Impfpflicht JA oder NEIN ?
Sehr geehrter H. Limbacher
Da in diesem Jahr die Landtagswahlen anstehen, würde mich Ihre persönliche Einstellung zur Impfpflicht interessieren.
Sind Sie dafür oder dagegen ?
Ist Ihre Auffassung auch die Ihrer Partei ?
Ich bitte auch um Begründung (bitte etwas ausführlicher), zwecks Einstufung Ihrer Sachkenntnis.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort. Mit den besten Grüssen,
Michael H.
Sehr geehrter Herr H.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht zur Debatte um eine allgemeine Impfpflicht.
Bevor ich auf die Debatte eingehe, möchte ich gerne darauf hinweisen, dass ich bei den anstehenden Landtagswahlen im Saarland im März 2022 nicht antrete. Ich vertrete die Interessen meines Wahlkreises (299) seit Oktober 2021 im Deutschen Bundestag. Natürlich ist es für mich nachvollziehbar, dass die Haltung zu einer Impfpflicht das Wahlverhalten im Saarland beeinflussen kann.
Zum jetzigen Stand der Debatte um eine Impfpflicht gibt es keine einheitliche Meinung innerhalb der SPD. Genau aus diesem Grund wird bei der anstehenden Abstimmung im Deutschen Bundestag der sogenannte Fraktionszwang aufgehoben. Stattdessen beraten wir über Gruppenanträge, die aktuell von verschiedenen Abgeordneten erarbeitet werden – unabhängig von Fraktionszugehörigkeit und Ausschussmitgliedschaft. Voraussichtlich wird es mindestens drei Anträge geben: Einen Antrag für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren, einen zweiten Antrag für verpflichtende Beratungsgespräche für alle sowie eine Impfpflicht ab 50 Jahren und einen dritten Antrag gegen eine Impfpflicht. Es ist durchaus möglich, dass sich weitere Gruppen von Abgeordneten zusammenschließen und zusätzliche Anträge einbringen. Am 26. Januar fand die erste Orientierungsdebatte im Deutschen Bundestag statt. Ziel war es, dass sich alle Abgeordneten ein Bild machen können und die Vor- und Nachteile der verschiedenen Möglichkeiten verstehen und abwägen. In den nächsten Wochen müssen sich die Abgeordneten entscheiden, welchem Gruppenantrag sie sich anschließen.
Ich betrachte die pandemische Lage in Deutschland mit großer Sorge. Der 7-Tage-Mittelwert der bestätigten Neuinfektionen liegt bei insgesamt 121.278 (Stand 26.01.2022). Eine Überlastung des Gesundheitssystems muss unbedingt vermieden werden. Denn dies könnte für alle Menschen in Deutschland zu einer bedrohlichen medizinischen Versorgungssituation führen und somit das Leben aller Bürger*innen, die eine medizinische Versorgung benötigen, gefährden. Wir dürfen nicht immer wieder den gleichen Fehler wiederholen, indem wir in der vierten Welle nicht an die fünfte denken. Die zum Teil andauernden Einschränkungen durch Schutzmaßnahmen haben erhebliche negative Folgen - ökonomische, psychische sowie soziale. Die Impfstrategie hat einige Bürger*innen leider noch immer nicht erreicht und daher entstehen immer wieder Situationen, in denen Freiheiten für alle eingeschränkt werden müssen. Das darf nicht zum Dauerzustand werden!
In den vergangen Wochen und Monaten diskutierten wir gemeinsam mit zahlreichen Expert*innen die ethischen und rechtlichen Argumente einer Impfpflicht. Viele der dabei aufgekommen Fragen sind abschließend noch nicht geklärt. Ich verfolge die laufende Debatte sehr aufmerksam und nehme alle Argumente für und gegen die Impfpflicht sehr ernst. Welchem der bisher vorliegenden Anträge ich mich anschließe, habe ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht entschieden. Grundsätzlich nehme ich die Empfehlung des Deutschen Ethikrates vom Dezember 2021 für eine allgemeine Impfpflicht sehr ernst. Meine Entscheidung werde ich davon abhängig machen, welche konkreten Gesetzesvorschläge vorgelegt werden. Für mich ist klar: Eine solche Vorgabe muss immer verhältnismäßig sein und in ihrer Umsetzung auch Ausnahmen berücksichtigen, die rechtsicher und klar formuliert sind.
Mit freundlichen Grüßen
Esra Limbacher