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Ekin Deligöz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Thomas M. •

Warum wird das Kindergeld bei Familien mit Aufstockern und Bürgergeldempfängern weiterhin und vermutlich auch über 2025 hinaus angerechnet und in Abzug gebracht?

Sehr geehrte Frau Deligöz,

es wäre doch bei aller Notwendigkeit zur Schaffung von Chancengleichheit und Teilhabe denkbar, für Aufstocker und Bürgergeldempfänger, ein Gutschein- oder Bezahlkartrnsystem einzuführen. Dieses muß dann auch für den vorgenannten Personenkreis nicht zusätzlich oder unnötig kompliziert beantragt werden müssen. Denkbar wäre doch, dass es in der selben Höhe analog dem Kindergeld oder z. B. 150 Euro, Gutscheine oder eine Bezahlkarte gibt, die dann begrenz auf Nachhilfe, Beiträge zu Sportvereinen, Eintritt in Freizeiteinrichtungen usw. verwendet werden könnten. Hierdurch wäre eine merkliche Erhöhung der Chancengleichheit und Teilhabe erreichbar. So wie die Kindergrundsicherung vermutlich ausgestaltet werden wird, sehe ich wenig Verbesserung und diese zurecht der negativen Kritik ausgesetzt.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Kindergrundsicherung und zum Aspekt der Teilhabe von Kindern und Jugendlichen. Der Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung befindet sich derzeit im parlamentarischen Verfahren. Die Koalitionsfraktionen diskutieren die Ausgestaltung und mögliche Änderungen. Ich hoffe auf Ihr Verständnis, dass ich jetzt nicht über den Ausgang der Verhandlungen spekulieren kann. Das liegt nicht zuletzt daran, dass ich zwar Abgeordnete bin, im betreffenden Themenfeld und bei den Verhandlungen jedoch als Parlamentarische Staatssekretärin das Bundesfamilienministerium vertrete. Die Regierung ist mit den beteiligten Ministerien zwar beratend vertreten, entschieden wird das Verfahren jedoch von den Fraktionen im Bundestag.
Ich kann aber darauf verweisen, dass schon im Gesetzentwurf der Regierung ein sogenanntes Kinderchancenportal vorgesehen ist. Über dieses sollen Teilhabeleistungen von Kindern und Jugendlichen digital abgewickelt werden können. Es wird also in diese Richtung gedacht. Diese Teilhabeleistungen gibt es als "Bildungs- und Teilhabepaket" (BuT) bereits auf gesetzlicher Grundlage für Kinder im Bürgergeld, für Kinder die den Kinderzuschlag oder auch Leistungen in der Sozialhilfe oder dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Sie setzen sich zusammen aus einem Teilhabebetrag (zum Beispiel für Sportvereine oder Musikunterricht), Schulmaterialien, Klassenfahrten oder -ausflüge, Lernförderung und Schülerfahrkarten im Nahverkehr. Insofern gibt es schon diesen Weg der Unterstützung. Im Übrigen erhalten sie aber natürlich Geldleistungen wie das Kindergeld, den Kinderzuschlag oder die Regelsätze.
Zur Frage nach der Anrechnung von Kindergeld beim Bürgergeld oder dem Kinderzuschlag (das ist eine Leistung zusätzlich zum Kindergeld für die Familien, in denen die Eltern genug verdienen, um ihren eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten, das Einkommen aber nicht für die Bedarfe der Kinder ausreicht): Das Bürgergeld (oder vergleichbare Leistungen) soll das Existenzminimum der leistungsberechtigten Person gewähren; in diesem Fall reden wir von den Kindern und Jugendlichen. Das Bürgergeld umfasst den ermittelten Bedarf (Regelsatz), das oben erwähnte BuT sowie Wohnkosten. Gegebenenfalls kommen noch spezielle Mehrbedarfe hinzu, zum Beispiel wenn krankheitsbedingt eine bestimmte Ernährung erforderlich ist. Damit wird jeder Bürgerin und jedem Bürger mit Kindern das Notwendige für den Lebensunterhalt, einschließlich Teilhabemöglichkeiten, gewährt. Das ist ein richtiges und wertvolles Sozialstaatsprinzip. Es ist aber dann folgerichtig, dass ein anderes Einkommen, wozu auch das Kindergeld zählt, angerechnet wird. Sonst würde die Finanzierbarkeit dieser Grundsicherung in Frage gestellt. Und es muss ein vernünftiges Verhältnis der Leistungshöhe gegenüber Erwerbstätigen gewahrt werden. Das würde ich so im Grundsatz feststellen wollen. Natürlich kann man dann über viele Einzelaspekte diskutieren, also etwa über die genaue Höhe des Regelsatzes oder des BuTs. Oder darüber, wie stark bei Personen, die aufstocken, zusätzliches Einkommen angerechnet beziehungsweise in welcher Höhe Freibeträge gewährt werden sollen. Es ist ein weites Feld und ich hoffe, ich konnte die Komplexität des Vorhabens im Ansatz verdeutlichen. 
Mit freundlichen Grüßen
Ekin Deligöz

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