Frage an Elisabeth Winkelmeier-Becker von Bernd E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geerhte Frau Dr. Winkelmeier-Becker,
mehr eine Bitte aber auch eine Frage. Als meine Bundestagsabgeordnete möchte ich Sie auf ein dringendes Problem hinweisen und Sie bitten, in meinem Namen tätig zu werden.
Konkret geht es um die neue EU-Urheberrechtsrichtlinie und im speziellen um den Artikel 13.
Kurz gefasst werden hier – in Verschärfung der bisherigen Vorgaben, nach denen Forenbetreiber urheberrechtlich geschütztes Material innerhalb von 24 Stunden nach Kenntnis löschen müssen, bereits der Upload unter Strafe gestellt.
Im Rahmen dieser – sicherlich gut gemeinten – Richtlinie wird leider übersehen, dass eine Vielzahl an nichtgewerblichen bzw. nicht auf Gewinn ausgelegten Foren und Websites (meist zur Hilfe und Selbsthilfe zu unterschiedlichsten Themen) die neue Verordnung nicht umsetzten werden können.
Um Ihnen den Themenbereich darzustellen, hier eine unvollständige Auflistung:
Selbsthilfegruppen z.B. zu
- Krebs, Behinderung, Suchterkrankungen und Ernährung
- Hilfe bei Computer-Problemen
- Hobbies wie Haustiere, Autos, Fotografie oder Angeln
- Geschichte und Politik
- Urlaub & Reisen
- Berufsgruppen wie z.B. Friseure, Rettungssanitäter, Feuerwehrleute oder Techniker
Gerade der nichtgewerbliche Teil des Internets ist finanziell und personell nicht in der Lage, diese Vorgaben zu erfüllen – mit einem erheblichen (finanziellen und Existenz bedrohenden) Risiko für die privaten Betreiber. Viele Betreiber haben schon angekündigt, dieses Risiko zukünftig nicht mehr tragen zu wollen bzw. zu können und werden ihre Aktivitäten einstellen.
Diese Foren haben in unserer Gesellschaft und auch für mich eine hohe Relevanz. Bitte lassen Sie mich wissen, welche Möglichkeiten Sie noch sehen. Kann eine negative Abstimmung im Europaparlament so zu einer Korrektur der Richtlinie führen? Ich verstehe auch die Franzosen nicht, die haben genausoviele Foren etc. und wären ähnlich betroffen, wieso wollen diese die Richtlinie?
Vielen Dank,
B. E.
Sehr geehrter Herr E.,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ihre Sorge lässt sich aber schnell ausräumen, denn genau für diese Fälle sieht die Richtlinie Ausnahmen vor:
Ausdrücklich ausgenommen von der Verantwortlichkeit sind nicht-kommerzielle Dienste, wie Online-Enzyklodädien (Wikipedia u. a.), Plattformen in den Bereichen Wissenschaft und Bildung; Open-Source-Software-Entwicklungs-Plattformen, Online-Marktplätze (Amazon, ebay) oder auch Cloud-Speicherdienste (DropBox, GoogleDrive), vgl. Artikel 2 Abs. 5 Satz 2.
Auch fallen jegliche Plattformen aus dem Anwendungsbereich, deren Hauptzweck es gerade nicht ist, große Mengen an urheberrechtlich geschützten Werken zugänglich zu machen. Nicht betroffen sind daher Diskussionsforen auf Blogs oder kommerziellen Nachrichtenseiten oder kleine soziale Netzwerke, deren Hauptzweck nicht der Austausch urheberrechtlich geschützter Werke ist.
Die von Ihnen genannten Beispiel sind daher explizit ausgenommen.
Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Winkelmeier-Becker