Frage an Ekin Deligöz von Günter S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Deligöz,
wenn ich der Presse (Tagespiegel, Berlin) vertrauen kann, haben sie dem Neuköllner Bezirksbürgermeister Buschkowsky vorgeworfen, sein Buch "Neukölln ist überall" enthalte keine Lösungsvorschläge.
In der eBook-Version, die ich mir besorgt habe, finde ich eine ganze Menge Vorschläge. Auch weiß ich aus der Presse, dass er in seinem Bezirk einige ganz konkrete erfolgreiche Projekte vorweisen kann. Damit heilt er eine 40jährigen problematische Einwanderungspolitik sicher nicht, aber seine Kritiker machen es sich etwas zu leicht.
Kann es sein, dass Sie das Buch gar nicht gelesen haben, aber sich dazu äußern?
Mit freundlichen Grüßen
Günter K. Schlamp
Sehr geehrter Herr Schlamp,
vielen Dank für ihre Anfrage.
Ich habe das Buch von Herrn Buschkowsky nicht in voller Länge gelesen, sondern nur in Auszügen, die in verschiedenen Medien veröffentlicht wurden. In dem Artikel im Tagesspiegel, auf den Sie sich beziehen, entsteht der Eindruck, ich würde meine Aussage über das Buch tätigen. Das war nicht so und wird hier falsch dargestellt.
Ich habe auch nie einfach gesagt, dass Heinz Buschkowsky keine Lösungen anbietet. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass er, wenn überhaupt, falsche oder zu einfache Lösungen vorschlägt. Ich habe genug von ihm und über sein Buch gelesen, kenne genügend Äußerungen von ihm aus Interviews oder Talkshows, um diese Meinung fundiert zu vertreten. Denn seine Argumentation folgt immer wieder dem selben Muster.
Letzten Endes läuft es immer wieder eindimensional auf die Forderung nach Härte hinaus. Und selbst dabei bleibt er im Ungefähren und drückt sich um konkrete Maßnahmen herum. Soll man mit Härte eine Frau dazu zwingen, ihr Kopftuch abzulegen? Soll man jungen Migranten mit Härte den Machokult austreiben? Soll man Fundamentalisten mit Härte das Missionieren vergällen? Schulschwänzer mit Handschellen an die Schulbänke ketten? Wie soll das denn bitte funktionieren?
Dort, wo es zu Gewalt kommt, ist die Härte des Gesetzes gefragt, das ist aber ein juristisches Instrument der Strafverfolgung, gilt für Migranten wie auch Biodeutsche und hat nichts, aber auch gar nichts mit Integration zu tun, sondern mit der Aufrechterhaltung der Ordnung und Durchsetzung der Gesetze, ohne Ansehen der Person.
Buschkowsky hat in seiner Amtszeit eigentlich ein paar ganz gute, konstruktive Ansätze zur Integrationsförderung in Neukölln umgesetzt. Um so mehr bin ich über seinen derzeitigen, rückschrittlichen Feldzug für mehr Härte statt moderner Integrationspolitik erstaunt. Die Entwicklung ist über solche Forderungen eigentlich längst hinweg gegangen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekin Deligöz