Frage an Ekin Deligöz von Albrecht K. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Deligöz,
Sie fordern im Focus Online vom 08.02.08, daß "Migranten nicht mehr zu Wahlkampfzwecken instrumentalisiert werden".
Oberstaatsanwalt Roman Reusch, Leiter der Intensivtäterabteilung in Berlin, hat in seinem Vortrag vor der Hans-Seidel-Stiftung am 07.12.07 ( http://www.hss.de/downloads/071207_VortragReusch.pdf ) nachgewiesen, daß die Masse der Intensivtäter (71%) von orientalischen Migranten gestellt wird.
Fordern Sie nur deshalb, daß das Thema "Migrantengewalt" aus Wahlkämpfen herausgehalten wird, weil es das von Ihrer Partei propagierte "MultiKulti" ad absurdum führt, oder gibt es auch noch andere Gründe (die Sie uns bitte wissen lassen möchten)?
"In Deutschland gilt derjenige als viel gefährlicher, der auf den Schmutz hinweist, als der, der ihn gemacht hat." (Carl von Ossietzky)
Mit freundlichen Grüßen
Albrecht Klein
Sehr geehrter Herr Klein,
Meine Forderung, Migranten nicht mehr zu Wahlkampfzwecken zu instrumentalisieren halte ich auch weiterhin aufrecht, nicht weil ich nicht weiß, dass ein Großteil der in den Medien besprochenen Gewalttaten von Jugendlichen mit Migrationshintergrund begangen werden. Sondern weil ich weiß, dass Gewalt hier nicht Ausdruck des Andersseins ist, sondern der Perspektivlosigkeit mit der diese jungen Menschen in unserer Gesellschaft konfrontiert werden. Im Wahlkampf wurden Buh-Männer ausgemacht und nicht auf die Ursachen und Hintergründe geschaut.
Die Ursachen von Jugendgewalt sind vielfältig und komplex: Neben gesellschaftlichen Brüchen, mangelnden Bildungschancen und fehlenden beruflichen Perspektiven für viele Jugendliche ist das Erleben von und der Umgang mit Gewalt in verschiedensten Formen Ursache von jugendlicher Gewaltanwendung. Nicht der Migrationshintergrund, sondern die daraus resultierende Mehrfachbelastung ist entscheidend. Stigmatisierungseffekte rücken Jugendliche mit Migrationshintergrund und ihre Familien besonders ins Abseits. Diese Jugendlichen sind viel häufiger Hauptschüler als vergleichbare deutsche Jugendliche, sie bekommen seltener einen Ausbildungsplatz und landen selbst nach erfolgreich abgeschlossener Berufsausbildung in der Arbeitslosigkeit. Nicht die ethnische Herkunft, sondern soziale Desintegration, Perspektiv- und Chancenlosigkeit sowie strukturelle Benachteiligung können Gewaltrisikofaktoren begünstigen.
Daher brauchen wir ein Gesamtkonzept der Prävention und Integration, gegen soziale Ausgrenzung und Bildungsarmut. Nur eine Jugend- und Bildungspolitik, die auch Kindern aus armen und bildungsfernen Elternhäusern Chancen eröffnet, leistet einen nachhaltigen Beitrag zur Gewaltreduktion. Hier setzt grüne Jugendpolitik an. Unsere Antwort auf Jugendgewalt fußt auf zwei Strategien: erstens einer wirksamen Prävention, die verhindert, dass aus Kindern gewalttätige Jugendliche werden. Und zweitens dem schnellen Eingreifen, wenn Gewalt verübt wird. Gewalttätige Jugendliche müssen merken, dass ihr Handeln Folgen hat und lernen, sich friedlich zu behaupten. Auch die Opfer von Jugendgewalt, meist selbst Jugendliche, müssen stärker in den Blick genommen werden, nur so können Gewaltspiralen unterbrochen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ekin Deligöz MdB