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren einiges getan. Unter anderem beim Ausbau erneuerbarer Energien. Momentan entscheidet sich aber, ob die Bundessrepublik in den nächsten Jahren auf einen nachhaltigen Pfad der Stromerzeugung umschwenkt oder eine neue Generation von Kohlekraftwerken ans Netz gehen wird. In der nächsten Woche wird in diesem Zusammenhang im Bundestag ein Gesetz beraten, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für das weltweit von der Kohlewirtschaft gepushte Technologieversprechen "Carbon Capture and Storage - CCS", setzen wird, also die für nach 2020 geplante Abscheidung und unterirdische Verpressung von fossilen Kraftwerksemissionen. Die LINKE sieht diese riskanten Technologie lediglich als Türöffner für den Neubau von Kohlekraftwerken. Ob sie jemals wirtschaftlich und sicher zu betreiben sein wird, ist vollkommen ungewiss. Auch hier werden also Risiken in die Zukunft verschoben. Zudem werden die Chancen erneuerbarer Energien eingeschränkt.
Genaueres erfahren Sie dazu unter:
http://www.bulling-schroeter.de/fileadmin/lcmsbschroeter/Aktuell/090508_-_CCS-Praesentation_LINKE_-_Witt.pdf

Abschließend noch ein Hinweis:
Unsere Fraktion hat im Oktober 2007 zum Thema Generationsgerechtigkeit einen Antrag verabschiedet, den Sie unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/065/1606599.pdf
finden .

Mit vielen Grüßen aus Berlin nach Ingolstadt

Eva Bulling-Schröter MdB