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Elisabeth Winkelmeier-Becker
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Frage von Anja W. •

Frage an Elisabeth Winkelmeier-Becker von Anja W. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Winkelmeier-Becker,
ich bin allein erziehende Mutter von zwei Kindern. Der Vater der Kinder zahlt keinen Unterhalt. Die Kinder erhalten Unterhaltsvorschuss. Und wie Sie sicher wissen, wird der gesamte Kindergelderhöhungsbetrag ab Januar 2009 vom Unterhaltsvorschuss wieder abgezogen, so dass meine Kinder 0,00€ mehr haben als vorher.

Würden Sie mir bitte erklären, welchen Sinn diese Kindergelderhöhung gerade für arme Kinder haben soll?

Ich meine damit nicht eine Erklärung der geltenden Gesetze (die kann ich ja auch woanders nachlesen), sondern Ihre persönliche Erklärung, welchen Sinn diese Erhöhung macht, wenn sie bei den Ärmsten nicht ankommt...

Fassungslose grüße
Anja Winkel

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Winkel,

ich habe Verständnis dafür, dass Sie sich aktuell mehr erhofft haben und durch die Anrechnung auf die zusätzlichen Unterhaltsvorschusszahlungen jetzt enttäuscht sind; die Antwort ist etwas kompliziert und wird am vorläufig unbefriedigenden Ergebnis nichts ändern. Ich möchte aber versuchen, Ihnen den Zusammenhang zu erklären.

Durch das Unterhaltsänderungsgesetz ist mit Wirkung zum 1.1.2008 die Berechnung des Mindestunterhalts verändert worden. Sinnvoller Weise nimmt er jetzt auf das sächliche Existenzminimum iSv § 32 Abs. 6 S. 1 des Einkommenssteuergesetzes Bezug; Folge ist, dass künftig grundsätzlich mit jeder Erhöhung dieses Betrages, der regelmäßig mit dem Existenzminimumsbericht der Bundesregierung neu ermittelt wird und der sich unmittelbar auf die Berechnung des steuerlichen Freibetrages auswirkt, sich auch der Mindestunterhalt und Unterhaltsvorschussbetrag automatisch erhöhen. Damit ist für die Zukunft gesichert, dass der steuerliche Freibetrag und der Gesamtbetrag, der als Unterhaltsvorschuss und Kindergeld einem allein erziehenden Elternteil zur Verfügung steht, immer parallel steigen. Gleichzeitig steigt dann idR auch das Kindergeld, durch die Verrechnung mit dem Unterhaltsvorschuss hat dies aber keine selbständige Auswirkung auf die Gesamtsumme, die Alleinerziehenden zur Verfügung steht (lediglich Erhöhungen für das 3. und weitere Kinder werden sofort wirksam).

Warum gilt dies nun bei der aktuellen Freibetrags- und Kindergelderhöhung nicht? Die neue Regelung des Mindestunterhalts sieht vor, dass für kleine Kinder unter 6 Jahren vom Freibetrag nur 87% zu zahlen sind, für Kinder vom 7. bis zum vollendeten 12. Lebensjahr 100 %, für ältere Kinder dafür aber 117 %. Im Vergleich zu der früher geltenden Regelung, die auf die Regelbetragsverordnung Bezug nahm, hätte dies bei Kindern bis 12 Jahren vorübergehend zu einer Verschlechterung geführt. Um dies zu vermeiden, wurde in einer Übergangregelung in § 36 Nr. 4 EGZPO (Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung) und dementsprechend in § 2 Abs. 1 Unterhaltsvorschussgesetz festgelegt, dass die Beträge von 279 € bzw. 322 € nicht unterschritten werden dürfen. Die aktuelle Freibetragserhöhung und in ihrer Folge die Kindergelderhöhung beruht nun auf folgenden Beträgen: das sächliche Existenzminimum wird um 216 € auf jährlich 3864 € erhöht. Für Kinder unter 6 Jahren beträgt der Mindestunterhalt davon 87 %, also gerundet 281 € im Monat; der bisher schon geltende gesetzliche Mindestbetrag wird damit geringfügig überschritten. Für Kinder bis 12 Jahre ergeben 100 % von 3864 € demgegenüber exakt den gesetzlichen Mindestbetrag von monatlich 322 €.

Die Übergangsregelung, die Alleinerziehende bei Inkrafttreten des Unterhaltsänderungsgesetzes vor einer (vorübergehenden) Kürzung des Mindestunterhaltsbetrags geschützt hat (nicht nur nach Unterhaltsvorschussgesetz, sondern v.a. auch im Verhältnis zu einem unterhaltspflichtigen anderen Elternteil), wirkt sich nun so aus, dass die aktuelle Erhöhung für Unterhaltsvorschussbezieher nicht bzw. kaum spürbar wird.

Die genannten Beträge zeigen außerdem, dass Bezieher von Unterhaltsvorschuss aufgrund ihrer privaten schwierigen Situation in jedem Fall deutlich mehr staatliche Unterstützung erhalten, als alle anderen Bezieher von Kindergeld (164 € bzw. 170 € / 195 €); auch die maximale Wirkung des Steuerfreibetrages (ca. 240 €) wird deutlich überschritten. Von einer Benachteiligung gegenüber den Eltern, die nun von einer Erhöhung des Freibetrags bzw. des Kindergeldes profitieren, kann aus diesem Grund meines Erachtens keine Rede sein. Und: Bei der nächsten Erhöhung sind Sie wieder dabei.

Freundliche Grüße

Elisabeth Winkelmeier-Becker

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