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Eckart von Klaeden
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Frage von Thorsten K. •

Frage an Eckart von Klaeden von Thorsten K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr von Klaeden,

ich habe mit Genuss ihr Interview vom 14.08.2008 (Thema: Überdenken der europäischen Russland-Politik erforderlich) gelesen. Eine Frage würde ich Ihnen dennoch stellen wollen. Auf die Frage von Herrn Liminski ob Sie einen Unterschied zwischen dem Fall in Georgien und dem Kosovo sehen, sagten Sie:

"Es gibt einen ganz wesentlichen Unterschied, denn im ehemaligen Jugoslawien hat in Srebrenica ein Genozid stattgefunden. Dort haben serbische Truppen Jungen und Männer bosnischer Herkunft interniert und nach internationalen, unabhängigen Schätzungen ungefähr 8.000 von ihnen umgebracht."

Können Sie mir erklären welchen kausalen Zusammenhang Sie zwischen dem Fall Srebrenica und dem Kosovo sehen? Wie sie bestimt wissen und auch in Ihrer Antwort zu erkennen geben, liegt Srebrenica in Bosnien. Der Fall Srebrenica hat jedoch rein gar nichts mit der Anerkennung von Kosovo zu tun. Srebrenica fand 1995 statt (bosnische Bevölkerung), die Anerkennung Kosovos 2008 (Kosovo-Albaner). Kosovo-Albaner und Bosnier sind zwei paar verschiedene Schuhe Herr von Klaeden, das können Ihnen die Bevölkerungsgruppen selber bestätigen.

Ist es nicht vielmehr ein kläglicher Versuch Argumente auszugraben, wo es keine gibt um Ihre Doppelmoral zu vertuschen?

Die Wahrheit ist: Sie treffen Entscheidungen nach zweierlei Maß. Einmal nach amerikanischem und da existiert kein internationales Recht sondern nur "pax americana". Dann, wenn amerikanische Interessen nicht verfolgt werden, dann gibt es wider die UNO und das internationale Recht und alle wachen auf und erheben den Finger! Die teritoriale Integrität Serbiens ist demnach nichtig (die Resolution 1244 einfach übersehen), die von Georgien dagegen unantastbar. Dann sagen Sie doch einfach: wir haben das zu tun was Washington uns sagt. Da steckt mehr Wahrheit hinter, als Srebrenica mit Kosovo in einen kausalen Zusammenhang zu bringen.

Mfg Bruns

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Klodzyk, sehr geehrter Herr Bruns,

offensichtlich im Gegensatz zu Ihnen sehe ich schon eine Vergleichbarkeit zwischen Srebrenica und dem Kosovo - und zwar in den 1990er Jahren.
Dass in Srebrenica ein Genozid verübt wurde, darüber sind wir uns ja einig. Aber auch im Kosovo fand eine ethnische Säuberung statt: Die im Kosovo lebenden Albaner waren durch die serbischen Truppen verfolgt und vertrieben worden. Dies festzustellen, halte ich nicht für Doppelmoral. Auch aufgrund der Erfahrungen in Srebrenica griff die NATO ja 1999 im Kosovo ein.
Im Fall Abchasien/Südossetien war es im Übrigen umgekehrt: Dort wurde die georgische Bevölkerung - mit Hilfe russischer Milizen - vertrieben. Während die albanische Bevölkerung im Kosovo immer die Mehrheit darstellte, waren vor den Vertreibungen aus den separatistischen Regionen die Georgier gar in der Mehrheit gewesen. In Südossetien lebten die Bevölkerungsgruppen weitgehend friedlich nebeneinander. Im Übrigen muss man die russischen Behauptungen, die Georgier hätten in Tschinvali einen Genozid begangen, als Gräuelpropaganda bezeichnen. Die renommierte Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch widerspricht der russischen Darstellung in einem ausführlichen Bericht. Vielmehr seien georgische Ortschaften in Südossetien geplant systematisch zerstört worden, mit der Absicht, die Gebiete "ethnisch zu säubern".

Was die territoriale Integrität Serbiens angeht und die (vermeintliche) Vergleichbarkeit mit Abchasien/Südossetien angeht, will ich doch darauf hinweisen, dass Kosovo seit 1999 nicht mehr von Serbien verwaltet worden war, sondern von den Vereinten Nationen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, dem Russland ja als ständiges Mitglied angehört, war ständig mit der "Kosovo-Frage" befasst. Mit russischer Zustimmung wurde Marti Ahtisaari zum VN-Sonderberichterstatter ernannt und mit einem Mandat zur Vermittlung einer Lösung zwischen der serbischen Regierung und den Kosovo-Albanern betraut. Doch dann schwenkte Russland um, machte sich allein die serbische Position zu eigen. Auch eine auf Wunsch Moskaus initiierte Troika-Mission von EU, USA und Russland unter Leitung des deutschen Diplomaten Ischinger konnte vor diesem Hintergrund keine Erfolge zeitigen.

Ganz anders ging nun Russland in der Georgien-Krise vor. Moskau hatte nie etwas zur Lösung der so genannten frozen conflicts in Abchasien und Südossetien unternommen und die Konflikte auf unterschiedliche Weise sogar geschürt. Obwohl in Punkt 6 des Waffenstillstandsabkommens vom 12. August 2008 "Die Aufnahme internationaler Gespräche über Modalitäten für die Sicherheit und Stabilität in Südossetien und Abchasien" festgeschrieben wurde, hat sich Russland nicht daran gehalten, sondern ohne Konsultationen in den entsprechenden Gremien der Vereinten Nationen und der OSZE Fakten geschaffen und die Unabhängigkeit der beiden abtrünnigen Regionen anerkannt. Das militärische Vorgehen Russlands gegen Georgien, der Einmarsch in einen anderen Staat, ohne angegriffen worden zu sein oder durch die Vereinten Nationen mit einem entsprechenden Mandat legitimiert worden zu sein, ist und bleibt völkerrechtswidrig.

Anliegend finden Sie einen Artikel der Neuen Zürcher Zeitung vom 28. August 2008 ( http://www.nzz.ch/nachrichten/international/suedossetien_ist_nicht_kosovo_1.817400.html ).
Ich empfehle ihn Ihrer Lektüre.
Außerdem möchte ich auf meine Rede vom 26. März 2009 in der Bundestagsdebatte "60 Jahre NATO" verweisen. Hier der Link: http://www.cducsu.de/Titel__Reden/TabID__1/SubTabID__2/InhaltTypID__2/InhaltID__12626/Inhalte.aspx

Mit freundlichen Grüßen
Eckart von Klaeden MdB