Frage an Ekin Deligöz von Christine K. bezüglich Verbraucherschutz
Hallo, liebe Frau Deligöz,
wie groß ist die Gefahr für uns Verbraucher, dass die Wasserwirtschaft privatisiert wird?
Welche (un)heimlichen Pläne aus Brüssel sind hierzu bekannt?
In welcher Form setzen Sie sich dafür ein, dass die Wasserversorgung in kommunaler Hand bleibt?
Über Ihre Antwort würde ich mich freuen und wünsche Ihnen eine prima Osterwoche.
Christine Klawikowski
Sehr geehrte Frau Klawikowski,
ich stimme mit Ihnen völlig überein: Die Versorgung mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser ist ein Menschenrecht, Wasser das Lebensmittel Nummer eins. Deshalb darf Wasser nicht zum Handelsgut werden wie andere Güter, deshalb darf die Wasserversorgung in den deutschen Städten und Gemeinden nicht privatisiert werden.
Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag und im Europaparlament setzen sich schon seit einiger Zeit mit den Richtlinienvorschlägen der EU auseinander und versuchen, diese in der vorliegenden Fassung zu verhindern und für die Herausnahme des Wassers aus den Richtlinien zu streiten.
Schon Anfang letzten Jahres haben meine Kolleginnen Britta Haßelmann und Kerstin Andreae an den in dieser Frage federführenden Wirtschaftsminister Herrn Rösler geschrieben und ihn gebeten, die Bedenken der kommunalen Seite bezüglich der Vorschläge ernst zu nehmen. Geantwortet hat er u.a.: „Konzessionen sollten aufgrund ihres wirtschaftlichen Potentials in einem transparenten und rechtlich überprüfbaren Verfahren vergeben werden. Wir begrüßen daher die mit der Konzessionsrichtlinie verfolgten Ziele der Europäischen Kommission, einen besseren Zugang zu den Konzessionsmärkten sowie mehr Rechtssicherheit zu schaffen.“ – also überhaupt nicht im Sinne der Kommunen.
Meine Fraktion hat auch zwei Anträge in den Deutschen Bundestag eingebracht, die sich gegen diese Richtlinie wenden. Unser Antrag „Keine Privatisierung der Wasserversorgung durch die Hintertür“ wurde Ende Februar dieses Jahres im Bundestag beraten. Leider wurden beide Anträge von der Mehrheit aus CDU/CSU und FDP abgelehnt, obwohl wir im letzten Antrag (Drucksache 17/12394) den Parteitagsbeschluss der CDU vom Dezember zur Abstimmungsgrundlage gemacht haben.
Fast gleichzeitig sah es so aus, als würde der zuständige EU-Kommissar Barnier zurückrudern. Er kündigte Änderungen an der Richtlinie an und sprach von Wasser als einem „öffentlichen Gut“ und davon, dass er nicht in die traditionelle Strukturierung öffentlicher Unternehmen eingreifen wolle. Leider ist der nun schriftlich vorliegende Entwurf Barniers nicht so eindeutig. Es ist nicht klargestellt, ob die ungefähr 400 Stadtwerke in Deutschland, die mit privaten Anteilseignern arbeiten, nicht doch in die europaweite Ausschreibung und damit in die Liberalisierung gedrängt werden. Also kein Grund zur Entwarnung.
Auch möchte ich es nicht versäumen, sie darauf aufmerksam zu machen, dass die Richtlinie-Entwürfe nicht nur für die Wasserversorgung ein Problem darstellen. Die geplante Richtlinie geht weit über den Bereich der Wasserversorgung hinaus. Alle Dienstleistungskonzessionen sind betroffen. Insgesamt wird die interkommunale Zusammenarbeit, die nicht nur wir Grüne gerade in Zeiten des demografischen Wandels und der Finanzprobleme der Kommunen besonders unterstützen wollen, durch die Richtlinie erschwert und Rechtsunsicherheit geschaffen.
Auch aus diesen Gründen setzen wir uns dafür ein, diese kommunalfeindliche, in die kommunale Selbstverwaltung massiv eingreifende Richtlinie, in der vorliegenden Fassung zu verhindern und gemeinsam mit den grünen Kolleginnen und Kollegen auf europäischer Ebene und hier im Bundestag für ihre Veränderung zu streiten. Bisher setzt sich die CDU-FDP geführte Bundesregierung uneingeschränkt für die EU-Richtlinie ein und trägt somit politische Verantwortung für negative Auswirkungen auf die Kommunen.
Ich hoffe, dass der gebündelte kommunalpolitische Sachverstand in den Städten und Gemeinden Schwarz-Gelb dazu auffordern wird, endlich in Brüssel für eine Änderung der Richtlinie und die Herausnahme des Wassers zu streiten.
Mit freundlichen Grüßen
Ekin Deligöz