Frage an Elisabeth Winkelmeier-Becker von Wolfgang F. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Winkelmeier-Becker
Ich heute morgen die folgende Kurznotiz in den Medien gelesen: "Die SPD berief für gestern sogar eine Aktuelle Stunde im Bundestag ein, sie forderte von der Regierung, Recht und Ordnung am deutschen Arbeitsmarkt wiederherzustellen. Union und FDP wiederum betrachten die Amazon-Affäre als - freilich zu verurteilenden - Einzelfall und sehen keinen Anlass, die Gesetze zu verschärfen."
Obwohl ich selbst das Glück habe, kein Leiharbeiter zu sein, wird dieses soziale Frage meine Entscheidung bei der diesjährigen Bundestagswahl erheblich beeinflussen. Bitte teilen Sie mir mit, ob auch Sie die Probleme bei der Leiharbeit auch "Einzelfall" betrachten und keinen Anlass sehen die Gesetze zu verschärfen.
Ich bedanke mich im voraus für eine aussagekräftige und klare Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Förster
Sehr geehrter Herr Förster,
vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch .
Ohne Zweifel sind die Vorfälle bei Amazon auf das Schärfste zu verurteilen.
Die Bundesarbeitsministerin hat deshalb auch sofort nach Bekanntwerden die Bundesagentur für Arbeit und den Zoll beauftragt die betroffenen Zeitarbeitsfirmen, die mit der deutschen Niederlassung von Amazon zusammenarbeiten, auf Verstöße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetzt zu überprüfen. Es wurden Verstöße festgestellt und derzeit wird in einem Verwaltungsverfahren über die Konsequenzen entschieden. Zeitarbeitsfirmen, denen ein Missbrauch nachgewiesen werden kann und die beispielsweise nicht nachweisen können, dass der gesetzliche Mindestlohn gezahlt oder Sozialbeiträge ordnungsgemäß abgeführt wurden, kann die Lizenz entzogen werden. Die Bundesarbeitsministerin hat erlaubnisrechtliche Konsequenzen deutlich angekündigt.
Allerdings sind nicht alle Mißstände, die bei Amazon bekannt geworden sind, mit dem Thema Leiharbeit gleichzusetzen. Wenn Mindestlöhne, die auch gerade in der Arbeitnehmerüberlassung gelten, nicht gezahlt werden und menschenunwürdige Wohn- und Lebensbedingungen aufgezwungen werden, ist das in jedem Fall rechtswidrig und inakzeptabel, ob mit oder ohne Leiharbeiterverhältnis. Ganz klar: die Gesetze erlauben ein solches Vorgehen, wie bei Amazon erlebt, definitiv nicht. Wichtig ist, dass solche Verstöße aufgedeckt und nach den bestehenden Gesetzen geahndet werden. Im Fall Amazon kommt hinzu, dass das Unternehmen seinen guten Ruf nachhaltig geschädigt hat und die Kunden es das mit Umsatz- und Gewinneinbußen spüren lassen. Das ist vermutlich die wirksamste Sanktion für ein Unternehmen wie Amazon. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird außerdem genauer prüfen, ob es hier um Einzelfälle geht oder ob eventuell doch gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht.
Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Winkelmeier-Becker