Frage an Elisabeth Winkelmeier-Becker von Hans Joachim W. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Winkelmeier-Becker,
was unternehmen Sie bzw. Ihre Partei zur Durchsetzung eines Schächverbotes?
Religionsfreiheit und ihre Auslebung dürfen nicht die Freiheit, die körperliche Unversehrheit und das Leben anderer bedrohen. Beim Schächten ist aber genau dies der Fall. Gewollt betäubungslos zu schlachten, um koscheres Fleisch zu produzieren verletzt im höchsten Maße das Tierschutzgesetz, was nicht hinter dem der freien Auslebung der Religion zurückgestellt werden darf. Hier bleibt der Respekt vor dem Tier und seiner Rechte auf der Strecke.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Wiedbrauck
Sehr geehrter Herr Wiedbrauck,
in Deutschland ist das Schlachten von Tieren ohne vorherige Betäubung grundsätzlich verboten. Für Angehörige bestimmter Glaubensgemeinschaften ist jedoch eine Ausnahme von der Betäubungspflicht möglich. Verstöße gegen die bestehenden Gesetze können als Ordnungswidrigkeit oder sogar als Straftat geahndet werden. Eine Ausnahmegenehmigung kann nur erteilt werden, wenn der Antragsteller nachweisen kann, dass die Vorschriften seiner Religionsgemeinschaft das Schächten zwingend vorschreiben. Anderseits ist es durch die Entwicklung neuer Verfahren, wie der Elektrokurzzeitbetäubung, möglich das Tier zu betäuben, ohne dass religiöse Speisevorschriften verletzt werden.
Wir setzen uns dafür ein, dass auch mit den religiös begründeten Ausnahmeregelungen sehr restriktiv umgegangen wird und tierschutzsichernde Auflagen erteilt werden. Zudem werden wir unsere Bemühungen fortsetzen, bei den entsprechenden Glaubensgemeinschaften Akzeptanz für die Elektrokurzzeitbetäubung zu gewinnen. Gesetzliche Regelungen stoßen – das haben die Diskussionen der letzten Jahre um die Gesetzesinitiative des Landes Hessen (2007) gezeigt - auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken.
Insgesamt hat der der Tierschutz für uns in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine zentrale Bedeutung. Wir setzen uns für artgerechte Tierhaltung und -ernährung ein. Wir wollen den Tierschutz in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung im Einklang mit der Wirtschaftlichkeit voranbringen. Zur Verringerung von Tierversuchen werden wir die Entwicklung von Ersatzmethoden weiter fördern. Erfolgreicher Tierschutz kann insbesondere auch auf europäischer und internationaler Ebene verwirklicht werden. Wir setzen uns dafür ein, dass Tiertransportzeiten in der EU weiter begrenzt werden.
Dass es ein generelles „Schächtverbot“ in der Bundesrepublik nicht gibt, hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung aus November 2006 nochmals deutlich gemacht. Danach ändert auch die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel ins Grundgesetz nichts. Leitsatz: "Die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in Art. 20 a GG schließt es nicht aus, einem muslimischen Metzger eine Ausnahmegenehmigung nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 TierschG zum betäubungslosen Schlachten (Schächten) von Rindern und Schafen zu erteilen, um seine Kunden entsprechend ihrer Glaubensüberzeugung mit Fleisch zu versorgen. Auf der Grundlage von § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierschG ist der erforderliche Ausgleich zwischen dem zur Staatszielbestimmung erhobenen Tierschutz und den betroffenen Grundrechten weiterhin so herzustellen, dass beide Wirkung entfalten können" (Urteil vom 23.11.2006, AZ. BVerwG 3 C 30.05). Mit anderen Worten: Trotz der Grundgesetzänderung mit dem neuen Art. 20 a GG wird es aufgrund der ebenfalls grundrechtlich geschützten Glaubensfreiheit weiterhin keine Regelung geben können, die das Schächten ausnahmslos verbietet.
Bei aller berechtigten Kritik müssen wir - gerade auch als Gesetzgeber - beachten, dass mit einer Einschränkung der Möglichkeit des Schächtens direkt in das Grundrecht auf freie Religionsausübung von Muslimen und Juden in Deutschland eingegriffen wird. Selbst, wenn man den Tierschutz dennoch als gewichtiger ansehen sollte, müssen wir erreichen, dass die berechtigten Anliegen von Millionen von betroffenen Menschen Beachtung finden. Hier gilt es, zu einem guten Kompromiss zu kommen, der auch im Deutschen Bundestag eine Mehrheit finden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Winkelmeier-Becker