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Emanuel Kotzian
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Frage von Daniel Ü. •

Frage an Emanuel Kotzian von Daniel Ü. bezüglich Bildung und Erziehung

Hallo Herr Kotzian,

wie stehen die Piratenpartei und Sie zu der Buchdigitalisierungs-Geschichte von Google?

Welche Auswirkungen hat vor allem der Vergleich zwischen Google und den US-Urheberrechts-Organisationen auf Deutschland und Europa?

Befürworten Sie Googles Vorgehen?

Wie stehen Sie zu der Gegeniniative Europeana der EU?

Danke
D. Übler

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Antwort von
PIRATEN

Sehr geehrter Herr Übler,

vielen Dank für Ihre Frage. Sie berühren da viele Punkte, die ich in einer kurzen Antwort natürlich nur anreißen kann.

Die Digitalisierung von Buchbeständen durch Google erfolgt durch Google Book Search. Schon von Anfang an hatte Google Partner bei diesem Projekt, neben einigen Verlagen vor allem Universitätsbibliotheken, hauptsächlich aus den USA. Infolge der Digitalisierung von urheberrechtlich geschützten Büchern kam es zu mehreren Klagen gegen Google, die letztes Jahr dann in dem von Ihnen angesprochenen Vergleich geendet haben. Man muss nun verschiedene Aspekte von Google Book Search trennen.

Lassen Sie mich die fraglichen Werke in drei Gruppen einteilen, gemeinfreie (public domain), vergriffene aber noch urheberrechtlich geschützte sowie noch verlegte und damit auch geschützte Werke.

Gemeinfreie Bücher kann und darf Google natürlich jederzeit digitalisieren solange der freie Zugriff gewährleistet ist. Google hält sich leider nicht in allen Fällen daran und ist hier auf jeden Fall zu kritisieren. Das eigentliche Problem liegt hier aber an ganz anderer Stelle: Google, als privatwirtschaftliches Unternehmen, hat durch die Digitalisierung ein Datenmonopol und somit eine Zensurmöglichkeit. Hinzu kommen die bekannten Probleme des Ranking Systems. Aus Sicht der Benutzer ist vor allem die zwingende Benutzung von JavaScript bedenklich, da man damit der Datensammelwut Googles ausgeliefert ist. Der digitale Zugang zu den Beständen aus öffentlichen Bibliotheken ist in jedem Falle im Interesse der Bürger, so dass ein entsprechend steuerfinanziertes Projekt auf jeden Fall zu befürworten ist. Die Piratenpartei unterstützt daher das Projekt Europeana.

In Bezug auf (noch) urheberrechtlich geschützte Bücher gilt grundsätzlich die gleiche Kritik. Allerdings stellt sich bei vergriffenen Werken die Frage nach einer Möglichkeit des "fair use". Die PIRATEN fordern hier eine öffentliche Debatte darüber, wie die Bedürfnisse von Urhebern und Nutzern unter einen Hut gebracht werden können. Dazu zählt auch die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, die ja letztendlich auch Google vorantreibt. Die derzeit oft geforderte Ausweitung von Leistungsschutzrechten im "Kampf" gegen Google lehnen die PIRATEN ab, vielmehr sollen diese Rechte mit dem Tod eines Urhebers verlöschen.

Den Vergleich zwischen Google und der Author´s Guild sehe ich kritisch, da hier eine Vereinigung, die nur eine kleine Gruppe von Autoren vertritt, aufgrund des US-amerikanischen Rechts für alle Autoren auftreten kann. Neben den Ausgleichszahlungen sieht der Vergleich vor, dass die Autoren in einer sog. "Book Rights Registry" angeben, ob und wie Google ihre Werke verwerten darf. Eine finanzielle Beteiligung an den Gewinnen ist vorgesehen. Ungewöhnlich an diesem Vergleich ist, dass aufgrund eines internationalen Abkommens dieses Verfahren für alle Autoren gelten könnte deren Bücher in den USA vorgehalten werden. Das ist juristisch insofern bedenklich, dass damit US-amerikanisches Recht quasi einen völkerrechtlichen Status erhalten würde. Allerdings steht die Bestätigung des Vergleichs durch ein Gericht noch aus. Somit ist die Beurteilung von möglichen Auswirkungen auf Deutschland und Europa sehr schwierig und für mich als juristischen Laien kaum möglich. Die Piratenpartei hat in dieser Frage auch noch keinen eigenen Standpunkt formuliert.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass Google mit der Buchdigitalisierung einen logischen und konsequenten Schritt im digitalen Zeitalter unternommen hat. Es gibt daran Einiges zu kritisieren und erfordert eine öffentliche Debatte, die nicht nur durch einige wenige Gruppen dominiert werden darf.

Positiv an der Google Book Search ist auf jeden Fall dass auch sog. "orphan books", also Bücher ohne bekannten oder auffindbaren Autor, durch die Digitalisierung der Nachwelt erhalten werden.

Ich hoffe Ihre Frage ist damit beantwortet.

Mit freundlichen Grüßen

Emanuel Kotzian