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Elisabeth Winkelmeier-Becker
CDU
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Frage von Christian A. •

Frage an Elisabeth Winkelmeier-Becker von Christian A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Winkelmeier-Becker,

hatten Sie außer Fraktionszwang weitere Gründe, gegen die Offenlegung von Nebeneinkünften zu stimmen? Welche?

Ich möchte vorsorglich hinzufügen, dass ich nicht an die Mär vom "gläsernen Abgeordneten" glaube, auch nicht an die vielzitierten Anwälte-Abgeordneten, deren Berufspraxis durch Offenlegung unmöglich wäre. Bundestagsabgeordnete wie Sie werden vom Volk (das bin u.a. ich) für ihre Tätigkeit großzügig alimentiert. Der Vereinbarung liegt die Grundannahme zugrunde, dass der/die Abgeordnete seine/ihre (gesamte) Kraft für das Mandat einsetzt. Zu ihrer Zeit als aktive Amtsrichterin war ihre persönliche Möglichkeit zu weiteren Nebeneinkünften durch das Beamtenrechtsrahmengesetz und weitere Vorschriften stark eingeschränkt. Jeder einfache Arbeitnehmer muss eine Nebentätigkeit erklären.

Mit welcher Begründung beanspruchen Volksvertreter hier also Sonderechte?

Mit freundlichen Grüßen,

Christian Aust

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Aust,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu den Nebeneinkünften von Abgeordneten.
Vorab möchte ich schicken, dass es in der Bundesrepublik Deutschland glücklicherweise keinen „Fraktionszwang“ gibt. Vielmehr ist verfassungsrechtlich eindeutig in Artikel 38 des Grundgesetzes verankert, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Eine gewisse Fraktionsdisziplin, die m.E. das parlamentarische Arbeiten in Fraktionen erst möglich macht, unterstütze ich. Jedoch habe ich durch abweichendes Abstimmungsverhalten in anderen Bereichen bereits deutlich gemacht, wie wichtig es mir persönlich ist, voll hinter meiner Entscheidung stehen zu können.

Fakt ist, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine deutlich erweiterte Stufenregelung befürwortet, um dem berechtigten Interesse der Öffentlichkeit an der Offenlegung von Einkünften zu entsprechen. Das geltende Stufenmodell wurde gerade deshalb gewählt, weil zwischen den Grundrechten der Abgeordneten und dem öffentlichen Interesse abzuwägen war.

Es gibt gute Gründe dafür, dass Abgeordnete nicht jegliche andere berufliche Tätigkeit aufgeben müssen, um das Mandat verantwortungsvoll ausüben zu können. Rund 30 % der Abgeordneten stammen als Selbständige aus den Bereichen Gewerbe und Handwerk aber auch aus den Freien Berufen. Diesen Abgeordneten ist es nicht zuzumuten, sich vollständig aus ihren Betrieben oder Kanzleien zurück ziehen zu müssen, da sie - völlig zu Recht - keine Sicherheit haben, dass sie ihr Mandat bis zur Renten- bzw. Pensionsgrenze behalten, sondern bei jeder Bundestagswahl wieder um ihr Mandat kämpfen müssen.

Ein eigenes berufliches „Standbein“ außerhalb der Politik kann ein wertvoller Beitrag zur persönlichen Unabhängigkeit der Mandatsträger von der Politik sein - die doch von den Bürgern auch immer wieder eingefordert wird. Nicht jeder Kollege hat da das gleiche Glück wie ich, durch eine Stelle im öffentlichen Dienst bzw. bei der Justiz ein garantiertes Rückkehrrecht zu haben.

Fakt ist auch, dass allzu detaillierte Offenlegungspflichten diese - aus meiner Sicht letztlich akzeptable - nebenberufliche Tätigkeit unangemessen bewertet. Wir werden mit dem deutlich differenzierteren Stufenmodell dem Informationsbedürfnis der Bürger wesentlich besser entsprechen als mit der geltenden Regelung.

Aus meiner Sicht ist das ein guter Kompromiss, den ich mittragen kann.

Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Winkelmeier-Becker

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