Frage an Emanuel Kotzian von Achim S. bezüglich Bildung und Erziehung
Hallo,
wie steht die Piraten-Partei und wie stehen Sie als Kandidat zum "Fraktionszwang", den die etablierten Parteien immer wieder "betonen"?
Laut §38, Abs. 1 des GG sind Abgeordnete ja nicht an Weisungen gebunden und nur ihrem Gewissen verpflichtet.
Würden Sie daher bei einer Abstimmung Ihre evtl. der Partei-Meinung entgegensetzte eigene Meinung vertreten?
A. Schäfer
Sehr geehrter Herr Schäfer,
aus meiner Sicht müssen das vorher geschriebene Parteiprogramm und das Verhalten der jeweiligen Abgeordneten übereinstimmen. Natürlich kommt es im politischen Betrieb vor, dass zu verschiedenen tagesaktuellen Themen kein Parteiprogramm vorhanden ist. In diesem Falle müssen natürlich grundsätzliche Werte der jeweiligen Partei und gesunder Menschenverstand ran. Das ist der Beruf des Politikers! Im übrigem würde ich gerne einen Teil der Verantwortung an die Wähler weiterreichen und trete für mehr Volksbefragungen, Referenden und Volksentscheide ein. Dieses würde uns mehr Demokratie und Vertrauen bringen. Persönlich stehe ich auch mit meinem Abstimmungsverhalten zu allem, was zum Zeitpunkt meiner Kandidatur Beschlusslage der Piratenpartei ist.
Sollte ich in den Bundestag einziehen werde ich versuchen möglichst einstimmig mit der Piratenpartei zu stimmen. Bei einzelnen Fragen, kann ich heute aber noch nicht ausschließen dass ich mich unter Umständen auf mein Gewissen berufen müsste.
Der sogenannte Fraktionszwang dem ja kein Abgeordneter wirklich unterliegt ist ein sehr zwiespältiger Sachverhalt!
Einerseits ist es nur natürlich dass nicht jeder Abgeordnete zu jedem Thema eine fundiert Meinung haben kann und er dann seiner Fraktion/Partei vertrauen sollte, was das Abstimmungsverhalten anbelangt.
Insofern ist dann ein echtes Fraktionsteam Hilfe für den Abgeordneten weil es ihn entlastet und er sich umso besser auf seine Themen konzentrieren kann. Andererseits führt ein missverstandener Fraktionszwang direkt zur Scheinfreiheit des einzelnen Abgeordneten.
Ich habe bisher noch nicht verstanden, weshalb eine Regierung in jedem Fall alle Gesetzte im Parlament durchbringen muss und hierzu jeden einzelnen Abgeordneten zur konformen Abstimmung zu zwingen versucht. Manchmal sogar gleich mit der Kanzlerfrage verknüpft damit ja kein Abgeordneter widersprechen kann, da er dann ja nicht auf die nächste Wahlliste positioniert wird.
Das tatsächliche Problem besteht hier vor allem in der Aufhebung der Gewaltenteilung zwischen Regierung und Parlament. Ich meine, dass das Abweichen von Abgeordneten von der Regierungsmeinung eher dazu führen sollte, dass nochmals nachgedacht wird ob das Gesetzesvorhaben denn wirklich gut ist, wenn schon die eigenen Abgeordneten Zweifel daran hegen.
Ich hoffe Ihre Frage umfassend beantwortet zu haben und wünsche schöne Herbstgrüße!
Emanuel Kotzian