Frage an Eckart von Klaeden von Bernhard B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr von Klaeden,
der Presse habe ich Ihre alleinige Schuldzuweisung an die Hammas im jetzigen Nahostkonflikt entnommen. Ich halte das für absolut einseitig und nicht sachgerecht. Die Gründe für diesen Krieg liegen tiefer. Das Recht auf Selbstverteidigung steht jedem zu, den Isrelis aber auch den Palestinensern. Die Frage ist , wie das Recht in Anspruch genommen wird. Das stattgefundene massenhafte Töten kann nichtgerchtfertigt
werden. Selstmordattentate und Raketenbeschuß sind nicht zu vertreten.
Und jetzt die Fragen, die sich auf die Gründe beziehen:
-darf Israel die seit 1967 andauernde Besatzung aufrecht erhalten, das besetzte Land besiedeln, die Sperrmauer auf palestinensischem Boden errichten, die Bauern von ihren Feldern trennen,Familienzusammenführührungen zwischen Westbank und Ost-jerusalem verhindern, tausende von palestinensischen Häusern in Ost-Jerusalem und der Westbank für ihre Siedlungen, Straßen nur für Israelis und Sperranlagen zerstören und die Bewohner obdachlos machen und die Freizügigkeit innerhalb der Westbank durch hunderte von Checkpoints erschweren, dass sogar Mütter Kinder an Checkpoits gebären und medizinische Hilfe für Schwerkranke nicht geleistet werden kann?
-hat Israel das Recht, gezielte Tötungen vorzunehmen?
Seit der letzten Intifada sind so über 700 Personen umgebracht worden, über 200 davon waren absolut unbeteiligt (sogenannte Kollateralschäden).
Die Personen werden einseitig zu Terroristen erklärt, nicht angeklagt, nicht vor Gericht gestellt, haben keine Möglichkeit der Verteidigung und dann werden sie, unter Inkaufnahme von Unbeteiligten, auch Frauen und Kindern, von Jagdbombern oder Hubschraubern aus hingerichtet. All diese Dinge, die laufend geschehen, führen nur zu weiterem Hass und nicht zur Versöhnung.
-Sind die Israelischen Friedensbewegungen, die ein Ende der Besatzung und ein menschenwürdiges Leben, auch für Palestinenser fordern, nur blauäugig und realitätsfern?
Hochachtungsvoll
B. Böckmann
Sehr geehrter Herr Böckmann,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Lassen Sie mich vorab feststellen, dass in Kriegen die Zivilbevölkerung immer am meisten leidet, da sie Fürchterliches durchmachen muss. Dies war auch bei dem Krieg in Gaza zu Beginn des Jahres der Fall. Aber: Es betraf und betrifft nicht nur die palästinensische Bevölkerung. Auch die israelische Bevölkerung leidet und litt unter dem Konflikt: Schon seit nunmehr über sieben Jahren lebt sie in Angst und Schrecken vor den ständigen Raketenangriffen der radikal-islamischen Hamas. Seit dem Abzug der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen sind über 7.000 Raketen und Mörsergranaten auf israelisches Gebiet abgeschossen worden.
Für die israelische Regierung hat die Sicherheit ihres Landes und ein damit verbundenes Ende der Bedrohung durch Raketen aus Gaza absolute Priorität. Keine Regierung kann und darf hinnehmen, dass die eigene Bevölkerung ständig terrorisiert und drangsaliert wird. Die Hamas hat den Waffenstillstand im Dezember 2008 gebrochen und für die israelische Regierung war damals die einzige Alternative angesichts einer solchen Situation, gegen die Hamas militärisch vorzugehen.
Bei allen schrecklichen Vorgängen, die wir erfahren, müssen wir uns immer wieder klar machen, dass die Operationsführung der Hamas und die Israels sich grundlegend unterscheiden. Während Israel versucht, die palästinensische Zivilbevölkerung möglichst zu schonen, gehörte (und gehört noch) zur perfiden Strategie der Hamas so viele zivile Opfer auf beiden Seiten wie möglich hervorzurufen. Indem sich Hamas-Kämpfer in Krankenhäusern und Schulen, aber auch in Wohnhäusern verschanzten, missbrauchten sie die eigene Bevölkerung als Schutzschilder. Dies festzustellen, bedeutet nicht, einseitig zu sein. Wir sehen hier sehr wohl die Probleme, die beispielsweise die israelische Siedlungspolitik nach sich zieht, und benennen sie auch.
Der Nahost-Konflikt ist zu komplex und diffizil; eine Aufrechnung der bisherigen Taten oder Untaten der jeweiligen Konfliktparteien hilft nicht weiter. Im Gegenteil: Diese Diskussion verstellt den Blick in die Zukunft und behindert die so dringend erforderlichen politischen Verhandlungen. Es wird sich dabei um einen langwierigen und schwierigen Prozess handeln, an dessen Ende aber zwei Staaten stehen werden. Wir müssen beiden Seiten klar machen, dass sich dieser Weg lohnt und jeder andere Weg in die Irre führt.
Anliegend übersende ich Ihnen meine Rede vom 26. März 2009 in der Bundestagsdebatte "60 Jahre NATO", abrufbar unter http://www.cducsu.de/Titel__Reden/TabID__1/SubTabID__2/InhaltTypID__2/InhaltID__12626/Inhalte.aspx .
Mit freundlichen Grüßen
Eckart von Klaeden