Esra Limbacher
Esra Limbacher
SPD
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Frage von Martin R. •

Wie stehen sie zum AFD Verbot?

Sehr geehrter Herr Limbach,

wie positionieren Sie sich zum Antrag für ein Verbotsverfahren gegen die AfD?

Sehen Sie ein solches Verfahren als wirksames Mittel gegen verfassungsfeindliche Tendenzen oder überwiegen für Sie die Risiken? Welche Chancen und Gefahren erwarten Sie von einem möglichen AfD-Verbot für unsere Demokratie?

Gibt es aus Ihrer Sicht Alternativen zu einem Verbotsverfahren im Umgang mit extremistischen Strömungen in der Partei? Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten eines solchen Verfahrens ein?

Welche Folgen hätte ein Verbot Ihrer Meinung nach für die politische Landschaft und den gesellschaftlichen Zusammenhalt? Befürchten Sie eine potenzielle Radikalisierung von AfD-Anhängern?

Wie bewerten Sie die verfassungsrechtlichen Hürden für ein Parteiverbot in Deutschland? Halten Sie diese für angemessen oder sehen Sie Änderungsbedarf?

Welche Rolle sollte der Bundestag in dieser Debatte einnehmen? Wie sehen Sie Ihre persönliche Verantwortung als Abgeordnete(r)?

Mfg

R.

Esra Limbacher
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr R.

vielen Dank für Ihre Frage und das damit verbundene Interesse an meiner Arbeit.

Wir als Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag teilen Ihre Sorgen und beobachten eine sich immer schneller drehende Radikalisierungsspirale bei der AfD. Wir erkennen eindeutig, dass die AfD eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt. Dies wird durch eine Vielzahl von Äußerungen, auch von höchsten Vertreterinnen und Vertretern der Partei deutlich.

Gegen Verfassungsfeinde stellt das Grundgesetz mit dem Parteiverbotsverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 das schärfste Schwert unserer wehrhaften Demokratie bereit. Danach sind Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, verfassungswidrig.

Stellt das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit einer Partei fest, ordnet es deren Auflösung an, verbietet die Gründung einer Ersatzorganisation und kann die Einziehung des Parteivermögens zu gemeinnützigen Zwecken aussprechen (§ 46 Absatz 3 Bundesverfas-sungsgerichtsgesetz). Weiterhin verlieren Mitglieder des Deutschen Bundestages, die dieser Partei angehören, nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 des Bundeswahlgesetzes ihr Mandat.

Aufgrund dieser drastischen Folgen sind die Anforderungen an das Verbot einer Partei in einer Demokratie, die maßgeblich durch den parteipolitischen Diskurs lebt, hoch. Eine Haltung, durch die oberste Verfassungswerte in der politischen Meinungsäußerung in Zweifel gezogen, nicht anerkannt, abgelehnt oder ihnen andere entgegengesetzt werden, genügt nicht. Eine Partei kann durch das Bundesverfassungsgericht nur dann verboten werden, wenn sie vielmehr planvoll das Funktionieren der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigen will. Dies setzt voraus, dass konkrete, gewichtige Anhaltspunkte vorliegen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass das Handeln der Partei erfolgreich sein kann. Dies muss in einem ordnungsgemäßen Verfahren festgestellt werden, das nach bisherigen Erfahrungen mindestens 1,5 Jahre, wenn nicht länger, in Anspruch nehmen wird.

Wie in jedem anderen gerichtlichen Verfahren müssen in einem Parteiverbotsverfahren eindeutige Beweise vorgebracht werden. Die hohen Voraussetzungen für ein Parteiverbot stellen auch an diese Beweisführung erhebliche Ansprüche. Aufgrund ihrer immer deutlicher zu Tage tretenden Haltung, führt das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als Gesamtpartei in diesem Sinne als Verdachtsfall. Ich sehe an dieser Stelle das Bundesamt für Verfassungsschutz in der Pflicht eine äußerst sorgfältige Prüfung dieses Verdachtsfalles im Rahmen einer Beweisaufnahme gegen die AfD zu führen.

Dass die AfD rechtmäßig durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall beobachtet wird, hat nach dem Verwaltungsgericht Köln nun auch das Oberverwaltungsgericht Münster als Berufungsinstanz bestätigt. Das Bundesamt darf damit Erkenntnisse über die Handlungen der AfD auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln sammeln. Die Auswertung dieser Erkenntnisse durch den Verfassungsschutz spielt auch für uns als Fraktion eine Rolle, wenn wir darüber entscheiden, ob wir uns für die Beantragung eines Verbots der AfD einsetzen. Es handelt sich um eine politische Entscheidung mit großer Tragweite, die wir uns als Teil des Verfassungsorgans Bundestag nicht leicht machen. Denn ein Antrag kann nur auf ein Verbot der Partei gerichtet sein und sollte im Interesse seines Erfolges mit Belegen unterlegt werden. Die bloße richterliche Prüfung von verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Partei kann dagegen nicht beantragt werden. Deshalb müssen wir jede Möglichkeit zur Beweissammlung nutzen, um schließlich darüber entscheiden zu können, ob wir den Weg nach Karlsruhe beschreiten.

Dies alles darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass rechtsextremes Gedankengut, das die AfD als Partei kanalisiert, nicht an erster Stelle durch ein Parteiverbot zu bekämpfen ist. In der Tradition unserer langen Geschichte setzen wir uns als Sozialdemokraten für eine demokratische Streitkultur, die Entkräftung von Verschwörungstheorien und politische Bildung im Kampf gegen den Rechtsextremismus ein. Unser primäres Ziel muss es deshalb sein, die AfD politisch zu stellen, damit sie nicht mehr in unsere Parlamente gewählt wird.

Mit freundlichen Grüßen

Esra Limbacher

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